Sonntag, 30. August 2009

30.08.2009: Video des Tages

Heute demonstriert uns Pyramyd Air eine besondere Schießtechnik für Federdruck-Luftgewehre: den Artillery Hold.



Samstag, 29. August 2009

Neuerungen und Enttäuschung


Wie in der vergangenen Woche angekündigt, hat mein HW80k jetzt Quartier bei einem Büchsenmacher bezogen, um auf ein anderes Kaliber konvertiert zu werden. Bei der Gelegenheit wurde auch gleich ein neuer Gewehrriemen für das HW95 beschafft. Unterdessen habe ich dieses Luftgewehr einige Tage nur über die offene Visierung geschossen und war ob der Ergebnisse erstaunt. So viel besser treffe ich mit einem ZF auch nicht.

Warum habe ich diesen Beitrag mit "Enttäuschung" überschrieben? Ganz einfach: Die erhoffte Verbesserung meiner Zielfernrohrsituation will sich nicht einstellen. Am Donnerstag ist endlich das ersehnte Bushnell Sportsman 1,5-4,5x21 eingetroffen. Die Optik macht einen hervorragenden Eindruck, ganz so, wie man es von einem Markenhersteller erwarten würde. Doch leider ist der Tubus des Zielfernrohrs zu groß: 43 mm Gesamtdurchmesser, die - wiederum - den Blick auf Kimme und Korn blockieren. :-(
Da die Nutzung der Durchsichtmontage jedoch der Hauptgrund für die Anschaffung des neuen Gewehrs war, kann ich das Bushnell nicht behalten, obgleich ich es natürlich dem jetzt erneut montierten Targetfinder 2-6x28 vorziehen würde. Doch wat mutt, dat mutt.
Mithin ist dieses ZF nach wie vor wohl das einzigste, welches sich sinnvoll mit einer Durchsichtmontage zusammen verwenden läßt. Hat unsere Waffenindustrie wirklich nicht mehr zu bieten?



Zum Abschluß noch ein Bild, welches das HW95 vor einem Teil meiner Bibliothek zeigt und bei dem ich unwillkürlich an den Schneidermeister Hediger aus Gottfried Kellers "Fähnlein der sieben Aufrechten" denken muß:
"[...]

Am Bücherschrank aber lehnte eine gut im Stand erhaltene, blanke Ordonnanzflinte, behängt mit einem kurzen Seitengewehr und einer Patrontasche, worin zu jeder Zeit dreißig scharfe Patronen steckten. Das war sein Jagdgewehr, womit er nicht auf Hasen und Rebhühner, sondern auf Aristokraten und Jesuiten, auf Verfassungsbrecher und Volksverräter Jagd machte. Bis jetzt hatte ihn ein freundlicher Stern bewahrt, daß er noch kein Blut vergossen, aus Mangel an Gelegenheit; dennoch hatte er die Flinte schon mehr als einmal ergriffen und war damit auf den Platz geeilt, da es noch die Zeit der Putsche war, und das Gewehr mußte unverrückt zwischen Bett und Schrank stehen bleiben; »denn«, pflegte er zu sagen, »keine Regierung und keine Bataillone vermögen Recht und Freiheit zu schützen, wo der Bürger nicht imstande ist, selber vor die Haustüre zu treten und nachzusehen, was es gibt!«

[...]" (vollständig lesen)


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18.11.2008: Text des Tages

Information zum polnischen Waffenrecht

Im September werden wir an der polnischen Ostseeküste ein paar Urlaubstage verbringen und ich möchte meine IZh-46 dorthin mitnehmen, um ein wenig zu trainieren. In den Waffenforen hieß es zwar, daß dies kein Problem sei, doch wird in vielen Reiseführern gewarnt, daß die Einfuhr von Waffen jeglicher Art verboten wäre. Auch die Webseite der polnischen Botschaft in Berlin hilft diesbezüglich nicht sonderlich weiter.
Es lag also nahe, als eine E-Mail an die Botschaft zu schreiben und zu fragen, ob es zusätzlicher Formalitäten bzw. Genehmigungen bedarf, um eine Luftpistole einzuführen, die unter dem vom deutschen WaffG vorgeschriebenen Energielimit von 7,5 Joule liegt und dementsprechend
gekennzeichnet ist ("F" im Fünfeck).

Gestern kam die Antwort von Dariusz Klaczko, seines Zeichens Erster Botschaftssekretär:
"[...]

Können Sie die Luftpistole ohne weiteres mitnehmen, weil laut polnischen Waffengesetz (Art.8) (http://www.lex.com.pl/serwis/du/2004/0525.htm) Luftpistole bis 17 J (Energielimit in Polen) ist keine registrierungspflichtlige Waffe (keine Waffe laut Waffengesetz).

[...]"
Sehr erfreulich! Kolberg, wir kommen. :-)


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29.08.2009: Musik des Tages

Heute: Ein sechsteiliger Bericht der BBC vom Edinburgh Military Tattoo 2008 - mit viel Dudelsackmusik ;-).


















Freitag, 28. August 2009

28.08.2009: Videos des Tages

Und noch zwei Videos über die neue CO2-Makarow von Umarex. Diesmal aus Bulgarien.







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Donnerstag, 27. August 2009

27.08.2009: Gedicht des Tages

Joseph von Eichendorff: "Jägerkatechismus"
"Was wollt ihr in dem Walde haben,
Mag sich die arme Menschenbrust
Am Waldesgruße nicht erlaben,
Am Morgenrot und grüner Lust?

Was tragt ihr Hörner an der Seite,
Wenn ihr des Hornes Sinn vergaßt,
Wenn's euch nicht selbst lockt in die Weite,
Wie ihr vom Berg frühmorgens blast?

Ihr werd't doch nicht die Lust erjagen,
Ihr mögt durch alle Wälder gehn;
Nur müde Füß und leere Magen -
Mir möcht die Jägerei vergehn!

O nehmet doch die Schneiderelle,
Guckt in der Küche in den Topf!
Sonntags dann auf des Hauses Schwelle,
Krau euch die Ehfrau auf dem Kopf!

Die Tierlein selber: Hirsch und Rehen,
Was lustig haust im grünen Haus,
Sie fliehn auf ihre freien Höhen,
Und lachen arme Wichte aus.

Doch kommt ein Jäger, wohlgeboren,
Das Horn irrt, er blitzt rosenrot
Da ist das Hirschlein wohl verloren,
Stellt selber sich zum lust'gen Tod.

Vor allen aber die Verliebten,
Die lad ich ein zur Jägerlust,
Nur nicht die weinerlich Betrübten;
Die recht von frisch' und starker Brust.

Mein Schatz ist Königin im Walde,
Ich stoß ins Horn, ins Jägerhorn!
Sie hört mich fern und naht wohl balde,
Und was ich blas, ist nicht verlorn!"

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Mittwoch, 26. August 2009

26.08.2009: Bilder des Tages


Mitte Juli hat der rußländische Präsident Dmitrij Medwedew ein Luftlanderegiment in Noworossijsk am Schwarzen Meer besucht, wobei u.a. diese beiden Fotos entstanden sind. Ein Staatsoberhaupt schießt mit einem pösen Scharfschützengewehr. Furchtbar! ;-) (Mehr Bilder von diesem Besuch gibt es übrigens hier.)
Die beiden letzten Fotos zeigen Medwedew Anfang Juni bei einer Vorführung von Spezialkräften des FSB in Dagestan, die ich vor kurzem schon einmal erwähnt hatte (mehr Bilder davon sind hier zu finden).




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Fotos: RIA Nowosti

Dienstag, 25. August 2009

25.08.2009: Video des Tages

Im heutigen Video präsentiert ein Brite seine von der legendären Firma Venom getunten Luftgewehre: ein Weihrauch HW80 (was mich besonders freut ;-)) und ein HW77. Die Inselbewohner haben es eben drauf.
(Der Film ist ein wenig langatmig, aber dennoch sehenswert.)



Montag, 24. August 2009

24.08.2009: Musik des Tages

Heute: "Ich schieß den Hirsch im wilden Forst", ein altes Jägerlied aus dem 19. Jahrhundert.



Sonntag, 23. August 2009

23.08.2009: Videos des Tages

Seit fünf Tagen läuft in Moskau der im zweijährigen Rhytmus veranstaltete Internationale Luft- und Raumfahrtsalon MAKS 2009. Flugzeugbegeisterte aus aller Welt haben sich dorthin aufgemacht und auf Youtube sind bereits jetzt zahlreiche Videos zu finden. Ich habe, aus meiner unfachmännischen Sicht, daraus fünf interessante herausgesucht.
Weitere ausführliche Berichte gibt es z.B. bei RIA Nowosti und Fotos u.a. hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier.

















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Samstag, 22. August 2009

22.08.2009: Videos des Tages

Heute, wieder einmal, eine russische Fernsehdokumentation aus dem Jahre 2002 mit dem Titel "Neiswestnye vnuki Kalaschnikowa" (dt.: Die unbekannten Enkel Kalaschnikows), in der die nicht ganz so berühmten Handfeuerwaffen, welche in der RF hergestellt werden, die Hauptrolle spielen.
















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Freitag, 21. August 2009

Veränderungen in meinem Arsenal


In diesem Beitrag finden sich die letzten Bilder von meinen beiden Weihrauch-Luftgewehren, auf denen beide noch das Kaliber 5,5 mm haben. Wie vor zwei Wochen schon angekündigt, wird das HW80k demnächst kleinere "Pillen" verschießen, nämlich im Kaliber 5,0 mm. Da es hier in der Region nur wenige seriöse Büchsenmacher gibt, wird Frankonia diesen Auftrag ausführen. Zwar habe ich auch dort mehrere Telefonate gebraucht ("Kaliber 5,0? Gibt es das?"), aber letztendlich ging es dann doch. Der neue Lauf ist bestellt und in den nächsten Tagen geht es in die Werkstatt. Bei dieser Gelegenheit kann dann auch das Innenleben des HW95 gleich neu gefettet werden.

Mit dem Zielfernrohr bei diesem LG bin ich (wie ebenfalls bereits angedeutet) sehr unzufrieden. Der Augenabstand ist viel zu groß, doch das ZF kann auf dem Gewehr nicht weiter hinten montiert werden, da der Stopperblock bereits in der letzten Bohrung sitzt. Deshalb ist jetzt ein Bushnell Sportsman 1,5-4,5x21 im Zulauf, allerdings hat man da derzeit wohl Lieferschwierigkeiten. Natürlich ist das Bushnell sehr klein, aber ein größeres ZF, welches paßt, gibt es in Deutschland wohl nicht. Zumindest haben meine Anfragen an mehrere Händler und Importeure nichts zutage gefördert.

Zum Abschluß noch ein Foto meines derzeitigen "Arsenals" an F-Waffen, wobei darauf zwei Airsoftpistolen fehlen, für die ich keine rechte Verwendung (mehr) habe. (V.o.n.u.r.: HW95 Luxus, HW80k, Yunker-3, MP-654, IZh-46.)



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21.08.2009: Gedicht des Tages

Ludwig Tieck: "Der wilde Jäger"
"Der wilde Jäger bei dunkeler Nacht
Im wildesten Dickicht des Forstes erwacht,
Er höret den Sturm, und erhebt sich im Zorn,
Er nimmt seine Hunde, das tönende Horn.

Besteigt seinen Rappen, mit Blitzesgewalt
Durchfährt er lautschnaubend den zitternden Wald,
Es wiehert sein Roß, tönt das Horn in die Runde,
Er hetzt die Gefährten, es bellen die Hunde.

Wohlauf meine Jagd! wohlauf meine Jagd!
Das Revier ist unser, denn jetzt ist es Nacht,
Von flüchtigen Geistern wird gerne gehetzt,
Wer sich vor Geheul und Gebelle entsetzt.

So fahren sie polternd durch Lüfte dahin
Ein Grauen dem frommen und furchtsamen Sinn,
Doch wer sich vor Wald und vor Nacht nicht entsetzt,
Der wird vom Getümmel der Geister ergötzt."

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Donnerstag, 20. August 2009

Egalitäre Privilegien in der Sowjetunion


Die Überschrift klingt wie ein Paradox und tatsächlich ist der hier zu behandelnde Sachverhalt nicht frei von Widersprüchen. Gestern ist mir in Orlando Figes’ Buch "Die Tragödie eines Volkes" eine Fußnote aufgefallen, die ich vorher übersehen hatte. Auf S. 630 heißt es über die Zeit des russischen Bürgerkrieges:
"Die Bolschewiki hatten schon immer ein martialisches Machoimage gepflegt. Sie zogen Lederjacken an - eine Militärmode aus dem Ersten Weltkrieg - und trugen alle Waffen.*

* Alle Parteimitglieder besaßen das Recht, eine Waffe zu tragen. Dies wurde als Zeichen der Gleichheit unter Genossen betrachtet. Erst nach dem Mord an Kirow wurde dieses Recht 1935 abgeschafft."
Noch im Jahr 1920 und danach, als der Rote Terror schon Abertausende von Opfern, vornehmlich unter Bürgern, Adligen und Bauern, gefordert hatte, hielten die Bolschewiki innerhalb ihrer Partei am revolutionären Ideal einer bewaffneten Arbeitermiliz fest.
Eine Miliz ist - bereinigt um die klassenkämpferische Komponente - sicher kein schlechtes Prinzip im Hinblick auf die Landesverteidigung. Aber sie müßte das ganze Volk umfassen und nicht nur eine privilegierte Kaste, während alle übrigen Menschen - im wahrsten Sinne des Wortes - zum Abschuß freigegeben werden.



Die drei zeitgenössischen Propagandaplakate der Bolschewiki vermitteln (hoffentlich) einen kleinen Eindruck dieser Epoche. Das erste fordert die Arbeiter zum bewaffneten Schutz ihrer Fabriken und zur Teilnahme an einer allgemeinen militärischen Grundausbildung auf. Das zweite Plakat soll die Verteidigung Petrograds gegen die 1917/18 vorrückenden deutschen Truppen mobilisieren. Und auf dem dritten wird der Film "Panzerkreuzer Potemkin" gefeiert.



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20.08.2009: Videos des Tages

Heute führt uns ein Amerikaner in zwei kurzen Videos sein neues Weihrauch HW95 Luxus (auch bekannt als Beeman R9) vor. ;-)







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Mittwoch, 19. August 2009

19.08.2009: Text des Tages

Schon seit anderthalb Jahren beschäftige ich mich in unregelmäßigen Abständen mit dem Werk Michail Lermontows (1814 - 1841). Sowohl seine Gedichte als auch seine Prosastücke empfinde ich als äußerst reizvoll. Lermontow hat jahrelang als Offizier der russischen Armee im schon damals ziemlich wilden Kaukasus gedient und so überrascht es nicht, daß sich dies in seinen Texten niederschlägt. Er gilt nicht zu Unrecht als anspruchsvoller Abenteuerschriftsteller.
Die jüngsten Terroranschläge in den nordkaukasischen Republiken der RF haben mich an die folgende Stelle aus seinem Roman "Ein Held unserer Zeit" erinnert:
"[...]

»Ein armseliges Volk!« sagte ich zu dem Stabscapitain, indem ich auf unsere schmutzigen Wirthe zeigte, die uns mit einer gewissen Bestürzung stumm betrachteten.

»Und noch dazu sehr dumm!« versetzte mein Reisegefährte. »Sie verstehen nichts, zu nichts sind sie fähig, ohne jede Anlage zur Cultur ... es ist unglaublich! Da sind doch wenigstens unsere Kabardiner und Tschetschenzen, obgleich wilde Räuber, unerschrockene Taugenichtse, während dieses Gesindel von Osseten nicht den geringsten Geschmack an dem Waffenhandwerk hat. Sie werden nicht einmal einen halbwegs brauchbaren Dolch bei ihnen finden. Ein heruntergekommenes Volk, diese Osseten!«

»Sind Sie lange im Lande der Tschetschenzen gewesen?«

»Zehn Jahre war ich dort; ich stand mit meiner Compagnie in dem Fort bei Kamenoibrod, – kennen Sie das?«

»Ich habe davon gehört.«

»Ja, mein Lieber, diese Kopfabschneider machten uns zu schaffen! Gegenwärtig halten sie sich Gott sei Dank etwas ruhiger; aber früher, wenn man sich nur hundert Schritt von den Wällen entfernte, – da lag so ein Teufelskerl in irgend einem Versteck und lauerte einem auf: man hatte kaum die Zeit, zu gähnen – da flog einem eine Schlinge um den Hals oder eine Kugel in den Kopf. Sind das Burschen!«

»Da haben Sie gewiß manches Abenteuer erlebt?« sagte ich neugierig.

»Das sollt' ich meinen! Manches Abenteuer ...«

Bei diesen Worten begann er an seinem großen Schnurrbart zu zupfen; dann stützte er den Kopf in die Hand und versank in Nachdenken.

[...]" vollständig lesen


Kurz danach wirft die Beschreibung eines Tschetschenen namens Kasbitsch durch den Stabskapitän ein bezeichnendes Licht auch auf die Waffenkultur dieser Region:
"[...]

Dieser Kasbitsch, müssen Sie wissen, stand zu uns in einem eigenthümlichen Verhältniß; er war weder unser Freund noch unser Feind. Sein Benehmen war mehr als einmal sehr verdächtig gewesen; allein er hatte sich nie bei einem Gefecht sehen lassen. Von Zeit zu Zeit brachte er uns Schafe in das Fort und überließ sie uns zu einem billigen Preise; nur ließ er nie mit sich handeln; was er forderte, mußte man ihm auch geben, – man hätte ihn eher umbringen als ihm etwas abhandeln können. Man sagte ihm nach, er schlösse sich gern den Zügen an, welche die Abreken über den Kuban unternahmen; und in der That, mit seiner kleinen trockenen Gestalt und seinen breiten Schultern hatte er ganz das Aussehen eines Räubers ... Und zu dem besaß er eine wahrhaft diabolische Geschicklichkeit! Sein Beschmet war immer in Fetzen zerrissen, aber seine Waffen glänzten von Silber; und sein Pferd galt für das schönste und beste in der ganzen Kabardie, und in der That, es war nicht möglich, einen ausgezeichneteren Renner zu finden als dieses Pferd. Nicht umsonst beneideten ihn Alle darum, und mehr als einmal hatte man versucht, es ihm zu stehlen; allein es war nie geglückt.

[...]" vollständig lesen
Wenn man Lermontow liest, ahnt man, daß das, was derzeit in Inguschetien, Dagestan und Tschetschenien vorgeht - historisch gesehen - wohl eher die Regel als die Ausnahme ist.

(Die Übersetzung ist zwar etwas altertümlich, aber ich war zu faul, die Passagen aus dem mir vorliegenden Buch abzutippen. Pardon. ;-) Dabei handelt es sich übrigens um eine Werkauswahl in deutscher Sprache, erschienen im Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau 1948. Erstehen konnte ich diesen kleinen Schatz (in sehr gutem Zustand) in der Kramkiste eines Leipziger Antiquariats für 2 €. Glück muß man haben. :-))


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Dienstag, 18. August 2009

Weitere Anschläge im Nordkaukasus


Heute hat es wieder einen Bombenattentat mit vier Verletzten im Nordkaukasus gegeben, diesmal in der dagestanischen Ortschaft Kisiljurt. Unterdessen werden weitere Details des gestrigen Anschlags auf die Polizeiverwaltung in Nasran (Inguschetien) bekannt. So haben die Attentäter zwei Anläufe benötigt, nachdem sie von wachhabenden Polizisten unter Feuer genommen worden waren. Die Bombe hatte eine Sprengkraft von 400 kg TNT-Äquivalent, wobei insgesamt 21 Todesopfer und 119 Verletzte zu beklagen sind. In den Trümmern des Gebäudes werden noch neun Polizisten vermißt. Ebenso wurden bereits erste personelle Konsequenzen gezogen: Wegen ungegügender Fahdungsarbeit (der Lieferwagen, auf dem die Bombe transportiert wurde, war als gestohlen gemeldet) hat Präsident Medwedew den inguschetischen Innenminister Ruslan Mejrijew vorläufig suspendiert.
Das folgende Video (von gestern Abend) vermittelt einen Eindruck von den Geschehnissen in Nasran:




Jetzt drei Mosaiksteine zu den (möglichen) Hintergründen der neuerlichen Terrorwelle.
In der vergangenen Woche hat Sean Guilleroy in seinem Blog einen Artikel über die jüngste Ermordung von Menschenrechtlern in Tschetschenien publiziert. Obwohl er sich - wie viele Journalisten - allzu sehr auf diese eine Kaukasusrepublik kapriziert und das geographische und religiöse Umfeld außer Acht läßt, so macht der folgende Absatz das politische Dilemma in Tschetschenien doch sehr deutlich:
"[...]

True, one can and should point the finger at the Kremlin, and at Putin in particular. Kadyrov is his boy. But at the same time bashing the Kremlin becomes counter productive at some point. After all, Moscow is knee deep in this mess too. Every wiggle to the right or left sucks it deeper into the Chechen nightmare. Be sure, the last thing Medvedev and Co. want are more killings that bring more international attention to a situation that is increasingly deteriorating. And sure Medvedev could and probably should remove Kadyrov. I’m sure Putin would somehow find a way to save face if his progeny did. But doing that would pose the very real and difficult question: who would replace Kadyrov? Would it be worth risking a possible civil war between competing clans? Sending in Russian troops? None of these sound appealing. In fact, they sound disastrous.

[...]"
Einfache Schwarz-weiß-Lösungen gibt es im Kaukasus nicht.
Auf einen zweiten Aspekt wird in einer Meldung von RIA Nowosti hingewiesen: In Teilen der tschetschenischen Elite hofft man anscheinend, daß es zu einer Wiedervereinigung mit Inguschetien kommen könnte. Davon wollen allerdings die Inguschen nichts wissen:
"[...]

Der Präsident der russischen Teilrepublik Inguschetien im Nordkaukausus, Junus-Bek Jewkurow, hat eine erneute Vereinigung mit der Nachbarrepublik Tschetschenien kategorisch ausgeschlossen.

"Alle müssen einfach begreifen, dass es niemals eine Vereinigung zwischen Tschetschenien und Inguschetien geben wird. Vielleicht wird es in der Zukunft eine Erweiterung bis auf ein Kaukasisches Gouvernement geben. Es gibt zwar heute solche Schwärmer, doch eine Vereinigung zwischen Inguschetien und Tschetschenien wird es nicht geben. Das Volk Inguschetiens will das nicht und auch das tschetschenische Volk will das nicht. Wir sind schon einmal zusammen gewesen, es reicht uns", sagte Jewkurow am Montag in einem Radioninterview für einen russischen Nachrichtensender.

Nach seinen Worten muss der Dialog mit dem tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow über eine klare Grenzziehung zwischen beiden Republiken fortgesetzt werden. Auch Brudervölker bräuchten einen Zaun. "Das Problem muss in der nächsten Zeit gelöst werden, es darf nicht alles hinausgeschoben werden", sagte er.

Eine Republik ohne Grenzen sei keine Republik.
Inguschetiens Republikchef betonte, dass die Grenzfrage zwischen den beiden kaukasischen Teilrepubliken ohne Einmischung der Moskauer Behörden gelöst werden muss.

Unter Josef Stalin wurden Inguschetien und Tschetschenien zu einem autonomen Gebiet und 1936 zu einer autonomen Republik der Tschetschenen und Inguschen zusammengelegt. Die erste vereinigte Republik hatte nur sieben Jahre bis 1944 Bestand. 1957 wurden beide Territorien erneut vereinigt, die zweiteilige Autonomie dauerte fast 35 Jahre.
1992 kam es zu einer Spaltung: Inguschetien wollte ein Teil Russlands bleiben und unterzeichnete einen entsprechenden Vertrag. Tschetschenien erklärte seine volle Souveränität und wurde kurz danach in innere Fehden und in einen Krieg mit Russland hineingezogen.

Die Führung Inguschetiens hatte mehrmals erklärt, dass es kein drittes Tschetscheno-Inguschetien geben werde.
Beim Attentat am 22. Juni war der Präsident der Republik, Junus-Bek Jewkurow, schwer verletzt worden und wurde in einem Moskauer Krankenhaus behandelt. Vor vier Tagen kehrte er in sein Amt zurück."
Damit könnten einige der jüngsten Ereignisse vielleicht in einem anderen Licht erscheinen. Und auch Jewkurows Andeutungen bezüglich eines Machtkampfes würden so in einem anderen Licht erscheinen. Ich will mich hier aber nicht zu Spekulationen oder gar Verschwörungstheorien hinreißen lassen.

Schließlich möchte ich die Aufmerksamkeit meiner Leser auf das folgende Fernsehinterview mit Dmitrij Babitsch lenken, der u.a. regelmäßig für Russia Profile schreibt. Obgleich Babitsch als Putin-Kritiker bekannt ist (gut, welcher russische Journalist ist nicht als Putin-Kritiker bekannt?), sieht er hier ein Vordringen des islamischen Fundamentalismus als Ursache an. Zudem habe - und das ist neu für Babitsch - die sog. bewaffnete Opposition mit diesen Anschlägen ihren Anspruch auf politische Teilhabe verwirkt.




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18.08.2009: Video des Tages

Im heutigen Video wird ein mit diversem Zubehör aufgerüsteter M 1-Karabiner vorgestellt.



Montag, 17. August 2009

17.08.2009: Video des Tages

Heute entdeckt ein Amerikaner das Anschütz 275, ein mehrschüssiges "Repetier"-Luftgewehr im Kaliber 4,4 mm (umgangssprachlich auch als Schießbudengewehr tituliert).



Sonntag, 16. August 2009

Neue Terrorwelle im Nordkaukasus


Seit zwei Monaten sorgt eine neuerliche Terrorwelle in den nordkaukasischen Republiken der Rußländischen Föderation für Besorgnis. Gewiß nicht zu Unrecht, dennoch sind diese Anschläge nurmehr ein schwacher Abglanz jener Terroraktionen, die in den vergangen 15 Jahren von denselben Urhebern durchgeführt worden sind.

Blenden wir einmal zehn Jahre zurück. Im August 1999 begann der Zweite Tschetschenienkrieg. Nein, dessen Ursache war nicht der vermeintliche Expansionswille Putins und der Anlaß ist auch nicht in den bis heute unaufgeklärten Anschlägen auf Moskauer Wohnhäuser zu suchen. Die Ursache lag vielmehr darin, daß sich Tschetschenien in der Zeit seiner De-facto-Unabhängigkeit (1996 - 1999) immer stärker islamisiert hatte und ein Teil der dortigen Kriegsherren - in Zusammenarbeit mit saudischen Islamisten - einen Gottesstaat im gesamten Nordkaukasus errichten wollte. Am 7. August 1999 arteten diese Untergrundaktivitäten schließlich in einen regelrechten Krieg aus, als rund 1500 bewaffnete Glaubenskrieger unter Führung des berüchtigten Schamil Bassajew in Dagestan einfielen. Dummerweise wollten sich die großteils sunnitischen Dagestani von Bassajew nicht "befreien" lassen, weshalb seine Operation scheiterte. Der Krieg, der nach Clausewitz vom Verteidiger gewollt sein muß, begann also mit dem militärischen Widerstand gegen Bassajews Vordringen. Und es war nur natürlich, daß man sich nicht mit dem In-die-Flucht-Schlagen der Terroristen begnügte, sondern auch ihren "sicheren Hafen" Tschetschenien wieder unter Kontrolle bringen wollte.
Das folgende Video (eng.) erinnert an die Ereignisse vom August 1999:




Während es im Ersten Tschetschenienkrieg tatsächlich noch um die nationale Unabhängigkeit ging, steht seit etwa 1998 die religiöse Komponente des politischen Islam im Vordergrund. Dies muß man im Hinterkopf behalten, wenn man die jüngsten Ereignisse verstehen will. Denn das Leben ist auch hier keineswegs schwarz-weiß. Doch dazu weiter unten mehr.

Jetzt zurück in die jüngere Geschichte. 1999 konnten etwa 1500 Kämpfer aufgeboten werden, bei den Großanschlägen 2002 in Moskau und 2003 in Beslan waren es immerhin jeweils noch ein paar Dutzend. Heute hingegen müssen sich die Terroristen mit Aktionen gegen Einzelpersonen und Selbstmordattentaten begnügen. Allein dieser Vergleich zeigt, wie geschwächt sie mittlerweile sind.
Auch die geographische Dimension hat sich in den letzten Jahren verändert. War bis vor kurzem Tschetschenien noch der Ruhe- und Rückzugsraum der Terroristen, so sind sie wegen des hohen Verfolgungsdrucks der Sicherheitskräfte jetzt nach Inguschetien und Dagestan ausgewichen. Das belegen die Ereignisse der vergangenen sechs Monate, wenn etwa mehrere Bombenwerkstätten von der Polizei ausgehoben werden konnten. Der Terror wird somit nicht mehr aus Tschetschenien exportiert, sondern nach Tschetschenien importiert. Aus diesem Grunde ist es absurd, wenn dieser Tage ein ARD-Journalist mit berufsbetroffenem Ton davor warnt, die Unruhen könnten von Tschetschenien auf die Nachbarrepubliken übergreifen. Das ist bereits geschehen, und zwar vor Jahren! Während es heute in Tschetschenien relativ ruhig ist, brodelt es in den beiden Nachbarregionen um so heftiger.

Mit einem - wie auch immer begründeten - Kampf um die Unabhängigkeit der Republik Tschetschenien läßt sich diese Entwicklung jedoch nicht erklären, zumal jetzt unter dem Präsidenten Ramsan Kadyrow ein Zustand größtmöglicher Autonomie herrscht. (Eine Tatsache, die vielen Deutschen, die sich nostalgisch über "Freiheitskämpfer" und "edle Wilde" freuen, unbequem ist.) In Wirklichkeit geht es um das Vordringen des islamischen Fundamentalismus im Nordkaukasus und um dessen Hang zur Gewalt, die sich u.a. im "Kaukasischen Emirat" manifestiert (siehe dazu ausführlich: "Vom Volkskrieg zum Jihad im Nordkaukasus" - ein äußerst lesenswerter Artikel der NZZ).

Es ist diese Entwicklung, die in der vergangenen Woche zu einer für viele überraschenden Wendung geführt hat. Achmed Sakajew, einer der bedeutendsten Exil-Tschetschenen, selbsternannter Premierminister der imaginären "Republik Itschkeria" und ein Separatist, der in Westeuropa (aus für mich unerfindlichen Gründen) ein außergewöhnlich hohes Ansehen genießt, ist bereit, sich mit der jetzigen Führung Tschetscheniens auszusöhnen. Nicht nur, daß er einem "Weltkongress der Tschetschenen" zugestimmt hat, in einem bereits Ende Juli geführten Gespräch mit der Tageszeitung Kommersant distanziert sich Sakajew von den Islamisten und ruft seine Gefolgsleute zu einer Waffenruhe auf. Die Anschläge der letzten Wochen zeigen jedoch, wie wenig Gewicht seinen Worte heute noch zukommt.
Kurzum: Sakajew ist ein Mann von vorgestern, der jetzt alles daran setzt, sich einen geruhsamen Lebensabend zu verschaffen (was man durchaus verstehen kann). Wirklich überraschend kam seine Wende jedoch nicht, galt er doch von jeher als ein Säkularer, der für die religiösen Eiferer nur wenig Sympathie hegte. (Vielleicht könnte man ihn mit Jassir Arafat vergleichen?)

Ich bezweifle allerdings, daß Sakajew noch irgendeinen Einfluß auf jene islamistischen Kleingruppen hat, die sich in den Bergen des Nordkaukasus verborgen halten, als Verteidiger des "Emirates" wähnen und ohne Rücksicht auf Verluste den Dschihad führen. Denen wird vermutlich nur mit der bereits in Tschetschenien erfolgreich praktizierten Politik beizukommen sein: man gebe den Völkerschaften möglichst viel Autonomie und trenne so die Masse der Bürger von den fanatisierten Gewalttätern. Gegen letztere muß dann, da sie zu einem politischen Kompromiß weder fähig noch willens sind, von den Sicherheitskräften vorgegangen werden.




Das obige Video wollte ich hier bereits im Juni zeigen, doch dann überschlugen sich im Kaukasus die Ereignisse und machten einen ausführlichen Beitrag erforderlich, was durch die parallel laufende Waffenrechtsdebatte in Deutschland allerdings bisher verhindert wurde. Nun denn: Am 9. Juni 2009 hat Präsident Medwedew einer Vorführung von Spezialkräften des Föderalen Sicherheitsdienstes (FSB) in Dagestan beigewohnt (siehe auch hier; man beachte bitte die auf den Fotos und im Video gezeigten Sonderwaffen). Was als Arbeitsbesuch nach dem Attentat auf den dagestanischen Innenminister Adilgerei Magomedtagirow geplant war, geriet ungewollt zum Startsignal für die Terrorwelle, die wir gerade erleben. Offenbar wollen die Islamistengruppen zeigen, daß sie noch nicht zerschlagen sind; bisweilen kommt es zu verlustreichen Gefechten.

Zu den Opfern (in der Mehrzahl Muslime!) zählen etwa der inguschetische Präsident Junus-Bek Jewkurow (siehe hier und hier), eine tschetschenische Richterin und Frauen, deren Lebenswandel des Islamisten wohl zu locker erschien. Ein bevorzugtes Ziel sind natürlich die Sicherheitskräfte, für die sich das Problem stellt, die Terroristen zu bekämpfen, ohne dabei auf Sonderbefugnisse, wie sie bis zum April 2009 in Tschetschenien galten, zurückgreifen zu können.
Und es werden, bisher eher ungewöhnlich für den Kaukasus, zunehmend Selbstmordattentate verübt, wie hier in Grosny:




Was kommt von dieser komplizierten Gemengelage bei uns an? Zwei Menschenrechtler ermordet. Mehr nicht, die übrigen Toten sind kaum einer Erwähnung wert. Aber das reicht, um das Karussell der üblichen Verdächtigungen in Bewegung zu setzen. Im Zweifelsfall ist Putin daran schuld, genauso wie am schlechten Wetter und den miesen Börsenkursen. Ironischerweise verwahrt sich gerade Sakajew gegen die Verdächtigung Kadyrows.
Dabei geht natürlich unter, daß viele dieser sogenannten "Menschenrechtler" ein - um es zurückhaltend zu formulieren - ungeklärtes Verhältnis zur terroristischen Gewalt haben. Der Einsatz für das, was einige dieser Leute unter "Menschenrechten" verstehen, ist doch sehr einseitig zugunsten der Terroristen ausgerichtet, die oftmals als fehlgeleitete Unschuldslämmer präsentiert werden, während an den Polizisten und Soldaten kein gutes Haar bleibt.
(Zu dieser Sorte zählte übrigens auch die in Deutschland so hochgejubelte Anna Politkowskaja, die in ihrem Heimatland erheblich kritischer gesehen wird, vor allem wegen ihrer einseitigen Berichterstattung über den Tschetschenienkonflikt.)
Angesichts dieser "Sachverständigen" wundert es mich nicht, daß die Entwicklungen im Nordkaukasus in deutschen Medien kaum sachgerecht beurteilt werden können. Im Zweifelsfall wird hier (wie überall) kräftig auf die Tränendrüse gedrückt.

Es bleibt abzuwarten, ob die von den Terroristen offenkundig beabsichtigte großflächige Destabilisierung des Nordkaukasus gelingt. Die Frontlinien verlaufen jetzt anders als 1995, denn heute kämpfen Muslime auch gegen Muslime. Zudem ist zu berücksichtigen, daß diese Republiken teilweise in de facto vormodernen Gesellschaftsstrukturen verharren (die auch die kommunistische Zwangsherrschaft nicht auszuschalten vermochte), weshalb sich unterschiedliche Konfliktlinien überlagern können (Stichwort: Blutrache). Insgesamt dürften die Chancen für eine Eindämmung des Konflikts aber gut stehen, denn die Terrorgruppen sind doch deutlich schwächer als noch vor wenigen Jahren - was hauptsächlich der integrativen kooperativen Politik der Moskauer Führung zu verdanken ist.
Es ist zwar noch Zeit bis zu den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi, doch bis dahin sollte im Nordkaukasus wieder Ruhe eingekehrt sein.


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16.08.2009: Bilder des Tages


Als ich vor einigen Tagen zwei Beiträge über Turgenjews "Aufzeichnungen eines Jägers" (vgl. hier und hier) vorbereitet habe, habe ich auch nach zeitgenössischen Gemälden aus dem Rußland des 19. Jahrhunderts gesucht, die Turgenjews Themen - die Jagd, die Landschaft und das Leben der Bauern - widerspiegeln. Dabei bin ich auf den Blog von Iwan Petrow gestoßen, der sich intensiv mit der russischen wie internationalen Kunstgeschichte beschäftigt.
Daraus heute einige Bilder - wobei das erste am ehesten jenen adeligen Jäger treffen dürfte, den Turgenjew in seinem Buch als Ich-Erzähler auftreten läßt. Die Bilder stammen von den Malern E. E. Wolkow, I. I. Lewitan, A. A. Popow, A. A. Kiseljow, N. A. Bogatow, I. M. Prjanischnikow, I. P. Pochitonow, K. W. Lebedew, A. D. Kiwschenko, N. K. Bodarjewskij und I. L. Isaak.












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11.08.2009: Text des Tages

Samstag, 15. August 2009

15.08.2009: Video des Tages

Heute wird uns die neue SIG P238 vorgestellt.



Freitag, 14. August 2009

14.08.2009: Videos des Tages

In den drei folgenden Videos werden mehrere Kukri-Haumesser vorgestellt und auf ihre Eignung für eine Outdoorverwendung überprüft.









Donnerstag, 13. August 2009

Erste Erfahrungen mit dem HW95 Luxus


In den letzten Tagen hatte ich endlich Gelegenheit, mein neues Luftgewehr einzuschießen. Das kleine Zielfernrohr ist schon gewöhnungsbedürftig: Duplex-Absehen, ungewöhnlicher Augenabstand, kein Parallaxeausgleich. Das Gewehr selbst schießt sich recht angenehm, womit das Schießverhalten dem führigen Gesamteindruck entspricht. Es ist leichter zu spannen als das HW80k und auch den Prellschlag empfinde ich als nicht ganz so stark, wobei dieser subjektive Eindruck auch täuschen mag. Das Innenleben meines Exemplars ist allerdings - weihrauch-untypisch - ziemlich "trocken", d.h. es fehlt im Innenleben offenkundig an Fett. Hier wird in den nächsten Tagen ein Büchsenmacher Abhilfe schaffen müssen.

Am Samstag hatte ich mich hier darüber beklagt, daß der Hinterschaft keine ausgeprägte Backe aufweist. Dies hat sich jetzt allerdings als positive Eigenschaft erwiesen. Denn normalerweise wäre der Schaft zu hoch, um bequem über die offene Visierung schießen zu können. So aber ruht der Wangenknochen auf dem Kolben und das Auge liegt in einer Linie mit Kimme und Korn. Ich weiß nicht, ob dies Zufall oder Absicht ist, aber die Fa. Weihrauch ist bekannt dafür, daß sie selbst bei kleinen Details oftmals clevere Lösungen in ihre Produkte einbaut. :-)

Schließlich ist mir erstmals die berühmt-berüchtigte Empfindlichkeit von Prellschlagluftgewehren aufgefallen. Zuerst hatte ich das ZF sitzend aufgelegt auf 12 m eingeschossen; das LG hielt zuverlässig das Scheibenzentrum. Dann habe ich den Kugelfang höhergesetzt und zwei Schuß aus dem Stehendanschlag abgegeben. Beide lagen 6 cm höher als zuvor. Auch vom HW80 sind mir Abweichungen bekannt, allerdings nicht in dieser Größenordnung. Darauf werde ich mich einstellen müssen.


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13.08.2009: Video des Tages

Heute: Ein Auszug aus dem "Makarov Pistol Armorer's Course"-Video des American Gunsmithing Institute.



Mittwoch, 12. August 2009

Parlamentsdrucksachen ...

... des englischen Unterhauses zum Waffenrecht hat ein User des Airgun BBS aufgetan. Ein interessanter Satz daraus, der bezeichnend für den Hintergrund ist, vor dem die gesamte Waffenrechtsdiskussion (auch hierzulande) geführt wird:
"Some of our witnesses believed that firearms were intrinsically no more dangerous than other objects which have the capacity to inflict serious injury."

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12.08.2009: Video des Tages

Am heutigen "Tag der Luftstreitkräfte" dürfte es angebracht sein, ein Video mit modernen, in Rußland produzierten Kampfflugzeugen zu zeigen. ;-)



Dienstag, 11. August 2009

11.08.2009: Text des Tages

Die "Aufzeichnungen eines Jägers" aus der Feder von Iwan Turgenjew habe ich hier gestern bereits vorgestellt. Heute möchte ich einen Auszug daraus, nämlich die Erzählung "Lgow", bringen, der gewissermaßen als Kostprobe dienen soll:
"»Wollen wir doch mal nach Lgow fahren«, sagte mir einmal Jermolai, den meine Leser schon kennen, »wir können dort nach Herzenslust Enten schießen.«

Für den echten Jäger hat die Wildente zwar nichts besonders Anziehendes, aber in Ermangelung anderen Wildes (es war Anfang September; die Waldschnepfen waren noch nicht da, und den Rebhühnern auf den Feldern nachzulaufen, war mir zu dumm geworden) folgte ich dem Vorschlag meines Jägers und begab mich mit ihm nach Lgow.

Lgow ist ein großes Steppendorf mit einer sehr alten steinernen, einkuppeligen Kirche und zwei Mühlen an dem sumpfigen Flüßchen Rossota. Dieses Flüßchen verwandelte sich etwa fünf Werst von Lgow in einen breiten Teich, der an den Ufern und auch hier und da in der Mitte mit dichtem Schilf, das man im Orjolschen Gouvernement Maier nennt, bewachsen ist. Auf diesem Teiche, in den Buchten und den windstillen Verstecken zwischen dem Schilf brüteten und lebten zahllose Enten aller möglichen Gattungen: Krick-, Spieß-, Kriech-, Tauchenten usw. Kleine Ketten flogen jeden Augenblick über dem Wasser, bei einem Schuß aber erhoben sie sich in solchen Schwärmen, daß der Jäger unwillkürlich mit der Hand nach der Mütze griff und ›Ah!‹ ausrief. Ich ging mit Jermolai zuerst am Ufer entlang, aber die Enten sind erstens vorsichtige Vögel und halten sich niemals nahe am Ufer; zweitens, wenn schon eine zurückgebliebene und unerfahrene junge Kriechente getroffen wurde, so waren unsere Hunde gar nicht imstande, sie aus dem dichten Schilf zu holen: Trotz ihrer edlen Selbstaufopferung verstanden sie weder zu schwimmen noch zu waten und zerschnitten sich nur unnütz ihre kostbaren Nasen an den scharfen Rändern des Schilfes.

[...]

Nach einer Viertelstunde saßen wir schon in Sutschoks Flachboot. (Die Hunde hatten wir unter der Aufsicht des Kutschers Jehudiel in einem Haus zurückgelassen.) Wir hatten es nicht sehr bequem, aber die Jäger sind nicht wählerisch. Am hinteren stumpfen Ende stand Sutschok und ›stieß‹; ich und Wladimir saßen auf dem Querbänkchen; Jermolai hatte vorn an der äußersten Spitze Platz gefunden. Trotz des Werges befanden sich unsere Füße bald im Wasser. Zum Glück war es windstill, und der Teich lag wie schlafend da.

Wir bewegten uns langsam vorwärts. Der Alte hatte große Mühe, aus dem zähen Schlamm seine lange Stange herauszuziehen, die ganz von den grünen Fäden der Wasserpflanzen umschlungen war; die dicht beieinander gedrängten runden Blätter der Sumpflilien hinderten auch die Bewegung unseres Bootes. Endlich erreichten wir das Schilf, und nun ging das Vergnügen los. Die Enten erhoben sich mit großem Lärm von der Teichoberfläche, durch unser plötzliches Erscheinen auf ihren Besitzungen erschrocken, und die Schüsse knallten ihnen nach. Es war lustig, zu sehen, wie die kurzschwänzigen Vögel sich in der Luft überschlugen und schwer auf das Wasser plumpsten. Wir konnten alle angeschossenen Enten natürlich nicht holen: Die leicht verwundeten tauchten unter; manche, die sofort getötet waren, fielen in einen so dichten Maier, daß selbst Jermolais Luchsaugen sie nicht entdecken konnten; dennoch füllte sich unser Boot um die Mittagsstunde bis an den Rand mit Wild.

Wladimir schoß, zum großen Trost Jermolais, gar nicht so vorzüglich; nach jedem Fehlschuß wunderte er sich, untersuchte seine Flinte, blies in den Lauf und erklärte uns schließlich den Grund, warum er fehlgeschossen habe. Jermolai schoß wie immer glänzend; ich, meiner Gewohnheit nach, ziemlich schlecht. Sutschok betrachtete uns mit den Augen eines Menschen, der von jung auf in herrschaftlichen Diensten steht; ab und zu rief er: »Da, da ist noch eine Ente!« und kratzte sich fortwährend den Rücken, aber nicht mit den Händen, sondern durch eine bloße Bewegung der Schulterblätter. Das Wetter war herrlich; weiße, runde Wolken schwebten langsam und hoch über unseren Köpfen dahin und spiegelten sich klar im Wasser; das Schilf rauschte um uns herum; der Teich glänzte stellenweise in der Sonne wie Stahl. Wir wollten schon ins Dorf zurückkehren, als wir plötzlich ein recht unangenehmes Abenteuer erlebten.

Wir hatten schon längst merken können, daß das Wasser allmählich in unser Flachboot hereinsickerte. Wladimir hatte den Auftrag, es mittels einer Schöpfkelle zu entfernen, die mein umsichtiger Jäger einem Bauernweib, das sich gerade auf etwas vergaffte, entwendet hatte. Die Sache ging ordentlich, solange Wladimir seine Pflicht nicht vernachlässigte. Aber gegen das Ende der Jagd stiegen die Enten wie zum Abschied in solchen Schwärmen auf, daß wir kaum Zeit hatten, unsere Gewehre zu laden. Im Eifer des Gefechts achteten wir nicht mehr auf den Zustand unseres Bootes, als plötzlich, infolge einer heftigen Bewegung Jermolais (er bemühte sich, einen erschossenen Vogel aus dem Wasser zu holen und beugte sich mit dem ganzen Körper über den Rand), unser altersschwaches Schiff sich auf die Seite neigte, sich mit Wasser füllte und feierlich sank, glücklicherweise an einer nicht tiefen Stelle. Wir schrien auf, aber es war schon zu spät. In einem Augenblick standen wir bis an den Hals im Wasser, umgeben von den schwimmenden Körpern der toten Enten. Heute kann ich mich nicht des Lachens enthalten, wenn ich an die erschrockenen und blassen Gesichter meiner Genossen zurückdenke (auch mein Gesicht zeichnete sich damals wohl kaum durch besondere Röte aus); aber damals kam es mir gar nicht in den Sinn, zu lachen. Ein jeder von uns hielt sein Gewehr über den Kopf, und Sutschok hob, wohl aus Gewohnheit, alles seinen Herren nachzumachen, seine Stange über den Kopf. Jermolai brach als erster das Schweigen.

[...]" vollständig lesen

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15.10.2008: Gedicht des Tages
27.10.2008: Text des Tages

Montag, 10. August 2009

Nekrolog auf Ludolf Müller


Als ich vorhin den Beitrag über Turgenjew geschrieben habe, ist mir bekanntgeworden, daß kürzlich (besser gesagt: bereits am 22. April 2009) Ludolf Müller verstorben ist. Er wurde 92 Jahre alt.

Ludolf Müller war ein Slawist, Übersetzer und Theologe, dem ich viel zu verdanken habe. Nein, ich kannte ihn (leider) nicht persönlich, doch seine Arbeiten haben mich geprägt und mir die russische (Geistes-)Geschichte aufgeschlossen. Erstmals begegnete er mir mit der von ihm übersetzten und kommentierten "Kurzen Erzählung vom Antichrist" von Wladimir Solowjow. Als ich mich später in Solowjows Werk vertiefte, fiel er mir als Betreuer der Werkausgabe auf. Auch bei meinen Studien über Fjodor Dostojewskij, Nikolaj Berdjajew und andere russische Philosophen und Schriftsteller des 19. und 20. Jahrhunderts stieß ich immer wieder auf Müller.

Am stärksten hat mich seine 1951 (auf schlechtem Nachkriegspapier) erschienene Habilitationsschrift mit dem Titel "Russischer Geist und evangelisches Christentum - Die Kritik des Protestantismus in der russischen religiösen Philosophie und Dichtung im 19. und 20. Jahrhundert" beeindruckt. Dieses Buch bietet m.E. bis heute den besten und zugleich kürzesten Einstieg in die russische Geistesgeschichte des 19. und 20. Jh. Manche Informationen mögen mittlerweile überholt sein, doch Müller hat es geschafft, eine hervorragende Tour d'horizon dieser Epoche zu schreiben, deren Inhalt weit über den eher eng gefaßten Titel hinausgeht. Philosophie und Kunst werden im Kontext der allgemeinen Geschichte dargestellt, weshalb man auch als Anfänger schnell einen guten Überblick gewinnt. Müller beweist zudem ein bei Protestanten seltenes, wohl auf Friedrich Heilers Einfluß zurückgehendes Einfühlungsvermögen für die russische Orthodoxie.

Es gibt nicht viele Autoren, von denen ich das sagen würde, aber Ludolf Müller zählt dazu: Man kann jede Schrift aus seiner Feder bedenkenlos lesen - natürlich unter der Voraussetzung, daß man sich für das Thema interessiert.
Mit seinem Ableben ist ein der breiten Öffentlichkeit wenig bekannter, aber dennoch bedeutender Slawist und Rußlandkenner von uns gegangen. Möge er in Frieden ruhen. Und hoffen wir, daß er würdige Nachfolger findet, was angesichts der Breite seines profunden Wissens keine einfache Aufgabe darstellt.

Weiterführende Links:
Vier Nachrufe (Uni Tübingen)


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"Aufzeichnungen eines Jägers"

Dieter Stahmann hat in seinem Buch "Weidgerecht und nachhaltig" die Jagderzählungen Iwan S. Turgenjews als "unerreichtes Vorbild" für die deutsche Jagdliteratur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts gelobt. Turgenjew (der sich später in Deutschland niederlies) sei hierzulande wegen seines zwischen Realismus und Romantik schwankenden Naturempfindens stark rezipiert worden. Dies war für mich Grund genug, mir die "Aufzeichnungen eines Jägers" zuzulegen, zumal ich bis dahin noch nichts von Turgenjew gelesen hatte. Lediglich eine Hörbuchfassung seines Romans "Väter und Söhne" war mir bekannt - und auch darin geht es u.a. um die Jagd.

Die "Aufzeichnungen" sind eine Sammlung von Erzählungen, in denen ein adliger Gutsbesitzer, der im zarischen Rußland zur Mitte des 19. Jahrhunderts lebt, als Ich-Erzähler auftritt. Er berichtet, mal mehr, mal weniger intensiv, von seinen Jagderlebnissen, wobei Turgenjew großen Wert auf die möglichst realistische Schilderung von Natur und Menschen gelegt hat. Es ist somit kein reines Jagdbuch, sondern auch eine Gesellschaftsskizze.
Der letztgenannte Aspekt wird heute gern überbetont, hatte Turgenjew doch deswegen Ärger mit der Zensurbehörde. Dennoch kann man den Erzählungen keine politischen oder gar aufrührerischen Schriften sehen. Die "Aufzeichnungen eines Jägers" sind ein gutes Buch, weil sie ein gutes Buch sind - und nicht, weil sie mit irgendeinem (ideologischen) Zeitgeist konform gehen.

(Die oberflächliche Politisierung von Kunst im allgemeinen und Literatur im besonderen ist mir schon während des Deutschunterrichts in der Schule übel aufgestoßen. Welchen Wert hat ein Kunstwerk, wenn es nur unter ganz bestimmten politischen Bedingungen gewürdigt werden kann? Die Geschichte ist voll von solchen Eintagsfliegen, man denke beispielsweise nur an den "Bitterfelder Weg".)

Bei der Lektüre ist mir am Rande aufgefallen, wie unproblematisch im Zarenreich der Waffenbesitz selbst der bis 1861 leibeigenen Bauern war. Sollten oder wollten sie Wild erlegen, dann durften sie das tun, sogar auf den Ländereien anderer Eigentümer. Und sie konnten dabei selbstverständlich auch Waffen führen. Sogar ein politischer Häftling wie Lenin (seiner Herkunft nach ebenfalls Gutsbesitzer und keineswegs Proletarier) durfte, als er 1897 für drei Jahre ins sibrische Schuschenskoje verbannt wurde, eine Flinte mitnehmen und dort auf die Jagd gehen. Das gibt mir zu denken ...

Auf Amazon.de sind verschiedene Ausgaben und Übersetzungen des erstmals 1852 erschienenen Werkes erhältlich; ebenso sind sie z.T. online greifbar. Ich habe mich für die von der Kritik gelobte Manesse-Ausgabe aus dem Jahre 2004 entschieden. Erstens wegen der Neuübersetzung von Peter Urban; zweitens, weil drei weitere "Jägerskizzen" Turgenjews erstmals ins Deutsche übertragen und dem Band hinzugefügt worden sind; und drittens wegen des kompakten Formats (15,5 x 10 cm, Hardcover), weshalb man das Büchlein immer in der Tasche mitführen kann, um unterwegs ein wenig darin zu lesen. Dies wird außerdem dadurch erleichtert, daß die einzelnen Erzählungen, die alle für sich stehen, meist nur etwa 20 Seiten lang sind.

Ein wenig Kritik muß ich allerdings auch hier üben. Ich halte es für eine Zumutung, wenn in einem belletristischen Werk die wissenschaftliche Transliteration statt der leichter lesbaren (Duden-)Transkription verwendet wird. Der Manesse-Verlag kann nicht davon ausgehen, daß alle Leser seiner Bücher Linguisten sind und sich mit diakritischen Zeichen auskennen. Damit wird die Lesbarkeit des Textes m.E. unnütz erschwert. Wenn man als Übersetzer unbedingt seine fachwissenschaftliche Kompetenz unter Beweis stellen will, sollte man es so halten wie Ludolf Müller in seinen Übersetzungen der Werke Wladimir Solowjows: Im Text selbst werden Eigennamen etc. transkribiert, in den Fußnoten und Anmerkungen hingegen transliterisiert.

Turgenjews "Aufzeichnungen eines Jägers" zählen für mich zu jenen Werken, bei denen man es bedauert, nicht früher auf sie aufmerksam geworden zu sein. Mit welchem neumodischen Müll sind wir bisweilen im Deutsch- und Russischunterricht auf dem Gymnasium traktiert worden (obwohl ich es - verglichen mit anderen Schulkameraden - noch gut hatte)! Aber solche Schätze hat man uns vorenthalten.


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