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Donnerstag, 3. November 2011

Selbstladegewehre im Schießsport I


Anfang Oktober haben die Grünen und die ARD gemeinsam versucht, eine „Debatte“ loszutreten, deren Ziel in einer weiteren Verschärfung des deutschen Waffenrechts lag (siehe hier und hier). Diesmal haben die Politiker und Journalisten von Linksaußen die sportliche Verwendung von Selbstladegewehren aufs Korn genommen. Die politischen und rechtlichen Aspekte dieses neuerlichen Angriffs auf den freien Sport werden im zweiten Teil dieses Artikels thematisiert. Im folgenden soll es um die banale Frage gehen, warum derartige Waffen verwendet werden und wie diese Nutzung in den einzelnen Disziplinen der deutschen Schießsportverbände aussieht. Abschließend wird noch ein Blick ins Ausland geworfen.



Warum Selbstladewaffen im Schießsport?

Bisweilen hört man die Behauptung, das Sportschießen sei ein langweiliger Sport, in dem es auf absolute Ruhe und höchste Konzentration ankomme. Er käme somit fernöstlichen Konzentrationsübungen nahe. Für einige Disziplinen wie etwa die auf 50 m geschossene Freie Pistole trifft dies durchaus zu. Doch es gibt auch das Gegenteil: Disziplinen, in denen es um Geschwindigkeit geht – oder, besser formuliert, um die Kombination von Präzision und Dynamik. Denn im Sportschießen geht es immer um Ring- oder Punktzahlen, nie um ein wildes Herumballern.
Die in der Öffentlichkeit bekannteste derartige Disziplin dürfte Biathlon sein, auch wenn hier aus traditionellen Gründen keine Selbstlade-, sondern Repetiergewehre zum Einsatz kommen.

Eine zweite, die bereits seit den Anfängen im Jahr 1896 zum olympischen Programm gehört, ist die Schnellfeuerpistole. Hierbei werden von einem Wettkämpfer 60 Schuß in 5er Serien auf fünf Scheiben in einer Entfernung von 25 m abgegeben. Diese 5er Serien müssen jeweils viermal in 8, 6 und 4 Sekunden geschossen werden, d.h. für den Beschuß einer einzelnen Scheibe stehen (statistisch betrachtet) zwischen 1,6 und 0,8 Sekunden zur Verfügung. Der Weltrekord liegt seit 2006 bei 591 von 600 möglichen Ringen. Diese Bedingungen erfordern Sportler, die schnell reagieren können, die geistig und körperlich besonders wendig sind. Und sie erfordern – logischerweise – Pistolen, die ohne weiteres Zutun des Bedieners automatisch nachladen.

Eine weitere, von der Internationalen Schießsportföderation (ISSF) betreute Disziplin, die ebenfalls von der Kombination aus Präzision und Geschwindigkeit geprägt ist, ist die Standardpistole. Auch hier muß der Wettkämpfer 60 Schuß abgeben, davon viermal 5 Schuß in je 150 Sekunden, viermal 5 Schuß in je 20 Sekunden und viermal 5 Schuß in je 10 Sekunden. Der Weltrekord liegt derzeit bei 584 Ringen.

Mithin sind solche eher dynamischen Schießsportdisziplinen sowohl national als auch international seit weit über einem Jahrhundert etabliert, allerdings vorwiegend unter Verwendung von Kurzwaffen. Seit jedoch auch Selbstladelangwaffen für zivile Schützen verfügbar sind, werden sie ebenfalls sportlich genutzt. Wie genau dies in Deutschland aussieht, soll nachfolgend dargestellt werden.



Deutschland 1: BDS

Der 1974 gegründete Bund deutscher Sportschützen (BDS) bietet in seinem Standardprogramm zahlreiche Disziplinen für Selbstladegewehre in unterschiedlicher Ausführung und in verschiedenen Kalibern an. An dieser Stelle sollen nur drei Beispiele genannt werden.

Beim Intervallschießen auf 50 oder 100 m werden 30 Wertungsschüsse in 6 Serien zu jeweils 5 Schuß abgegeben. Für eine 5er Serie stehen 8 Sekunden Schießzeit zu Verfügung, dann folgen 12 Sekunden Pause und danach die nächste Serie.
Beim Schießen von Zeitserien, ebenfalls auf 50 oder 100 m, sind die ein wenig anders. Hier müssen die 30 Wertungsschüsse wie folgt abgegeben werden: 2 Serien zu je 5 Schuß in 40 Sekunden, 2 Serien zu je 5 Schuß in 30 Sekunden und 2 Serien zu je 5 Schuß in 20 Sekunden.
In der Disziplin „100 m Fertigkeit“ sind dreimal 10 Schuß in jeweils 40 Sekunden inklusive Magazinwechsel abzugeben.

Die Ergebnisse der diesjährigen Deutschen Meisterschaft des BDS in den verschiedenen Disziplinen können hier eingesehen werden. Im Rahmen des IPSC-Schießens werden vom BDS weitere Gewehrdisziplinen angeboten.



Deutschland 2: BDMP

Das Angebot des Bundes der Militär- und Polizeischützen (BDMP) ist etwas weniger umfangreich und beschränkt sich teilweise auf ehemalige Ordonnanzwaffen wie den im zweiten Weltkrieg berühmten US-Karabiner .30 M 1. Speziell für diese Waffe eine Disziplin geschaffen, bei der nur Waffen zugelassen sind, die weitgehend im Originalzustand belassen wurden. Der Wettkampf kann auf 25, 50 oder 100 m geschossen werden. In den Anschlagsarten liegend und kniend hat der Schütze jeweils 15 Wertungsschüsse in 15 Minuten (inklusive Probe) abzugeben.
Mit dem historischen .30 M1 werden auch an das internationale 1500-Match angelehnte dynamische Wettkämpfe mit unterschiedlichen Distanzen und Anschlägen ausgetragen. (Ausgangspunkt für die intensive sportliche Nutzung des alten amerikanischen Karabiners waren übrigens in den 1990er Jahren die Niederlande, wo es einen eigenen .30 M 1-Verband gibt.)

In der Disziplin „National Rifle Match A“ (DG3) können hingegen fast alle Zentralfeuer-Halbautomaten verwendet werden. Im Stehendanschlag stehen für zweimal 5 Schuß 5 Minuten zur Verfügung; in den Anschlagsarten kniend und liegend sind die 2 x 5 Wertungsschüsse in 50 bzw. 60 Sekunden abzugeben (inklusive Magazinwechsel).
Die Disziplin „Zielfernrohrgewehr 4“ wird auf 100 m geschossen, wobei Selbstladegewehre mit einem maximal zehnfach vergrößernden Zielfernrohr verwendet werden. Die 20 Wertungsschüsse sind in 4 Serien zu jeweils 5 Schuß abzugeben. Für jede 5er Serie stehen 8 Sekunden zur Verfügung.

Die Resultate der Deutschen Meisterschaften des BDMP der letzten Jahre sind hier zu finden, die Sportordnung hier.



Deutschland 3: DSB-Landesverbände

Der Deutsche Schützenbund (DSB) als größter Schießsportverband der BRD hat in seiner Bundessportordnung keine dezidierten Disziplinen für Selbstladegewehre ausgewiesen. Bei mehreren Landesverbänden ist das anders. Sie bieten über ihren als „Liste B“ titulierten Landessportordnungen Wettkämpfe sowohl für klein- als auch für großkalibrige Halbautomaten an. Nachfolgend sollen beispielhaft einige Disziplinen des Landesschützenverbandes Sachsen-Anhalt vorgestellt werden.

In der Disziplin „ST 1.6.7“ und „ST 1.6.8“ wird mit Selbstladegewehren im Kaliber .22 l.r. im Stehendanschlag auf 50 m entfernte Scheiben geschossen. Wahlweise wird eine offene Visierung oder ein Zielfernrohr verwendet. Der Schütze muß 8 Serien zu je 5 Wertungsschüssen abgeben, wobei für jede Serie 30 Sekunden zur Verfügung stehen.
Für die Disziplin „ST 1.8.3.2“ kommen Zentralfeuer-Selbstlader in einem Kaliber zwischen 6 und 8 mm zum Einsatz. Auf 100 m wird stehend angestrichen mit Zielfernrohr geschossen, wobei viermal 5 Wertungsschüsse in jeweils 5 Minuten abzufeuern sind.

Hier im Land werden nach den diversen Halbautomatendisziplinen zahlreiche Wettkämpfe veranstaltet. So z.B. der Polte-Pokal in Schönebeck, bei dem auch auf ein militärhistorisches Ambiente Wert gelegt wird oder der Pokalwettkampf in Dardesheim für die historischen .30 M1-Karabiner. Das Protokoll der Landesmeisterschaft 2011 kann hier heruntergeladen werden.

Nach dieser kurzen Darstellung der sportlichen Verwendung von Selbstladegewehren in Deutschland soll nun der Blick ins Ausland gerichtet werden, um einige der dortigen Disziplinen besser kennenzulernen.



Ausland 1: Schweiz

In der Eidgenossenschaft wird dem Schießwesen traditionell eine große Bedeutung beigemessen. Das ist nicht auf eine – im obrigkeitsstaatlich-deutschen Sinne verkürzte – Reservistenfortbildung zu reduzieren. Schießsportliche Veranstaltungen sollen vaterländischen Charakter tragen, wie es in Artikel 2 des Reglements über das Eidgenössische Feldschießen heißt. Bei diesem in der gesamten Schweiz zeitgleich ausgetragenen Wettkampf kommen nur Ordonnanzwaffen zum Einsatz. Teilnehmen kann jeder Bürger ab einem Lebensalter von 10 Jahren. Das Programm des Feldschießens besteht aus 18 Schuß auf 300 m. Diese sind wie folgt abzugeben: 6 Schuß in 6 Minuten (Übung 1), zweimal 3 Schüsse in je 60 Sekunden (Übung 2) und 6 Schüsse in 60 Sekunden (Übung 3).



Ausland 2: Norwegen

Auch in Norwegen unterstützt die Regierung den Schießsport zum Zwecke der Förderung der Verteidigungsbereitschaft. Dies ändert freilich nichts am zivilen und sportlichen Charakter der Wettkämpfe! Einer der Höhepunkte ist das alljährliche „Landsskytterstevnet“. Ebenso wie in der Schweiz kommen bei diesem Massenevent neben Repetier- vor allem Selbstladegewehre zum Einsatz. Hier sind z.B. aus allen drei Anschlagsarten (liegend, kniend, stehend) 5-Schuß-Serien unter Zeitbegrenzung auf 10, 15 und 25 Sekunden pro Serie abzugeben. Berichte von diesen Wettkämpfen sind u.a. hier und hier zu finden.



Ausland 3: USA

Das Civilian Marksmanship Program (CMP) bietet amerikanischen Sportschützen ein breites Spektrum an Leistungen an, wobei die Durchführung der alljährlichen „National Matches“ in verschiedenen Gewehr- und Pistolendisziplinen sicher den Höhepunkt darstellt. Langjähriger Direktor des CMP war übrigens der bekannte Sportschütze, zweifache Olympiasieger und ISSF-Vizepräsident Gary Andersen. Unter den verwendeten Gewehren nehmen amerikanische Ordonnanzwaffen oder deren zivile Derivate wie das M 1 Garand, das M 14 / M 1 A oder das M 16 / AR 15 einen hervorragenden Platz ein. In der Regel werden sie nur mit der standardmäßigen offenen Visierung geschossen.

In der Disziplin „National Trophy Individual Rifle Match“ werden mit diesen Waffen insgesamt 50 Wertungsschüsse abgegeben. Die ersten zehn auf 200 yards im stehenden Anschlag, danach 10 Schuß im sitzenden oder knienden Anschlag auf dieselbe Distanz in 60 Sekunden, drittens 10 Schuß liegend auf 300 yards in 70 Sekunden und schließlich 20 Schuß liegend auf 600 yards in 20 Minuten.
Im „President’s Rifle Match“, dessen Sieger ein Glückwunschschreiben des jeweiligen Präsidenten der Vereinigten Staaten erhält, ist der Ablauf wie folgt: 10 Schuß in 10 min auf 200 yards im Stehendanschlag, 10 Schuß auf 300 yards in 70 Sekunden (liegend) und 10 Schuß auf 600 yards in 10 Minuten (ebenfalls liegend).

An den CMP-Wettkämpfen kann sich jeder US-Bürger beteiligen. Das dabei in Anwendung kommende Regelwerk ist hier zu finden. Die Resultate der National Matches 2011 können hier eingesehen werden. Die dort erreichten Ringzahlen sind durchaus beeindruckend. So hat der Gesamtsieger der „National Trophy“ 498 von 500 möglichen Ringen errungen, der Sieger der „President's Rifle Trophy“ 295 von 300 möglichen. Und dies auf Distanzen weit jenseits der in Deutschland so hochgeschätzten 10 m, die in den Druckluftdisziplinen üblich sind.



Resümee

Dies verdeutlicht einmal mehr, daß sportliches Schnellfeuerschießen nichts mit „Herumballern“ oder „Waffenfetischismus“, wie von den Grünen unterstellt, zu tun hat. Vielmehr geht es um die Herausbildung eines agilen, reaktionsschnellen Sportsmannes. Ob dieses Ziel freilich einer politischen Partei, deren führende Mitglieder bisweilen enge Kontakte zum Drogenmilieu unterhalten (haben), begreiflich zu machen ist, darf bezweifelt werden. Schließlich führt der Konsum von Cannabis zur gegenteiligen Wirkung: das Reaktionsvermögen wird herabgesetzt, anstatt klar zu sehen kommt es zu Halluzinationen. (Möglicherweise ist das der von den Grünen favorisierte Idealzustand der Menschheit?)

Die politischen Überlegungen sollen hier abgebrochen und im zweiten Teil, der voraussichtlich übermorgen erscheinen wird, fortgesetzt werden. Vorliegend gilt es als Zwischenfazit festzuhalten, daß sowohl in Deutschland als auch im Ausland interessante und z.T. äußerst anspruchsvolle Disziplinen für das sportliche Schießen mit Selbstladegewehren angeboten werden. Am sportlichen Charakter dieser Veranstaltungen kann wohl kein unvoreingenommener Beobachter ernsthaft zweifeln, es sei denn, er hielte alle nicht-olympischen Schießdisziplinen (und das ist der weitaus größte Teil!) für „schmückendes Beiwerk“ oder „Operettendisziplinen“. Für eine derartige Engführung gibt es allerdings in einer freien Gesellschaft keinen nachvollziehbaren Grund.



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Fotos: lv-mv.bdmp.de, cmp1.zenfolio.com, durrers.ch, www.jungfrauzeitung.ch, www.glarus24.ch.

Dienstag, 9. August 2011

Politisierende Mediziner aus Halle

Der Doppelanschlag von Olso hat in Deutschland zu einer geradezu absurden Debatte geführt. Weil in Norwegen jemand unter Verwendung von Sprengstoff und Schußwaffen viele Menschen ermordet hat, müsse in Deutschland das Waffenrecht verschärft werden. Diese These ist ungefähr so sinnvoll, als ob man wegen einem umgefallenen Sack Reis in Peking die Einführung schärferer Hygienebestimmungen in Berlin fordern würde. Einer, der sich diese Auffassung zu eigen gemacht hat, ist Professor Alexander Kekulé, seines Zeichens Mediziner, der sich an der Martin-Luther-Universität in Halle an der Saale mit Mikrobiologie und Virologie befaßt.

In einem Kommentar für den Berliner Tagesspiegel schreibt Kekulé, nur ein schärferes Waffenrecht könne Täter stoppen. Diese Lehre sei aus den Ereignissen von Norwegen zu ziehen. Besonders kapriziert er sich auf die kurzzeitige Mitgliedschaft des Attentäters in einem Schützenverein.

Kekulés Betrachtung ist allerdings kurzsichtig und hält einer näheren Analyse nicht stand. Warum sollte sich eine offenbar seit Jahren geplante Straftat gerade durch Erschwernisse bei der Beschaffung eines von mehreren Tatmitteln verhindern lassen. Die Tatsache, daß in Deutschland vor allem illegal besessene Waffen deliktrelevant sind, wird von ihm komplett ignoriert: "Die meisten Mordopfer kommen jedoch, auch weltweit, durch Schusswaffen um." Das mag sein, doch wie soll eine Verschärfung des Waffenrechts in Deutschland dagegen helfen, wenn die meisten Tatwaffen bereits jetzt unerlaubt im Umlauf sind?

Auch die Frage, ob der norwegische Attentäter Mitglied in einem Schütznverein war, ist doch irrelevant. Dort hat er weder das Ermorden von Kindern noch das Bauen von Bomben gelernt. Eher dürfte man ihm diese Kenntnisse in der norwegischen Heimwehr vermittelt haben, denn Medienberichten zufolge war er dort Soldat. Aber auch das hilft nicht weiter. Millionen aktiver und ehemaliger Soldaten auf der ganzen Welt führen ein normales Leben, ohne Gewaltphantasien in die Tat umzusetzen. Ebenso führt das Herumreiten auf anderen soziologischen Merkmalen des Täters nicht weiter. Eine Straftat wird eben nicht von der Gesellschaft begangen, sondern von einem Individuum.

Kekulé ist unter den Medizinern an der Uni Halle mit seinem wirren Geschreibsel nicht allein. Schon in der Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich dort Emil Abderhalden hervorgetan. Nicht nur, daß seine wissenschaftlichen Theorien scheinbar heute widerlegt sind, obwohl sie für viele Jahre groß in Mode waren. Nein, Abderhalden, obwohl Schweizer, hat nach 1933 die Nähe der Nazis gesucht und ihre Rassenlehre mit seinen wissenschaftlichen Weihen versehen. Dazu gehörte auch die Befürwortung der Euthanasie. Noch heute ist in Halle eine Straße, an der mehrere Uni-Einrichtungen und die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina liegen, nach ihm benannt.

Mithin wirkt Kekulés Engagement nicht überraschend. Möglicherweise fühlen sich hallische Mediziner besonders dazu berufen, in der Politik mitzumischen und krude Ideologien mit dem Segen vermeintlicher Wissenschaftlichkeit zu versehen. Erfreulicherweise ist es ihm und seinen Gesinnungsgenossen aus dem rot-grünen Lager (diesmal) nicht gelungen, sich mit ihren abstrusen Forderungen durchzusetzen. Erschreckend ist aber, daß viele Medien wiederum bereit waren, derartige Thesen zu verbreiten und das Publikum weiter strikt auf Hoplophobie zu trimmen.


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Foto: Mib99/Wikipedia.

Montag, 25. Juli 2011

Vielleicht doch kein Wahnsinniger


Der Doppelanschlag, dem am Freitag in Oslo und Umgebung über hundert Menschen zum Opfer gefallen sind, hat Eigentümlichkeiten, die ihn von den in den letzten Jahren bekanntgewordenen Amokläufen unterscheiden. Letztere trugen regelmäßig den Charakter eines erweiterten Selbstmords, d.h. der Täter wollte die Menschen, die er für sein verpfuschtes Leben verantwortlich gemacht hat, mit in den Tod nehmen. Das war beim Massenmord in Norwegen anders. Nach allem was bisher bekanntgeworden ist, hat sich der Täter monatelang akribisch auf den Tag X vorbereitet: Tarnfirmen gegründet, Sprengstoff hergestellt, finanzielle Transaktionen getätigt, PR-Maßnahmen betrieben bzw. vorbereitet. Und er hat sich, nachdem er sein blutiges Werk volbracht hatte, widerstandslos festnehmen lassen. Kein Selbstmord also. Auf seinen Überlebenswillen deutet auch die getragene ballistische Schutzweste hin. Folglich wirft schon die Begehensweise Fragen auf.

Darauf deuten auch seine vor der Polizei gemachten Aussagen hin. So soll er davon gesprochen haben, daß es ihm um die Bekämpfung von Islam und "Kulturmarxismus" gegangen und daß seine Tat zwar grausam, aber notwendig gewesen sei. Dies deutet darauf hin, daß er sich seiner Handlungen und ihrer Konsequenzen vollauf bewußt war. Somit verbietet es sich - zumindest vor einer genaueren psychiatrischen Untersuchung -, von einem kranken und gestörten Täter zu sprechen, denn man kann seinen Handlungen eine gewisse innere Rationalität nicht absprechen. Er sieht die Einwanderung von Muslimen nach Norwegen als Bedrohung an und wendet sich mit Gewalt gegen die politischen Kräfte innerhalb Norwegens, die seines Erachtens dafür verantwortlich sind: die Sozialdemokraten.

Die Begründung, daß man endlich mit Gewalt gegen den in Europa vordringenden Islam vorgehen müsse, habe ich übrigens vor Jahren schon einmal gehört. Am Rande einer studentischen Großveranstaltung in Berlin meinte einer der Teilnehmer, daß man wohl erst einmal ein paar Millionen Muselmanen umbringen müßte, damit sie Europa den Rücken kehren und "uns" in Frieden lassen. Bereits damals war ich über diese These erstaunt und die Ereignisse in Norwegen zeigen, daß sich dieser Gedanke in Kreisen radikaler Islamgegner offenbar festgesetzt hat. Während es in diesen Kreisen, die sich in Deutschland um Webseiten wie z.B. Politically Incorrect scharen, zumeist bei verbalen Unmutsäußerungen (wenn auch oft unterhalb der Gürtellinie) bleibt, dann wissen wir jetzt, daß dieses Denken, sofern es sich radikalisiert, auch erhebliche Konsequenzen haben kann.

Deshalb sollten die Taten von Oslo Anlaß zum Nachdenken sein. Zum einen für die Islamkritiker. Zu oft wird von ihnen eine radikale und blutrünstige Sprache verwendet. Es wird doch wohl möglich sein, die zweifelsohne bestehenden Probleme mit islamischen Zuwanderern in den europäischen Gesellschaften zu thematisieren, ohne sich dabei im Ton zu vergreifen oder, wie etwa im Fall der Mohammed-Karrikaturen, andere Menschen bewußt zu beleidigen. So kommt kein zielführender Dialog zustande.

Vor allem aber müssen die Gewaltphantasien aufhören. Der oben genannte Student führte dann weiter aus, er hoffe auf den freiwilligen "Rückzug" der Muselmanen aus Europa, vielleicht komme man in diesem Fall auch ohne oder mit wenig Gewalt aus. Dabei wird übersehen, daß die Mehrzahl der hier lebenden Muslime auch hierbleiben will. Eine freiwillige Rückwanderung wird somit nicht stattfinden und eine vom Staat angeordnete Zwangsrückführung dürfte aus vielerlei politischen und rechtlichen Gründen scheitern. D.h. daß die Moslems auch hier in Europa bleiben werden; sie sind damit automatisch zu einem Teil unserer Gesellschaften geworden. Mithin erübrigt sich auch jede (Schein-)Debatte darüber, ob der Islam zu Deutschland gehöre oder nicht.

Die Korangläubigen sind hier und wir Autochthonen müssen mit diesem Tatbestand umgehen. Mir persönlich wäre es lieber, es würden mehr christliche Kirchen anstelle von Moscheen gebaut und auch mir sind die bärtigen, weißgekleideten jungen Männer auf dem Weg zum Freitagsgebet nicht immer geheuer. Doch was hilft es, die Realität zu ignorieren und sich in Träume vom christlichen Abendland zu flüchten? Wenn man keinen Akt der Barbarei wie in Norwegen begehen will, dann muß man sich auf eine Gesellschaft einstellen, in der auch der Koran einen Platz hat - unabhängig davon, was man von theoretischen Konzepten wie Multikulti hält.

Das war die eine Seite. Doch auch die andere kann nicht so weitermachen. Es ist einfach zu billig, jeden Islamkritiker der Fremdenfeindlichkeit, des Rassismus und des Rechtsextremismus zu beschuldigen. Einige dieser Leute können auf reale negative Erfahrungen mit muslimischen Zuwanderern zurückblicken. Die von manchen dieser Einwanderer verursachten Probleme - insbesondere im Bereich der Kriminalität - sind unzweifelhaft vorhanden, weshalb Leugnen absurd ist.

Leugnen und das Beharren auf der Xenophobiethese führen im Extremfall - wie in Norwegen - dazu, daß sich Kritik nicht mehr mit Worten, sondern mit Gewalt äußert, weil sich der Kritiker völlig unverstanden fühlt. Das muß verhindert werden, indem reale Probleme und Konflikte auch offen benannt und diskutiert werden dürfen - wobei freilich auf das Minimum an zwischenmenschlichem Respekt zu achten ist, ohne welches kein Gespräch möglich ist (doch dieser Respekt ist etwas anderes als die abweichende Meinungen erstickende PC).
Und es muß auch für unsere Sicherheitsbehörden möglich sein, gegen gewaltbereite Islamisten und schnöde Kriminelle moslemischen Glaubens vorzugehen, ohne daß dies als "Kreuzzug" gegen alle Muslime dargestellt oder wahrgenommen wird. Analoges gilt für andere Gruppen hier lebender Ausländer, deren "Migrationshintergrund" kein Freibrief für das Begehen von Straftaten sein darf.

Schließlich werden die norwegischen Behörden auf der praktischen Ebene einige unangenehme Fragen beantworten müssen. Wie konnte es dazu kommen, daß der Täter 90 Minuten auf der Ferieninsel ungehindert über 80 Menschen töten konnte? Wieso haben die Spezialkräfte der Polizei aus der nur knapp 40 Kilometer entfernten Hauptstadt Oslo so unsagbar viel Zeit benötigt, bis sie auf der Insel Utøya waren? Gab es auf der Insel niemanden, der ihn möglicherweise hätte stoppen können (z.B. privater Sicherheitsdienst, ortsansässiger Jäger)? Das war kein spontaner Amoklauf eines Irren, sondern ein geplantes, anderthalbstündiges Massaker, dessen Urheber anscheinend wußte, was er tat.

Die Tat des Anders Behring Breivik war zwar höchst unmoralisch, aber nicht unbedingt irrational. Die durch sie aufgeworfenen Fragen werden sich jedoch in den deutschen Medien wohl kaum wiederfinden. Statt dessen wird die Journaille vermutlich wieder den gewohnten Film abspielen: geistesgestörter Täter, schlechte Kindheit, Killerspiele und Schußwaffen, der diesmal noch durch die Zutaten christlicher Fundamentalismus, Islamophobie, Rechtsterrorismus usw. angereichert wird. Und es werden wieder die üblichen Verdächtigen zu Wort kommen, die die üblichen Parolen verbreiten ...


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Foto: DPA.

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Lesenswerte Schützenblogs

Skytte_04


Die Vorbereitung auf die ISSF-Weltmeisterschaft hat mich auf die Internetseite Shooting.by geführt. Diese ist ein zwar ein wenig unübersichtliches, aber dennoch interessantes Portal für die statischen Schießsportdisziplinen mit zahlreichen Links zu Verbänden, Unternehmen, Foren und eben auch privaten Webseiten und Blogs von Sportschützen. Einige davon möchte ich nachfolgend vorstellen, zwei oder drei hatte ich zuvor schon einmal erwähnt. Für fremdsprachige Seiten ist Google Translate ein gutes Hilfsmittel.


Pistolenschützen

Igor Ruljow

Tony's Bullseye Blog

Ed Skinner

Lars Kanedal

Walter Lapeyre

Tenrings

M. Chernyavska


Gewehrschützen

Marco Messingfeld

The Rifleman's Journal

Berg Vebjorn

Maren-Kristine Heier

Ingrid Stubsjøen

Stine Andersen

Simon Claussen

Jonas Hansen

Berry Kooiman

Siri Mortensen

Kenneth Nielsen

Karl Olsson

Willem van Zalk

Andreas Liebmann

10point9 - Irish Olympic target shooting

David Franklin

Thoughts, equations and musings

Dave Phelps


Wenn man sich ferner durch die Facebookseite der ISSF klickt, so wird man feststellen, daß viele Spitzenschützen (ebenfalls) in diesem Medium präsent sind.
Skandinavier und Amerikaner scheinen ein besonders großes Mitteilungsbedürfnis zu haben. ;-) Wer noch Blogs kennt, die oben nicht aufgeführt sind, kann gerne einen Kommentar hinterlassen, um sie nachzutragen. Gut Schuß!


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Mittwoch, 3. November 2010

Mora ist gar nicht so schlecht


Für etwas rauhere Tätigkeiten, die ich keinem teuren Messer zumuten möchte, da eventuell mit einem Totalverlust zu rechnen ist, habe ich nach einem billigen und trotzdem akzeptablen feststehenden Messer gesucht. Nach der Empfehlung eines Forenkollegen bin ich schließlich beim Mora Bushcraft Forest 2010 gelandet - und bin positiv überrascht. Das Messer ist für einen Preis unter 30 Euro erstaunlich gut verarbeitet und durchdacht. Die Klinge hat zwei unterschiedliche Ausprägungen: vorne für feinere Arbeiten, hinten für grobere. Die Klingenlänge von 10,7 cm macht das Mora außerdem legal führbar und es ist somit das erste "Fixed", welches ich desöfteren als EDC geführt habe.
Kurzum: Das Mora ist im wahrsten Sinne des Wortes preiswert, denn man erhält viel Messer für relativ wenig Geld.


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Mittwoch, 27. Oktober 2010

Der Weisheit letzter Schluß


Vor kurzem war es wieder soweit: Die in diesem Jahr herrschende feuchte Witterung mit zunächst viel Schnee und später Regen macht das Tragen wasserdichter Fußbekleidung erforderlich, vor allem, wenn man sich durch Wald und Feld bewegt. Bisher hatte ich dazu Gummistiefel des französischen Herstellers Aigle, genauer gesagt das Modell Parcours Vario, verwendet. Diese haben aber nach jahrelangem Dienst das Zeitliche gesegnet, weshalb eine Neuanschaffung notwenig war.
Zu diesem Behufe habe ich Modelle verschiedener Hersteller anprobiert, die natürlich sämtlich mit der modernsten Technologie ausgestattet sind und (idealerweise) das Tragegefühl eines Wanderschuhs vermitteln. Mit den Stiefeln von Viking konnte ich mich nicht anfreunden, mit denen von Tretorn schon eher. Allerdings sind auch sie nicht ideal. Vielleicht sind meine Füße und Beine im Vergleich zu den Einwohnern der skandinavischen Länder abnormal geformt, ich weiß es nicht.
Am Ende ist es jedenfalls wieder ein Paar Aigle Parcours Vario geworden, diesmal in der Farbe braun (sie sind ebenfalls in grün und schwarz erhältlich). Dieses Modell ist wohl hinsichtlich Tragegefühl und Bequemlichkeit der Weisheit letzter Schluß, zumindest für meine Füße. ;-)


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Samstag, 16. Oktober 2010

16.10.2010: Spielfilm des Tages

Im Jahre 1995 ist der russische Spielfilm "Die Besonderheiten der nationalen Jagd" (russ. Titel: Osobennosti nazionalnoj ochoty) erschienen. In der Komödie bittet ein junger Finne seinen russischen Freund, ihm die Eigentümlichkeiten des russischen Jagdwesens näherzubringen. So schließen sie sich denn einer illustren Jagdgesellschaft im Nordwesten Rußlands an und erleben dabei einige Abenteuer. Der Film war ein Kassenschlager und ihm folgten weitere, ähnlich aufgemachte Filme, etwa über das Angeln. Nachfolgend kann man ihn in zehn Teilen mit englischen Untertiteln anschauen:
































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Montag, 24. Mai 2010

Söldner oder Bürger in Uniform?


Der 12. Juli des Jahres 1871 war ein stürmischer Tag in New York. Stürmisch zumindest im politischen Sinne, denn anläßlich eines politischen Aufzuges kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen protestantischen und katholischen Einwanderern aus Irland. Mittendrin: Mehrere Regimenter der Nationalgarde des Staates New York, welche die Ausschreitungen eindämmen sollen. Am Ende der "Orange Riots" sind Dutzende Tote und Hunderte Verletzte zu beklagen. Mitverantwortlich dafür war der schlechte Ausbildungszustand der Nationalgardisten. Dies gab den Anstoß für die Gründung jener Organisation, die wir heute unter dem Namen National Rifle Association (NRA) kennen. Die Gründerväter - William Church und George Wingate - wollten insbesondere die Mängel im Schießwesen der Bürgermiliz abbauen. So gingen die Landesverteidigung und der Schießsport eine langandauernde Symbiose ein, für die heute in den USA vor allem das Civilian Marksmanship Program (CMP) mit den National Matches in Camp Perry als sportlichem Höhepunkt steht. Schnitt.



Im 19. Jahrhundert hatten sich im heutigen Südafrika zwei Burenstaaten, die von den Nachfahren niederländischer Einwanderer gegeründet worden waren, etabliert: Transvaal und der Oranje-Freistaat. Die meisten Buren waren Landwirte und somit gehörte die Jagd zu ihren alltäglichen Beschäftigungen, wobei die Munitionskosten zu einem sparsamen Verbrauch und damit zu treffsicherem Schießen zwangen. Ein Bure berichtete später aus seiner Jugend, wie ihm sein Vater ein Gewehr und eine Patrone gab - verbunden mit dem Auftrag, ein Tier zu erlegen, um den Kochtopf zu füllen. Und er hat seinen Vater nicht enttäuscht (anderenfalls hätte es vermutlich Prügel gegeben).

Als 1899 der Zweite Burenkrieg ausbrach, lehrten die Buren den einrückenden Truppen Ihrer britannischen Majestät das Fürchten. Sie waren nicht nur hervorragende Schützen, sondern mit dem Mausergewehr auch noch exzellent bewaffnet - und damit den Briten nicht nur ebenbürtig, sondern partiell überlegen. Im Dezember 1899 verbluteten vor den Magersfontein-Bergen über tausend englische Soldaten, wohingegen die zahlenmäßig schwächeren Bureneinheiten kaum 300 Mann verloren hatten. Und hier spielte das vollautomatische Maschinengewehr, das später im Russisch-japanischen Krieg (1905/05) und im Ersten Weltkrieg (1914-1918) so gewaltige Verluste fordern sollte, noch keine Rolle.



Doch während es sich bei den afrikaanischen Soldaten um exzellente Schützen handelte, hatte man in der britischen Armee (wie in den meisten europäischen Armeen zu Beginn des 20. Jh.!) den Bajonettangriff favorisiert. Um einen solchen erfolgreich durchführen zu können, muß man jedoch erst einmal auf Nahkampfweite an den Gegner herankommen. Wie miserabel die englische Schießausbildung war, mag die folgende Zahl illustrieren: Noch anno 1902 trafen bei einem Armeewettkampf von 1100 abgegebenen Schüssen nur fünf die Scheibe. Kein Wunder, mit den etatmäßigen 30 Schuß pro Mann für drei Jahre lassen sich keine treffsicheren Schützen heranbilden.

Welche Konsequenzen zogen die Briten aus ihren anfänglichen Niederlagen im Burenkrieg? Unter anderem wurde die Schießausbildung verbessert. Zunächst sammelten die Offiziere Geld für zusätzliche Übungsmunition. Die bereits Ende der 1850er Jahre unter den (ebenfalls verheerenden) Eindrücken des Krimkrieges entstandene Freiwilligenbewegung erhielt neuen Auftrieb. In diesem Kontext ist auch die 1859 gegründete britische NRA zu sehen, die sich - als zivile Organisation - der Pflege des Gewehrschießens gewidmet hat. Um die Jahrhundertwende kamen noch Wettkämpfe mit den damals neuen Kleinkalibergewehren sowie entsprechende Vereine hinzu. So gehörten der Society Of Miniature Rifle Clubs im Jahre 1914 über 200.000 Mitglieder an. Dies alles geschah auch mit dem Ziel, die Verteidigung des Empires sicherzustellen. Schnitt.



Wir schreiben den Sommer 1941. Deutsche Truppen stoßen tief in die Sowjetunion vor. In der seit 1927 existierenden sowjetischen Wehrsportorganisation Osoaviachim wird auch der Schießsport gepflegt - und zwar nicht nur von Männern, sondern - die Gleichberechtigung schreitet voran - auch von zahlreichen Frauen. Zwar war der Zweite Weltkrieg erheblich stärker technisiert (um nicht zu sagen: industrialisiert) als der Burenkrieg, weshalb den Einzelschützen immer weniger Gewicht zukommt. Doch kann man auch unter diesen Umständen nicht ganz auf den gezielten Einzelschuß verzichten.



Mithin hat man in der Roten Armee relativ viel Wert auf das Scharfschützenwesen gelegt. Unter den sowjetischen "Snajpery" waren im Jahr 1943 über 1.000 weibliche Soldaten, die freiwillig der Roten Armee beigetreten waren. Die meisten von ihnen dürften so wie Ljudmila Pawlitschenko in der Osoaviachim mit dem Schießen, das im Notfall auch der Landesverteidigung dienen konnte, begonnen haben. Schnitt.



Auch nach 1945 wurde und wird in vielen europäischen Staaten den grundsätzlich zivilen Schieß-Sport unterstützt, um die Bürger auch zu guten Verteidigern des Vaterlandes heranzuziehen. Zu nennen sind hier etwa die Jungschützenkurse in der Schweiz, die enge Anbindung der Schützenverbände an die Verteidigungsministerien in den skandinavischen Staaten. Oder in unserem Nachbarland Polen die Liga zur Verteidigung der Heimat (LOK), welche unter anderem als Schießsportverband fungiert (siehe z.B. hier), sowie die von den Schulbehörden organisierten Schülerwettbewerbe im Gewehrschießen namens "O Srebrne Muszkiety" (dt.: Über silberne Musketen), die von lokalen Wettkämpfen bis hin zu polnischen Meisterschaften gehen. Schnitt.



Frühjahr 2010, Nordafghanistan. Deutsche Soldaten werden zunehmend in heftige Gefechte mit bewaffneten Einheimischen verwickelt; die Zahl der Gefallenen steigt. Unter den dabei in der Bundeswehr zutage getretenen Mängeln ist Medienberichten zufolge auch die unzureichende Ausbildung der eingesetzten Soldaten an ihren Handfeuerwaffen. In der Heimat müsse gespart werden, weshalb auch die Schießausbildung häufig auf der Strecke bliebe.

Was müßte jetzt eigentlich in Deutschland passieren, wenn man die soeben skizzierten Beispiele aus anderen Staaten als Maßstab nähme? Patriotische und wehrwillige Bürger sowie die Schießsportverbände würden mit dem Bundesverteidigungsministerium kooperieren, um angehenden Rekruten noch vor ihrer Einberufung ein erstes Schießtraining zuteil werden zu lassen. Doch dergleichen geschieht in der Bundesrepublik Deutschland anno 2010 nicht und wird wohl auch in Zukunft nicht geschehen. Das vielbeschworene bürgerschaftliche Engagement ist in dieser Richtung nicht gefragt. Warum?





Erstens ist vielen Deutschen alles, was im weitesten Sinne mit Waffen und Militär zu tun hat, suspekt geworden. Die Schießsportverbände tun daher (klugerweise) alles, um irgendwelche paramilitärischen Anklänge zu vermeiden. Selbst der Reservistenverband bemüht sich um ein betont ziviles, unmilitärisches Erscheinungsbild. Aus der alten preußischen Idee des Staatsbürgers in Uniform, dem (zugespitzten) Ideal des "Volks in Waffen", ist heute der bestenfalls temporär tarnanzugtragende Zivilist geworden. Diese Entwicklung ist in der Sache zwar bedauerlich, sollte nach zwei verlorenen Weltkriegen jedoch keine allzu große Verwunderung hervorrufen.

Freilich kann man so keine Armee führen und unterstützen, die mittlerweile auf weltweite Einsätze ausgerichtet ist. Der Soldat einer solchen Einsatzarmee muß Profi sein. Dadurch vergrößert sich allerdings seine Distanz zur deutschen Mehrheitsgesellschaft deutlich. Die zivile Gesellschaft kann damit leben, solange keine Wehrpflichtigen gezwungen werden, im Ausland zu kämpfen. Das Nebeneinander zwischen Armee und Gesellschaft ist auch für die politische Führung der Bundeswehr kein wirkliches Problem. Denn so kann man die Truppe fast beliebig einsetzen, ohne allzu viel öffentlichen Widerstand fürchten zu müssen. Wenn der Wunsch mancher Politiker wahr würde und sich die Deutschen tatsächlich intensiv für das Schicksal unserer Soldaten in Afghanistan interessieren würden, dann hätten wir vermutlich bald Sitzblockaden vor Kasernen und andere pazifistische Demonstrationen zu erwarten.

Sowohl Volk als auch Politik sind mit dieser Sonderlage der Einsatzarmee zufrieden, wobei deren Soldaten wohl eher als eine Art "Söldner" denn als Mitbürger und Nachbarn gesehen werden. Zu diesem Image trägt natürlich die Art und Weise der Personalgewinnung bei, die (zumindest hier in Ostdeutschland) nicht wenige junge Männer vornehmlich aus finanziellen Erwägungen in die Streitkräfte lockt. Letzteres ist weder schlimm noch unmoralisch, aber es trägt zwangsläufig zur Entfremdung zwischen Front und Heimat bei. Es sind eben nicht "unsere Jungs", die bei Kunduz fallen oder verwundet werden, sondern zumeist anonyme Staatsangestellte, die freiwillig einen Risikoberuf gewählt haben und dafür sehr gut bezahlt werden. (Und die, die unversehrt zurückgekommen sind, haben bisweilen keine Scheu, ihren neuerworbenen Wohlstand zur Schau zu stellen.)





Dazu kommt noch die extreme Unklarheit hinsichtlich der politischen Ziele, die in Afghanistan verfolgt werden. Weshalb stehen im Jahr 2010 deutsche Truppen noch am Hindukusch? Um den afghanischen Frauen den Schleier vom Gesicht zu reißen? Um ihren Töchtern eine Schulbildung zu ermöglichen? Um den seit Jahren abgetauchten Osama bin Laden zu fangen? Um lokale Guerillas und Banditen zu bekämpfen? Um das (zunehmend unzuverlässige) Regime von Hamid Karzai und diverse regionale Fürsten zu stützen? Um die Durchsetzung des islamischen Rechts zu ermöglichen (vgl. Artikel 3 der afghanischen Verfassung von 2004) - Todesstrafe für Konvertiten inklusive? Oder gar, um den Opiumanbau und -handel zu schützen?

Aus den genannten Gründen werden auch sämtliche Initiativen zur Stärkung des zivil-militärischen Verhältnisses wie etwa die gelben Bänder weithin erfolglos bleiben, so lobenswert sie auch sind. Die derzeitige Situation ist den meisten in Deutschland ganz recht, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Unter die Räder kommen dabei natürlich die betroffenen Soldaten und ihre Familien. Doch das sind zu wenige Wähler, um politisch relevant zu werden.
Somit wird es wohl in der absehbaren Zukunft keine öffentlich wirksamen Denkmäler für gefallene Bundeswehrsoldaten geben, von einem Grabmal des unbekannten Soldaten mitsamt Ewiger Flamme wie z.B. in Paris oder Moskau ganz zu schweigen. Es werden mit Sicherheit keine deutschen Schulen nach in Afghanistan Gefallenen benannt werden, schließlich leben wir in einer "post-heroischen" Gesellschaft (wie selbst BW-Angehörige nicht ohne Stolz verkünden).

Und es wird mit ebensolcher Sicherheit keine, wie auch immer geartete vormilitärische (Schieß-)Ausbildung für junge Männer und Frauen geben, denn Waffen sind grundsätzlich böse, das Militär ebenso und wer sich mit beidem beschäftigt, gehört entweder in die geschlossene Anstalt oder in ein Feldlager im Wüstensand. Aber auf jeden Fall nicht in das heutige Deutschland, das lieber auf "Friedenserziehung" und "gewaltlose Konfliktprävention" setzt. Und wenn unsere unzureichend geschulten Soldaten im Mittleren Osten krepieren? Sei's drum, denn laut Bundesminister a.D. Joschka Fischer gilt bekanntlich die Devise: "Deutsche Helden müßte die Welt, tollwütigen Hunden gleich, einfach totschlagen".


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Fotos: Library of Congress, www.maxpenson.com, www.zstslubice.edu.pl/muszkiet, Reuters u.a.

Sonntag, 11. April 2010

Schießsport im Fernsehen


Am Freitag Nachmittag gab es eine kleine Sensation: Eurosport hat um 17.30 Uhr eine halbstündige Aufzeichnung von der Europameisterschaft der Druckluftwaffenschützen, die im März im norwegischen Meraker stattgefunden hatte, ausgestrahlt. Am 15.04. wird es, wie der DSB berichtet, auf demselben Kanal eine zweite EM-Reportage geben.

Der gezeigte "Top-Gun"-Wettbewerb war m.W. in dieser Form eine Weltpremiere und ein hervorragendes Beispiel für fernsehtaugliche und zuschauerfreundliche Schießwettkämpfe. Schenkt man dem TV-Kommentator Glauben, dann stammte die Idee für diesen Wettkampf übrigens von der Strelkowyj Sojus Rossii (dt.: Schießsportunion Rußlands; Abk.: SSR). Deren Vorsitzender Wladimir Lissin - Wissenschaftler, vermögender Unternehmer und seit seinem 14. Lebensjahr Sportschütze (während seiner Studienzeit war er z.B. Kapitän der Auswahlmannschaft seiner Uni) - ist derzeit auch Chef des europäischen Dachverbandes und hat sich dem Vernehmen nach sehr stark für die Eurosport-Berichterstattung engagiert. Wobei Schießen im Gastgeberland Norwegen ohnehin sehr populär ist (siehe z.B. hier und hier).

Im europaweiten Vergleich (und erst Recht in Deutschland) besaßen Fernsehberichte von Schießsportveranstaltungen außerhalb der Olympischen Spiele bisher Seltenheitswert. Das ist jedoch nicht überall so. Beispiel Rußland: Dort überträgt der Spartenkanal RTR-Sport, der zur staatlichen Medienholding WGTRK gehört (und ein direkter Konkurrent von Eurosport auf dem TV-Markt ist bzw. war), regelmäßig von großen Wettkämpfen. Eine (nicht gerade kleine) Liste der Videos hat die SSR hier zusammengestellt, die Berichte selbst sind auf einen Sportportal abgelegt. Als Exempel möchte ich auf diesen Zusammenschnitt von den Russischen KK-Meisterschaften 2009 verweisen. Das sieht und hört sich sehr gut an.

Und jetzt die Frage aller Fragen: Warum ist dergleichen in Rußland und anderen Staaten möglich, aber nicht in Deutschland? Die Antworten kennen wir; mit mangelndem Zuschauerinteresse allein dürfte es weniger zu tun haben (die Russen sind nicht weniger fußballbegeistert als die Deutschen). Unsere staatlichen Anstalten für elektronische Volksverdummung steuern jedoch größtenteils einen strikten Anti-Waffen-Kurs, der von derartigen Übertragungen nur gestört würde. Denn erstens sähen dann die Zuschauer, daß Schützen ganz normale Menschen und keine kranken "Waffennarren/-verrückten/-fanatiker" sind. Und zweitens müßte man dann ja den pösen Sportmordwaffen, deren gesellschaftliche Ächtung man anstrebt, ein Forum bieten. Beides wäre für die Manipulatoren in den Medien natürlich tödlich. Somit überrascht es mich nicht, daß sich ausgerechnet der Privatsender Eurosport dieser Aufgabe angenommen hat.

Tja, manche Länder haben eben eine (keineswegs übertriebene) Waffenkultur und pflegen diese, während bei uns gerade die letzten Reste beseitigt werden.
Deshalb ist es um so erfeulicher, daß sich nun auch langsam im deutschsprachigen Raum (halb-)private Initiativen formiert haben, welche die Ignoranz des Schießsports durch die traditionellen elektronischen Medien durch die Möglichkeiten des Internets kompensieren wollen. Vorreiter sind natürlich die Österreicher mit Schiessport.tv, das bereits als Youtube-Projekt begonnen hatte. Wenigstens bei Youtube ist jetzt auch der Deutsche Schützenbund unter dem Namen SportschiessenTV aktiv, während sich die ISSF schon länger um eine audiovisuelle Vermittlung des Sports, auch bei Youtube, bemüht. Hoffen wir insofern auf eine gute Entwicklung und darauf, daß die Bandbreite der Videos aus deutschen Schützenlanden noch breiter wird.

PS: Ich habe mir gestern einmal die Strukturen der SSR angesehen. Die schaffen es doch tatsächlich, über verschiedene Unterorganisationen die olympischen Disziplinen neben IPSC- und sonstigen Großkaliberschützen in einem Dachverband zusammenzuhalten, ohne daß es zu dem aus Deutschland bekannten gegenseitigen Zerfleischen und moralisierenden Distanzieren kommen würde. Respekt!



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Screenshots: Bloodygood.

Samstag, 25. Juli 2009

25.07.2009: Videos des Tages

Heute: Eine zweiteilige Reportage über die finnische Lahti-Pistole bzw. deren schwedische Variante. Bei der im Video vorgenommenen Zuordnung nach Norwegen dürfte es sich um einen Flüchtigkeitsfehler des Autors handeln.






Samstag, 11. Juli 2009

Das Bereitschaftsmuseum


Dieses und viele weitere Bilder aus dem Beredskapsmuseet im schwedischen Helsingborg finden sich hier.

Freitag, 26. Dezember 2008

26.12.2008: Spielfilm des Tages

Am zweiten Weihnachtstag hat man vielleicht etwas mehr Zeit, um sich einen Spielfilm anzusehen. Wie wäre es mit "Kukuschka" (dt.: Der Kuckuck), einem etwas anderen Kriegsfilm aus dem Jahre 2002?

Dazu schreibt Wikipedia:
"Im Zweiten Weltkrieg kämpfen die Finnen gegen die Russen auf dem Gebiet Lapplands. Die alleine auf ihrem Bauernhof lebende Samin Anni findet den verletzten Russen Iwan, der von seinen eigenen Leuten denunziert wurde. Sie beschließt, ihn gesund zu pflegen. Währenddessen gelangt auch der Finne Veikko, der ebenfalls denunziert wurde, auf den Hof Annis. Keiner der drei beherrscht eine Fremdsprache und so sprechen alle weiterhin ihre Muttersprache: Iwan auf Russisch, Veikko auf Finnisch und Anni auf Samisch. Dabei kommt es zu tragischen Missverständnissen wie Situationen perfekten Verständnisses. Erschwert wird das Dreiecksverhältnis dadurch, dass Iwan Veikko für einen Faschisten hält, und die Tatsache, dass Anni mit Veikko flirtet.

So leben die drei eine Zeit lang gemeinsam auf dem Hof. Veikko baut eine Sauna, in der sich die Männer waschen, Iwan kocht sich giftige Pilze und durchsucht Annis Hütte vergeblich nach einer Prise Salz. Anni verrichtet täglich harte Arbeit, sie kümmert sich um ihre Rentiere und Fischreuse und gibt den Männern zu essen. Als sie die beiden in der Sauna sieht, kann sie Veikkos Männlichkeit nicht widerstehen und nimmt ihn mit in ihre Hütte um sich mit ihm zu vergnügen, was Iwan sehr eifersüchtig macht. Die Spannung zwischen den beiden findet am Ende ihren Höhepunkt, als in der Nähe des Hofes ein Flugzeug abstürzt, welches Flugblätter, die das Ende des Krieges verkünden, verteilt hat. Veikko will Iwan voller freudigem Enthusiasmus beibringen, dass sie nun auch offiziell keine Feinde mehr sind. Iwan interpretiert Veikkos heftiges Gebaren aber als Angriff und schießt mit einem Revolver auf ihn. Erst als Veikko schwer verletzt am Boden liegt, sieht er die Flugblätter und begreift reuevoll was er angerichtet hat. Er schleppt den Finnen zurück zu Anni, die mit einem uralten Ritual Veikko vom Totenreich zurückrufen kann. Während er nun gesund gepflegt wird, beginnt Anni ein Verhältnis mit Iwan. Als Veikko wieder auf den Beinen ist und der Wintereinbruch kurz bevor steht, beschließen die beiden Männer, wieder in ihre Heimatländer aufzubrechen.

Am Ende sieht man Anni mit zwei Söhnen, denen sie die Geschichte erzählt. Sie tragen die Namen von Iwan und Veikko."
Siehe auch hier und hier.

Die elf Videos haben - zum Glück für den Zuschauer - englische Untertitel. ;-) (Der Originalfilm ist dreisprachig.)