Dienstag, 30. September 2008

Krieg der Aufklärer


Es gibt nicht allzu viele deutschsprachige Bücher über den Afghanistankrieg 1979-1989. Und noch weniger stellen die sowjetische Sicht des Krieges dar. In dieser Lücke steht das kleine Büchlein "Afghanistan - Krieg der Aufklärer" von W. J. Markowskij und W. W. Miljatschenko, das 2006 in deutscher Übersetzung im Elbe-Dnjepr-Verlag erschienen ist. (Der Verlag ist übrigens eine Fundgrube für Literatur aus dem postsowjetischen Raum.)

Die Autoren sind keine kommunistischen Fanatiker, welche die Verklärung des Krieges als "internationalistische Hilfsaktion" betreiben würden, sondern gehen sehr kritisch sowohl mit der politischen Führung als auch der praktischen Kampfführung der Sowjetunion in Afghanistan um. Auf zahlreichen Bildern und in den Begleittexten stellen sie die Aufklärungseinheiten als Speerspitze der Sowjetarmee und deren Einsatz vor. Es werden Dislozierung, Ausrüstung, Bewaffnung und Einsatztaktiken erläutert.
Dabei erfährt der Leser ein wenig davon, wie sehr dieser Krieg ein Impulsgeber für Veränderungen in der Sowjetarmee gewesen ist, die z.T. heute noch nachwirken (man denke bspw. nur an die besondere Wertschätzung der Spetsnaz- und Luftlandetruppen). Der Kampf in Afghanistan hat einen ganz anderen Charakter getragen als das, was man sonst aus dem Warschauer Vertrag und dessen Ausrichtung auf einen europäischen Kriegsschauplatz kannte.

Das Buch ist kein Technikbildband, der sich mit ein paar Bildern "cooler" Panzer begnügen könnte, sondern liefert auch denkwürdige und hierzulande weitgehend unbekannte Hintergrundinformationen - aus denen man als politisch Denkender durchaus Schlußfolgerungen für das heutige Afghanistanengagement der Bundeswehr ziehen kann.
Einziges Manko ist die stellenweise etwas holprige bzw. ungenaue Übersetzung, so daß man als der russischen (Militär-)Sprache Kundiger bisweilen den Kopf schütteln muß. Davon wird der Wert des Buches insgesamt aber nicht geschmälert.

PS: Im Internet gibt es auf dieser Webseite eine weitere Bildersammlung.

Montag, 29. September 2008

Und noch eine Luftgewehrdisziplin

Neben Field Target und Benchrest etabliert sich langsam eine weitere Schießsportdisziplin für (starke) Luftgewehre und auch Luftpistolen: das Silhouettenschießen. Verantwortlicher Verband dafür ist (wie schon beim FT) der BDS.
Es gibt also zunehmend interessante Alternativen zum 10 m-"Löchlestanzen" in bunten "Ritterrüstungen" (vulgo: Schießanzügen) nach DSB-Manier. :-)

Freitag, 26. September 2008

Benchrestschießen mit LGs


Auf der Webseite Airgun.org.ru ist mir vor ein paar Wochen aufgefallen, daß in Russland das Benchrestschießen mit Luftgewehren eine fast genauso beliebte Disziplin wie das Field Target-Schießen zu sein scheint, wobei regelmäßig Wettkämpfe auf 25 m und 50 m durchgeführt werden (siehe auch hier).
Geschossen wird dabei zumeist nach dem Reglement der UK Association of Rimfire Benchrest Shooting. Dieses enthält u.a. zwei Waffenklassen, die auch die deutsche 7,5 Joule-Grenze in Betracht ziehen:
"International Sporter Air Rifle Class is any unmodified factory model with manufacturer's name or logo stamped into the metal of the barrel or breach, having a safe manually and mechanically operated firing mechanism, weighing not more than 101/2 pounds inclusive of sight, as long as a minimum of at least 1,000 of these rifles have already been produced. The action and stock shall be factory made having an unmodified factory stock or good equivalent conforming to the manufacture’s original design, convex on all bottom surfaces unless manufactured item is flat ie: Air Arms S200 or S200T. Stock must be 2.25" or under at its widest point. The action can be either spring or pneumatic; neither the barrel nor the action can be glued in; air regulator, muzzle brakes and silencers are allowed of specific manufactures design. The barrel, calibre and air cylinder can be changed as long as it is provided by the Manufacturer as an option / spare to that model. Any scope may be used with max magnification of 6.5X; scopes with more power will have to be taped in position for duration of match. The barrel can be bedded and have the trigger reworked (or replaced). If it needs to be re-crowned, it can be no shorter than ½ inch from the original factory barrel length as provided for that model by the manufacturer. It is the shooter’s responsibility to document the rifle’s original length. Return to battery shall NOT be permitted. Power to be restricted to 6 ft lbs maximum. Bipods if used is not to be weighed as part of the rifle."
Und:
"Unlimited Air Rifle Class A is any rifle having a safe manually and mechanically operated firing mechanism, with no weight limit. Any air regulator can be used as long as it is integral within the air cylinder. Any modification may be made to the rifle and any magnification scope may be used. Rifle with factory stock or stocks that meet 10M Target Class C10 rules or Specials can be used. Stock must be max 3" or under at its widest point. Return to battery shall NOT be permitted. Muzzle brakes, muzzle flips, barrel weights or Harmonic Tuners are permitted. There is no restriction on cylinder size or capacity as long as 6ft/lbs maximum power is retained. Separate Air Cylinders are not allowed, the cylinder must be part of the rifle and the overall weight."
Allgemein gelten für diese Präzisionswettkämpfe folgende Regeln: zugelassene Kaliber: 4,5 mm, 5,0 mm oder 5,5 mm; Entfernungen: 25 Yards/Meter oder 50 m; 25 Wertungsschüsse (auf die offizielle Scheibe) in 20 min (Indoor) bzw. 30 min (Outdoor); Einzel- oder Teamwettbewerbe.

Eine spannende Disziplin, bei der - wie die Erfahrungen aus Russland zeigen - auch "Freizeitluftgewehre" gute Ergebnisse bringen können, sofern wie bei Field Target zwischen Federdruck- und Preßluftwaffen differenziert wird. Auch in anderen europäischen Staaten ist "Air Benchrest" nicht unbekannt, dafür sorgt schon die European Rimfire & Air Rifle Benchrest Shooting Federation. So scheint es etwa in Italien, wo auch die diesjährige Europameisterschaft stattfand, eine zwar kleine, aber aktive Szene zu geben (siehe z.B. hier und hier). Selbst in den USA gibt es eine gewisse Anhängerschaft.

In Deutschland ist Air Benchrest jedoch recht unbekannt. Der Deutsche Benchrestverband - obwohl verbandsmäßig am ehesten "zuständig" - konzentriert sich wohl vor allem auf das Schießen mit KK-Gewehren.
Der BDMP hat immerhin für die Heranführung von Jugendlichen an den Schießsport die Disziplin ZG 30 eingeführt, die auch von Erwachsenen auf 10 m oder 25 m geschossen werden kann, allerdings nur im Kaliber 4,5 mm. Überdies ist ZG 30 eine Eigenkreation dieses Verbandes, die international kaum anschlußfähig ist (was beim BDMP verwundern muß).
Eine (kleine) Alternative könnte immerhin die seit diesem Sommer im Fernwettkampf angebotene Fern-Benchrest-Disziplin darstellen.

Aber vielleicht wird das Benchrestschießen mit Luftgewehren eines Tages auch hierzulande noch salonfähig.


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Freitag, 19. September 2008

Schießsport und Schule


Manchmal habe ich den Eindruck, die Deutschen würden nicht mehr "richtig ticken", so weit sind absurde Auffassungen bezüglich verschiedenster Themen schon zum gesellschaftlichen und medialen Konsens geworden. Denn auch hierzulande scheint mittlerweile die früher - vor allem auf dem Land - selbstverständliche Stellung der Schießsportvereine unterminiert zu werden. Aus den USA kennt man ja schon Schulen und Universitäten mit einer "No-Gun-Policy", wodurch dort z.T. sogar die Ausbildung von Reserveoffizieren zurückgefahren werden mußte. Auch in Deutschland reagieren Politiker und Pädagogen zunehmend allergisch auf den Schießsport.

Eines der aufsehenerregendsten Beispiele hierfür hat sich anno 2002 im sachsen-anhaltischen Zscherndorf zugetragen.

1. Akt: Der örtliche Schützenverein verfügte bis dato über keinen eigenen Schießstand und wollte nun - mit Unterstützung des Gemeinderates - im Keller der örtlichen Schule einen solchen einrichten. Dagegen regt sich Widerstand bei einigen Eltern und Lokalpolitikern, der mit dem Verweis auf den Erfurter Amoklauf begründet wurde. Hintergrund dürften auch persönliche Animositäten gewesen sein: der oberste Elternaktivist war zugleich Vorsitzender der CDU-Fraktion im Gemeinderat, der Vorsitzende des Schützenvereins war stellvertretender Bürgermeister.

"[...]

Die Pläne des Zscherndorfer Schützenvereins, im Keller der Grundschule einen Schießstand einzurichten, sind auf heftige Kritik des Kreiselternrates gestoßen. Nach dem Amoklauf von Erfurt sei es unsensibel, ausgerechnet eine Schule auszusuchen, sagte Vorsitzender Georg Kuropka der MZ. [...]
Der Streit um den Schießstand ist auch ein Streit innerhalb des Gemeinderates. Denn Kuropka sitzt der CDU-Fraktion vor. Der Präsident des Schützenvereins, Wolfgang Henschel (parteilos), ist stellvertretender Bürgermeister in Zscherndorf. Der Rat hatte in der vergangenen Woche mehrheitlich beschlossen, die Pläne der Schützen zu unterstützen, will dafür allerdings kein Geld bereit stellen.

Henschel kann die Aufregung des Elternrates nicht verstehen. Wie er gegenüber der MZ gestern sagte, habe der Verein bisher kein eigenes Domizil, sondern sei gezwungen, zum Training nach Bitterfeld, Greppin oder Raguhn auszuweichen. Der Keller der Schule biete die Möglichkeit, drei bis vier Schussbahnen einzurichten und eine Bahn für Druckluftwaffen. Geschossen werden solle dort mit so genannten Kurzwaffen, also Sportpistolen und Revolvern. Henschel: "Wir haben uns mehrere Räume angesehen." In Frage komme nur der Schulkeller, schon wegen seiner dicken Wände, die Lärm nicht nach außen ließen.
Henschel sagte, das Geschehen von Erfurt sei schlimm und habe dem Ruf der Sportschützen geschadet. Der Erfurter Todesschütze war Mitglied in einem Schützenverein. Es sei ihm klar gewesen, so der Präsident, dass es Kritik an dem Vorhaben geben werde. Man solle die Kirche aber im Dorf lassen. "Für zunehmende Gewalt in der Gesellschaft sind bestimmt nicht die Schützenvereine verantwortlich zu machen." Da solle man eher bei Videospielen und Gewaltdarstellungen im Fernsehen ansetzen, riet Henschel.

"Es gibt nichts, das für die Pläne des Schützenvereins spricht", sagte hingegen Kuropka. "In Erfurt wurden Menschen in der Schule erschossen und hier soll das Schießen in der Schule geübt werden", empörte er sich. Schulleiterin Elvira Springer zeigte Verständnis für solche Bedenken. Letztlich sei aber gegen einen Schießstand auch in der Schule nichts einzuwenden, wenn alle Vorschriften eingehalten würden. "Es muss sicher sein, dass die Kinder da nicht ran können." Henschel sicherte zu, dies werde der Fall sein. Waffen und Munition dürften dort gar nicht gelagert werden. Training solle nur außerhalb der Unterrichtszeiten stattfinden. "Vielleicht zwei bis dreimal pro Woche, nachmittags und abends." [...]"

2. Akt: Was als Lokalposse begonnen hat, weitet sich zum Politikum aus. Neben dem Kultusminister tritt auch Innenmister Jeziorsky (ebenfalls CDU) - seines Zeichens selbst aktiver Sportschütze - mit Kritik auf den Plan. Die Begründung ist ebenfalls "Erfurt".

"[...]

Innenminister Klaus Jeziorsky (CDU) will es genau wissen. Bis heute 13 Uhr erwartet er einen Bericht des Regierungspräsidiums Dessau. Gegenstand des ministeriellen Interesses sind die Vorgänge in der Gemeinde Zscherndorf (Landkreis Bitterfeld). Dort will der ortsansässige Schützenverband in der Grundschule einen Schießstand einrichten (die MZ berichtete).
"Nach dem tragischen Geschehen in Erfurt ist ein solches Ansinnen mindestens höchst unsensibel", sagte Ministeriumssprecher Matthias Schuppe. Der Minister wolle sich nun umgehend Bericht über die Auffassung des Schulträgers, über waffenrechtliche Details sowie über emissionsschutz-rechtliche Fragen erstatten lassen. Auch müsse geprüft werden, ob es sich bei dem Vorhaben um eine Nutzungsänderung handelt. [...]

Schulleiterin Elvira Springer zeigt zwar Verständnis für Bedenken, hat aber gegen einen Schießstand in der Schule nichts einzuwenden, wenn alle Vorschriften eingehalten werden.
Genau drauf wird der Innenminister jetzt wohl genauestens achten. Inzwischen nämlich gibt es auch außerhalb Sachsen-Anhalts Fragen zu den Zscherndorfer Plänen."

"[...]

[Bürgermeister] Burgahn und seine Gemeinderäte stehen erheblich unter Druck, seit sie beschlossen haben, das Ansinnen des Schützenvereins zu unterstützen. Der scharfen Kritik des Kreiselternrates und des Innenministeriums schlossen sich gestern auch Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz (parteilos) und der Bitterfelder Landrat Uwe Schulze (CDU) an. Olbertz sprach gegenüber der MZ von einem "Mangel an gesellschaftlicher Sensibilität", von dem er überrascht und verärgert sei. In einem Brief an Burgahn verlangte er, die Entscheidung des Gemeinderates zu korrigieren. Das forderte auch Schulze - der Bürgermeister reagierte prompt."

3. Akt: Unter dem massiven politischen und medialen Druck gibt der Schützenverein schließlich auf und verzichtet auf das Vorhaben.

"[...]

"Wir bedauern den ... Medienrummel, welcher für unsere Gemeinde und die Mehrheit des Gemeinderates einen erheblichen ideellen Schaden verursacht hat." Es sei verständlich, "dass dieses mit dem Vorgang in Erfurt in Zusammenhang gebrachte Informationsgeschehen derartige Emotionen ... auslösen muss".
Auf Nachfrage der MZ sagte Henschel, er beziehe sich damit auf die Berichterstattung "ohne Sach- und Fachverstand". Man könne über das Vorhaben "jetzt nicht mehr sachlich diskutieren", es sei "unter diesen Umständen nicht mehr richtig". Henschel erklärte weiter, der Verein distanziere sich ausdrücklich von sinnlosen Gewalttaten wie in Erfurt.

Erledigt haben dürfte sich damit auch die Forderung der CDU im Gemeinderat, Burgahn solle den Ratsbeschluss für nichtig erklären. Fraktionschef Hans-Georg Kuropka, der auch Mitglied des Kreiselternrates ist, hatte argumentiert, Henschel als stellvertretender Bürgermeister hätte wegen Befangenheit von der Abstimmung ausgeschlossen werden müssen. Gestern zeigte Kuropka sich erleichtert über den Rückzug des Vereins. "Man darf nach solchen Vorfällen wie in Erfurt nicht einfach zum Alltag übergehen."
Erleichterung herrscht auch in Magdeburg. "Ich begrüße ausdrücklich diese Entscheidung und zolle den Sportschützen großen Respekt für die Verantwortung, die sie damit zeigen", sagte Innenminister Klaus Jeziorsky (CDU) der dpa."

Was an diesem nun schon sechs Jahre alten Fall auch heute noch bedenklich stimmt, sind folgende Aspekte:
a) Von Medien und Politik werden alle Sportschützen für die Straftat eines Einzelnen in Kollektivhaftung genommen, rationale Argumente, die nur in einer gemäßigten Atmosphäre wirken können, drangen nicht mehr durch.
b) Eine Provinzposse wird zu einer Angelegenheit überregionaler Bedeutung stilisiert, wobei die verschiedenen Ebenen einer einzelnen Partei (nämlich der CDU) eine maßgebliche Rolle gespielt haben;
c) Die hysterische Kampagne wurde weder von der SPD, den Grünen oder der PDS angeführt, sondern von der CDU - womit (einmal mehr) erwiesen ist, daß deren vorgeblich waffenbesitzerfreundliche Positionen das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen. Selbst der Innenminister als bekennnender Sportschütze hatte keinerlei Hemmungen, bei dieser Treibjagd mitzumachen, da sie politischen Gewinn versprach. Statt auf vernünftiges Argumentieren hat auch diese "bürgerliche" Partei auf billigste Emotionalisierung gesetzt.

Wie anders ist die Lage doch in vielen Staaten Osteuropas, wo derartige Berührungsängste nicht bestehen. Und das liegt weniger an Unterschieden in der Rechtslage als vielmehr an der gesellschaftlichen Akzeptanz dieses Sports.
So werden z.B. in Polen Schüler im Rahmen des Schulunterrichts an das Field-Target-Schießen herangeführt. Oder es finden Wettkämpfe zwischen den Mannschaften verschiedener Schulen statt.
Auch in Russland gibt es in vielen Schulen Arbeitsgemeinschaften für das Sportschießen und entsprechende Wettbewerbe (siehe z.B. hier, hier, hier, hier und hier).
Ähnliche Beispiele findet man ebenfalls in der Ukraine, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und dem Baltikum. Übrigens gab es auch in der früheren DDR solche AG "Junger Schütze" im Rahmen der GST.
Man kann davon ausgehen, daß nahezu alle Schüler in den genannten Staaten während ihrer Schulzeit mindestens einmal mit einem Luftgewehr geschossen haben. Allein diese Vorstellung dürfte bei deutschen Hoplophoben und Pazifisten schon zu Schweißausbrüchen führen.

Ich bin mittlerweile zu der Auffassung gelangt, daß die Menschen in Osteuropa noch viel "normaler ticken" als viele Westeuropäer - und das nicht nur bei diesem Thema, sondern auch bei anderen. Auf meinen Reisen in diese Länder habe ich dies mehrfach festgestellt. Und viele Westeuropäer blicken auf die Menschen dort auch noch herab und mißverstehen ihre eigene Dekadenz als zivilisatorische Überlegenheit.


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Luftgewehrschützen in St. Petersburg

In den letzten Jahren durfte ich mehrmals in St. Petersburg zu Gast sein. Und der vergangenen Woche mußte ich bei einer "Tour" durch die russischen Waffenforen mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen, daß sich in unmittelbarer Nähe meiner letzten Wohnung an der Kirochnaya Ulica (unweit des Taurischen Gartens und des Suworow-Museums) eine kleine, aber sehr aktive Gemeinschaft von Luftgewehrschützen etabliert hat - und ich habe nicht einmal dort vorbeigeschaut. :(

Man trifft sich regelmäßig - ein- bis zweimal im Monat - auf einem angemieteten Raumschießstand an der Paradnaya Ulica, wo auf Entfernungen bis 50 m geschossen wird. (Dabei ist zu bedenken, daß für erlaubnisfreie Waffen auch in Russland ein gesetzliches Limit von 7,5 Joule gilt.) Neben Field-Target-ähnlichen Disziplinen ist dort das Benchrestschießen sehr beliebt. Bilder von diesen Veranstaltungen gibt es z.B. hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier.
Auch für den morgigen Samstag ist ein Schießen geplant.

Sommers wie Winters treffen sich unsere Kollegen außerdem auf einem stillgelegten Fabrikgelände zum Outdoorschießen auf FT-Ziele, normale Schießscheiben und selbstgebastelte Ziele. Bilder davon finden sich z.B. hier, hier, hier, und hier.
Alternativ fährt man auch einmal in ein abgelegenes Waldstück zum Schießen.
Diese Veranstaltungen tragen fast schon den Charakter von Familienfesten: Man kommt mitsamt Frau und Kindern zusammen und schießt, grillt, ißt und trinkt gemeinsam.

Daß auch die Obrigkeit in Gestalt der stark präsenten Miliz im angeblich so furchtbar totalitären Russland damit kein Problem hat, kann man an diesen Bildern (1, 2) aus der Moskauer Metro erkennen. Ein derart offener und unbefangener Transport von Waffen in öffentlichen Verkehrsmitteln wäre in Deutschland kaum denkbar, wo er doch von der Deutschen Bahn u.a. Transportdienstleistern per AGB ausgeschlossen worden ist. Und im bezüglich Waffen mittlerweile paranoiden Großbritannien müßte man gar gewärtig sein, daß bei einem solchen Anblick Terroralarm ausgelöst würde.

Weitere Links:
Veranstaltungshinweise bei Guns.ru
St. Petersburg im Forum von Airgun.org.ru


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Samstag, 6. September 2008

Ein neues Luftgewehr: Weihrauch HW80k


In dieser Woche durfte ich meine kleine Sammlung um ein neues Luftgewehr erweitern: ein Weihrauch HW80 in der Kurzversion. Hier die technischen Daten:

Kaliber: 5,5 mm
Gesamtlänge: 106 cm
Lauflänge: 41 cm
Gewicht: 3,9 kg
Mündungsenergie: 7,5 Joule

Das Luftgewehr wird demnächst noch durch ein Zielfernrohr u.a. ergänzt. Und bei den Diabolos im Kaliber 5,5 mm hat man - im Gegensatz zum kleineren 4,5er - richtig was in der Hand. ;-)


Donnerstag, 4. September 2008

Das besondere Jagdausübungsrecht eines Hausbesitzers

1. Einleitung

Das deutsche Jagdrecht enthält einige Regelungen, für manche vielleicht überraschend sind. Dazu zählt auch das besondere Jagdausübungsrecht, das fast alle Landesjagdgesetze (Ausnahme: Berlin) in unterschiedlicher Ausprägung einem Hauseigentümer oder -mieter zubilligen, auch wenn dieser nicht Inhaber eines Jagdscheines ist.

Die bundesrechtliche Grundlage dafür stellt § 6 Satz 1 u. 2 des Bundesjagdgesetzes dar: "Auf Grundflächen, die zu keinem Jagdbezirk gehören, und in befriedeten Bezirken ruht die Jagd. Eine beschränkte Ausübung der Jagd kann gestattet werden."

Was genau ein befriedeter Bezirk ist, ergibt sich wiederum aus den Landesjagdgesetzen. Neben anderen sind dies in der Regel:
- Gebäude, die dem Aufenthalt von Menschen dienen und Gebäude, die damit unmittelbar zusammenhängen und
- Hofräume und Hausgärten, die unmittelbar an ein für den ständigen Aufenthalt von Menschen bestimmtes Wohngebäude anstoßen und durch eine Umfriedung begrenzt sind.
Damit zählen die üblichen Eigenheime samt ihrer eingefriedeten Grundstücke zu den jagdrechtlich befriedeten Bezirken, in denen die Jagd in der Regel ruht. Ein "befriedeter Bezirk" ist allerdings nicht identisch mit dem "befriedeten Besitztum", das aus dem WaffG und anderen Gesetzen bekannt ist; der befriedete Bezirk im jagdrechtlichen Sinn wird oftmals erheblich größer sein.

Da das Jagdrecht untrennbar mit dem Eigentum an Grund und Boden verbunden ist (§ 3 I BJagdG), kann es unter den Voraussetzungen des § 6 S. 2 BJagdG wieder aufleben. Diese Norm eröffnet den Landesgesetzgebern die Möglichkeit, auch in befriedeten Bezirken die Jagdausübung zu gestatten. Davon haben 15 Länder auch insofern Gebrauch gemacht, als in ihren Landesjagdgesetzen den Eigentümern oder Nutzungsberechtigten eines befriedeten Bezirks - dazu zählen i.d.R. Eigentümer, Mieter und Pächter von Grundstücken - eine begrenzte Jagdausübung, z.T. auch ohne Jagdschein, ermöglicht wird. Betroffen sind davon hauptsächlich solche Tierarten, die zum Raubwild zählen.
Dabei lassen sich drei Typen unterscheiden:
- gesetzliche Allgemeingenehmigung (Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen);
- Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, d.h. grundsätzliche Genehmigungspflicht (Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz);
- Totalverbot (Berlin).

Trotzdem läßt sich auch im Rahmen dieser drei Kategorien eine beachtliche Bandbreite unterschiedlicher Regelungen feststellen. Hier hat sich die deutsche Bundesstaatlichkeit mit ihren regionalen Unterschieden auch unter der früher noch möglichen Rahmengesetzgebung des Bundes (alter Art. 75 GG) deutlich ausgeprägt.
Nachfolgend sollen die hier interessierenden 15 Bestimmungen vorgestellt werden.

2. Baden-Württemberg

§ 3 IV LJagdG BW bestimmt:
"Die untere Jagdbehörde kann, unbeschadet der Befugnisse des Jagdausübungsberechtigten nach § 18 [LJagdG BW], Eigentümern oder Nutzungsberechtigten von Grundflächen, auf denen die Jagd ruht, die Ausübung der Jagd auf Wildkaninchen, Füchse und Steinmarder und die Aneignung der gefangenen oder erlegten Tiere für eine bestimmte Zeit auch ohne Jagdschein genehmigen, wenn der Empfänger der Genehmigung im Falle einer Beschränkung auf die Fangjagd über einen Sachkundenachweis nach § 22 [LJagdG BW] verfügt und bei Einbeziehung einer Jagdausübung mit Schusswaffen nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesjagdgesetzes ausreichend versichert ist. Die waffenrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt."

Diese Regelung ist durchaus typisch. Es bedarf einer behördlichen Genehmigung, bei deren Erteilung der unteren Jagdbehörde Ermessen zusteht. Ein Jagdschein ist aber nicht erforderlich. Die Befugnis zur Jagd beschränkt sich auch nur auf wenige, konkret genannte Tierarten. Für die Jagd mittels Fallen wird ein Sachkundenachweis verlangt; für die Jagd mit Schußwaffen muß vom Antragsteller eine Haftpflichtversicherung gem. § 17 I Nr. 4 BJagdG nachgewiesen werden. Im letztgenannten Fall wird ferner klar gemacht, daß die Bestimmungen des Waffengesetzes – etwa das Erfordernis einer besonderen Schießerlaubnis (§ 10 V WaffG) – ebenfalls beachtet werden müssen.
(Vgl. auch G. Kümmerle / M. Nagel: Jagdrecht in Baden-Württemberg, 8. Aufl., Stuttgart 2000, S. 47 ff.)

3. Bayern

Einschlägig ist hier Art. 6 III BayJG:
"In befriedeten Bezirken kann die Jagdbehörde dem Eigentümer, dem Nutzungsberechtigten, dem Revierinhaber oder deren Beauftragten bestimmte Jagdhandlungen unter Beschränkung auf bestimmte Wildarten und auf eine bestimmte Zeit gestatten. Eines Jagdscheins bedarf es nicht. Jagdhandlungen mit der Schußwaffe dürfen dem Eigentümer, dem Nutzungsberechtigten oder einem Beauftragten nur gestattet werden, wenn diese im Besitz eines gültigen Jagdscheins oder für den Gebrauch von Schußwaffen im Sinn des § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesjagdgesetzes ausreichend versichert sind. Die waffenrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt. Das Aneignungsrecht hat derjenige, dem oder dessen Beauftragten die Jagdhandlung gestattet wurde."

Diese Norm ähnelt der baden-württembergischen. Die behördliche Genehmigung kann sich aber auf bestimmte, zu benennende Wildarten und Jagdzeiten beschränken. Auch hier ist kein Jagdschein erforderlich. Für die Fangjagd wird kein Sachkundenachweis verlangt, jedoch dürfen Schußwaffen nur dann verwendet werden, wenn eine Jagdhaftpflichtversicherung vorhanden oder wenn der Antragsteller zugleich Inhaber eines Jagdscheins ist.

Ergänzend zu Art. 6 III BayJG bestimmt die Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes in ihrem § 1 I: "Die Gestattung nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayJG gilt als erteilt, wenn der Revierinhaber mit Zustimmung des Grundstückseigentümers oder Nutzungsberechtigten die Jagd auf Haarraubwild und Wildkaninchen mit Fanggeräten (§ 19 Abs. 1 Nr. 9 des Bundesjagdgesetzes - BJagdG -, Art. 29 Abs. 2 Nr. 2 BayJG) innerhalb der Jagdzeiten ausübt."
Der Revierinhaber bedarf also keiner vorherigen behördlichen Erlaubnis.

4. Brandenburg

In § 5 III BbgJagdG heißt es:
"In befriedeten Bezirken kann die untere Jagdbehörde dem Eigentümer, dem Nutzungsberechtigten, dem Jagdausübungsberechtigten eines angrenzenden Jagdbezirkes oder deren Beauftragtem bestimmte Jagdhandlungen unter Beschränkung auf bestimmte Wildarten und auf eine bestimmte Zeit gestatten. Antragsberechtigt ist der Grundeigentümer oder dessen Beauftragter. Jagdhandlungen mit der Schusswaffe dürfen dem Eigentümer, dem Nutzungsberechtigten oder einem Beauftragten nur gestattet werden, wenn diese im Besitz eines gültigen Jagdscheines oder für den Gebrauch von Schusswaffen im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesjagdgesetzes ausreichend versichert sind. Die waffenrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt. Den nach Satz 1 Jagdausübungsberechtigten wird die Erteilung dieser Erlaubnis mitgeteilt. Das Aneignungsrecht hat derjenige, dem oder dessen Beauftragtem die Jagdhandlung gestattet wurde."

Diese Bestimmung entspricht weitgehend der bayerischen Regelung, weshalb auf das oben gesagte verwiesen werden kann.

5. Bremen

Art. 7 III BremLJagdG bestimmt:
"In befriedeten Bezirken dürfen die Eigentümer und Nutzungsberechtigten sowie deren Beauftragte unter Beachtung der jagd- und tierschutzrechtlichen Vorschriften jederzeit Wildkaninchen fangen oder töten und sich aneignen. Für den Gebrauch von Schusswaffen ist eine Genehmigung erforderlich. Die Ausübung der Jagd mit Schusswaffen darf nur gestattet werden, wenn eine ausreichende Jagdhaftpflichtversicherung nachgewiesen ist."

Das ist die erste Form der Allgemeingenehmigung. In Bremen dürfen Hausbesitzer also jederzeit Wildkaninchen bejagen. Bei der Durchführung sind die jagd- und tierschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten. Schußwaffen dürfen nur mit besonderer Genehmigung eingesetzt werden, wenn der Antragsteller entsprechend haftpflichtversichert ist (vgl. § 17 I Nr. 4 BJagdG).

6. Hamburg

Einschlägig ist hier § 2 II HambJagdG:
"Der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte von befriedeten Bezirken darf Wildkaninchen und Steinmarder unter Beachtung der jagd-, tier- und naturschutzrechtlichen Vorschriften selbst oder durch Beauftragte fangen, töten und sich aneignen. Der Besitz eines Jagdscheines ist nur erforderlich bei der Verwendung von Fanggeräten. Wer Fanggeräte verwendet, hat den auf seinen Namen lautenden Jagdschein mit sich zu führen. Schusswaffen dürfen nur mit schriftlicher Genehmigung der zuständigen Behörde benutzt werden. Dieser Genehmigung bedarf es nicht, wenn eine Schießerlaubnis nach § 45 des Waffengesetzes in der Fassung vom 8. März 1976 […] erforderlich ist. Die Verwendung von Luftgewehren und Schalldämpfern ist verboten; die zuständige Behörde kann die Verwendung von Schalldämpfern ausnahmsweise genehmigen."

Auf den ersten Blick hat auch Hamburg eine Allgemeingenehmigung für die Jagd auf Wildkaninchen und Steinmarder. Diese trägt aber in der Praxis nicht allzuweit, denn zum einen ist für die Ausübung der Fangjagd ein Jagdschein erforderlich, zum anderen braucht man für den Einsatz von Schußwaffen entweder eine Schießerlaubnis gem. WaffG oder eine besondere Erlaubnis der Jagdbehörde. Die Verwendung von Luftgewehren ist verboten.

7. Hessen

In Hessen gilt insoweit § 5 III HessJagdG:
"Eigentümer und Nutzungsberechtigte von befriedeten Grundflächen sowie von ihnen Beauftragte dürfen dort Wildkaninchen und Beutegreifer fangen, töten und sich aneignen. Dies gilt nicht für Tiere, die besonders geschützt sind. Fanggeräte dürfen nur eingesetzt werden, wenn sie die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 [HessJagdG] erfüllen, und nur von Personen nach Satz 1, die an einem anerkannten Ausbildungslehrgang für die Fangjagd nach § 19 Abs. 2 [HessJagdG] teilgenommen haben. Dabei ist § 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes zu beachten."

Auch hier wird den Eigentümern und Nutzungsberechtigten eine Allgemeingenehmigung für die Jagd auf Wildkaninchen und nicht geschützte Beutegreifer erteilt, bei der allerdings die Jagd- und Schonzeiten zu beachten sind. Lediglich für den Einsatz von Fallen gelten besondere Regeln, so muß insbesondere ein entsprechender Ausbildungslehrgang absolviert worden sein.

8. Mecklenburg-Vorpommern

In § 5 LJagdG MV wird bestimmt:
"(3) Der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte und die von ihm Beauftragten dürfen in befriedeten Bezirken Füchse, Steinmarder, Iltisse und Wildkaninchen innerhalb der Jagdzeit tierschutzgerecht fangen, töten und sich aneignen. Eines Jagdscheines bedarf es nicht. […] Die Jagdbehörde kann auf Antrag Ausnahmen zulassen. [...]
(5) Schusswaffen dürfen in befriedeten Bezirken nur mit Erlaubnis der Jagdbehörde verwendet werden. Die Erlaubnis darf nur Jagdscheininhabern erteilt werden."

Auch hier liegt im Abs. 3 eine Allgemeingenehmigung für die Jagd auf bestimmte Tierarten vor. Bei der Ausübung dieses Rechtes sind allerdings die Regeln des Tierschutzgesetzes sowie die Jagdzeiten in Mecklenburg-Vorpommern zu beachten. Gem. Abs. 5 dürfen dabei Schußwaffen nur von Jagdscheininhabern und nur mit besonderer Erlaubnis eingesetzt werden.

9. Niedersachsen

In § 9 V NJagdG heißt es:
"Eigentümerinnen, Eigentümer und Nutzungsberechtigte der Grundstücke eines befriedeten Bezirks dürfen in den Fällen der Absätze 1 und 2 [des § 9 NJagdG] Füchse, Marder, Iltisse, Hermeline, Waschbären, Marderhunde, Minke, Nutrias und Wildkaninchen fangen, töten und sich aneignen, soweit diese Befugnis nicht im Rahmen einer beschränkten Jagdausübung anderen zur Jagd befugten Personen übertragen ist. Die Verbote des § 19 des Bundesjagdgesetzes und die Bestimmungen des § 24 dieses Gesetzes sowie die jagdrechtlichen Vorschriften über die Setz- und Aufzuchtzeiten gelten entsprechend."

Auch in Niedersachsen gibt es eine Allgemeingenehmigung, die allerdings nicht gilt, wenn seitens der Jagdbehörde bereits eine Genehmigung zur beschränkten Jagdausübung im befriedeten Bezirk erteilt worden ist. Bei der Jagdausübung sind die Verbote in § 19 BJagdG und § 24 NJagdG sowie die Bestimmungen über Setz- und Aufzuchtzeiten (§ 22 IV BJagdG) zu beachten.

10. Nordrhein-Westfalen

In NRW gibt es sogar zwei Arten der einem Hausbesitzer möglichen Jagdausübung. Zunächst in § 4 III LJagdG NW die Möglichkeit zur Genehmigung jeglicher Jagdausübung:
"Die untere Jagdbehörde kann auf Grundflächen, die zu keinem Jagdbezirk gehören, und in befriedeten Bezirken Grundstückseigentümern und Nutzungsberechtigten sowie deren Beauftragten eine beschränkte Ausübung der Jagd allgemein oder im Einzelfall gestatten, auch wenn diese Personen keinen Jagdschein besitzen. Die Ausübung der Jagd mit Schusswaffen darf nur gestattet werden, wenn eine ausreichende Jagdhaftpflichtversicherung (§ 17 Abs. 1 Nr. 4 BJG) nachgewiesen ist."

In § 4 IV LJagdG NW folgt dann die bekannte Allgemeingenehmigung für die Jagd auf Wildkaninchen:
"In befriedeten Bezirken dürfen die Eigentümer und Nutzungsberechtigten sowie deren Beauftragte unter Beachtung der jagd- und tierschutzrechtlichen Vorschriften jederzeit Wildkaninchen fangen oder töten und sich aneignen. Für den Gebrauch von Schusswaffen ist eine Genehmigung nach [§ 4] Absatz 3 Satz 2 [LJagdG NW] erforderlich."

Hierbei sind keine Jagdzeiten vorgeschrieben, ansonsten wird allerdings die jagd- und tierschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten. Der Einsatz von Schußwaffen bedarf einer vorherigen Genehmigung, für die eine Jagdhaftpflichtversicherung nachgewiesen werden muß.

11. Rheinland-Pfalz

Einschlägig ist hier § 4 LJagdG RP:
"(3) Den Eigentümern oder Nutzungsberechtigten von befriedeten Bezirken kann die untere Jagdbehörde in beschränktem Umfang das Fangen und Töten von Wild für eine Mehrzahl gleichartiger Fälle gestatten. Das Nähere regelt das fachlich zuständige Ministerium durch Rechtsverordnung.
(4) Schußwaffen dürfen in befriedeten Bezirken nur von Inhabern gültiger Jagdscheine und mit Erlaubnis der unteren Jagdbehörde verwendet werden. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, insbesondere eine Gefährdung von Menschen zu befürchten ist. Die Erlaubnis ist widerruflich. § 22 Abs. 4 [LJagdG RP] bleibt unberührt."

Hier ist also eine vorherige Genehmigung der unteren Jagdbehörde erforderlich. Die Verwendung von Schußwaffen bedarf einer besonderen Erlaubnis, die nur Jagdscheininhabern erteilt werden darf.

12. Saarland

Auch das saarländische Recht kennt ein quasi zweiteiliges Jagdausübungsrecht des Grundstückseigentümers. Zunächst in § 4 III SJagdG die bekannte Allgemeingenehmigung:
"Der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte von befriedeten Bezirken darf zur Abwendung von Schäden vorbehaltlich der Bestimmung des § 22 Abs. 4 Satz 1 des Bundesjagdgesetzes und des § 32 Abs. 1 Nummer 2 und 3 [SJagdG] jederzeit Haarraubwild, mit Ausnahme der ganzjährig geschonten Arten, und Wildkaninchen fangen oder töten und sich aneignen. Ein Jagdschein ist hierzu nicht erforderlich. § 22 [SJagdG] bleibt unberührt."

Wildkaninchen und nicht geschütztes Haarraubwild dürfen jederzeit, aber nur zur Abwendung von Schäden, bejagt werden. Dabei sind die Bestimmungen des § 32 I SJagdG sowie die Setz- und Brutzeiten (§ 22 IV BJagdG) zu beachten.

In § 4 IV SJagdG geht es sodann um weitere Formen der Jagdausübung:
"Die oberste Jagdbehörde kann in befriedeten Bezirken dem Eigentümer, dem Nutzungsberechtigten oder dem Jagdausübungsberechtigten bestimmte Jagdhandlungen unter Beschränkung auf bestimmtes Wild und auf eine bestimmte Zeit gestatten; insoweit ersetzt die Erlaubnis für den Eigentümer oder Nutzungsberechtigten den Jagdschein. Soweit Federwild betroffen ist, ist die Gestattung nur aus den in Artikel 9 Abs. 1 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten […] genannten Gründen und nach den in Artikel 9 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Maßgaben zulässig. Das Aneignungsrecht hat derjenige, welchem die Jagdhandlung gestattet wurde. § 22 [SJagdG] bleibt unberührt."

Hierfür ist zwar kein Jagdschein, wohl aber eine Genehmigung der obersten Jagdbehörde notwendig.

Die Verwendung von Schußwaffen wird danach in § 4 V SJagdG ausführlich geregelt:
"Schußwaffen dürfen in befriedeten Bezirken nur mit Erlaubnis der obersten Jagdbehörde verwendet werden; eine nach waffenrechtlichen Vorschriften notwendige Erlaubnis bleibt unberührt. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Störung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit oder Ordnung, insbesondere eine Gefährdung von Menschen, nicht zu befürchten und der Abschluß einer Haftpflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesjagdgesetzes nachgewiesen ist. Die Erlaubnis ist widerruflich; sie darf Personen, denen der Jagdschein nach § 17 Abs. 1 des Bundesjagdgesetzes versagt werden müßte, nicht erteilt werden. Ist der Gebrauch einer Schußwaffe zur unverzüglichen Tötung eines Wildes notwendig, um ihm erhebliche Schmerzen oder Leiden zu ersparen (Fangschuß), so bedarf ein Jagdausübungsberechtigter nicht der Erlaubnis nach Satz 1."

Sonach bedarf es auch für den Schußwaffeneinsatz (wie schon oben beim § 4 Abs. 4 SJagdG) einer ministeriellen Genehmigung, für die u.a. eine Jagdhaftpflichtversicherung nachgewiesen werden muß.

13. Sachsen

Der Freistaat Sachsen kennt gleichfalls ein zweigeteiltes Jagdausübungsrecht. Zunächst in § 6 III SächsLJagdG die Allgemeingenehmigung:
"Auf Grundflächen, auf denen die Jagd ruht, dürfen die Eigentümer oder Nutzungsberechtigten sowie die von ihnen Beauftragten Wildkaninchen, Füchse, Steinmarder, Iltisse, Hermeline und Dachse jederzeit fangen, töten und sich aneignen. Eines Jagdscheines bedarf es nicht. Anderes, als das in Satz 1 genannte Wild ist, wenn es lebensfähig in den Besitz des Grundstückeigentümers oder Nutzungsberechtigten kommt, im Jagdbezirk in Freiheit zu setzen. Verendetes oder nicht lebensfähiges Wild darf sich der Jagdausübungsberechtigte des zuständigen Jagdbezirkes aneignen."

Das ist eine der am weitesten gehenden Regelungen in Deutschland. Die genannten Tierarten dürfen jederzeit bejagt werden, ohne, daß dafür eine besondere Genehmigung, ein Jagdschein, ein Sachkundenachweis oder eine Versicherung erforderlich wäre.

Andere als die o.g. Tierarten dürfen gem. § 6 IV SächsLJagdG nur unter bestimmten Voraussetzungen bejagt werden:
"In befriedeten Bezirken kann die Jagdbehörde dem Eigentümer, dem Nutzungsberechtigten, dem Jagdbezirksinhaber oder deren Beauftragten bestimmte Jagdhandlungen unter Beschränkung auf bestimmte Wildarten und auf bestimmte Zeit gestatten. Eines Jagdscheines bedarf es nicht. Jagdhandlungen mit der Schusswaffe dürfen dem Eigentümer, dem Nutzungsberechtigten oder einem Beauftragten nur gestattet werden, wenn diese im Besitz eines gültigen Jagdscheines oder für den Gebrauch von Schusswaffen im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Bundesjagdgesetzes ausreichend versichert sind. Die waffenrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt. Das Aneignungsrecht hat derjenige, dem oder dessen Beauftragten die Jagdhandlung gestattet wurde."

Hierfür ist eine behördliche Erlaubnis erforderlich. Bei Jagdhandlungen im Rahmen des Abs. 4 dürfen Schußwaffen nur dann verwendet werden, wenn der Antragsteller einen Jagdschein besitzt oder eine Jagdhaftpflichtversicherung nachweist. Es wird explizit darauf hingewiesen, daß durch diese Genehmigung eine lt. WaffG notwendige Schießerlaubnis nicht ersetzt wird.

14. Sachsen-Anhalt

Ebenfalls sehr weitgehend ist die Regelung in § 8 II LJagdG ST, die nur eine beschränkte Allgemeingenehmigung beinhaltet:
"Der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte von befriedeten Bezirken darf unabhängig von jagdrechtlichen Beschränkungen Füchse, Steinmarder, Iltisse, Waschbären, Marderhunde, Minke und Kaninchen sowie Ringel- und Türkentauben fangen, töten und für sich behalten. Ein Jagdschein ist nicht erforderlich. § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Tierschutzgesetzes bleibt unberührt."

Die Bejagung der genannten Tierarten darf also erfolgen, ohne daß dabei Beschränkungen des Bundes- oder Landesjagdgesetzes zu beachten wären. Ein Jagdschein ist nicht erforderlich. Es wird für die Ausübung der Jagd lediglich auf § 4 I TierSchG – der ohnehin immer gilt – verwiesen.
(Vgl. auch D. Meyer-Ravenstein: Jagdrecht in Sachsen-Anhalt [Hannover 1991, S. 24 f.], der diese Bestimmung als "Notstandsrecht", nicht jedoch als "eigentliche Jagdausübung" charakterisiert.)

15. Schleswig-Holstein

§ 4 III LJagdG SH bestimmt:
"Eigentümerinnen oder Eigentümer oder Nutzungsberechtigte von befriedeten Bezirken und deren Beauftragte dürfen dort zur Schadensabwehr Füchse, Steinmarder und Wildkaninchen innerhalb der Jagdzeit tierschutzgerecht fangen, töten und sich aneignen. Eines Jagdscheines bedarf es hierzu nicht. Über die Zulassung von Ausnahmen zum tierschutzgerechten Fangen, Töten und Sichaneignen weiterer Wildarten mit Ausnahme der ganzjährig geschonten entscheidet die Jagdbehörde. Waffenrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt. Im übrigen gilt § 28 [LJagdG SH] entsprechend."

Auch hier liegt eine Allgemeingenehmigung vor. Allerdings darf die Bejagung der genannten Tierarten nur innerhalb der Jagdzeit und nur zum Zweck der Abwehr von Schäden, die von diesen Tieren ausgehen, vorgenommen werden. Auch hier wird auf die ohnehin geltenden Vorschriften des TierSchG sowie auf das evtl. Erfordernis einer Schießerlaubnis gem. WaffG hingewiesen.

16. Thüringen

In § 6 LJagdG TH heißt es:
"(3) Die untere Jagdbehörde kann eine beschränkte Ausübung der Jagd in befriedeten Bezirken gestatten. Eigentümer oder Nutznießer von befriedeten Bezirken können unter Beachtung des Tierschutzgesetzes Haarraubwild und Kaninchen fangen, töten und sich aneignen. Eines Jagdscheines bedarf es dazu nicht.
(4) Jagdhandlungen mit der Schusswaffe dürfen dem Eigentümer, dem Nutzungsberechtigten oder deren Beauftragten nur gestattet werden, wenn diese im Besitz eines gültigen Jagdscheines sind. Die waffenrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt. Das Aneignungsrecht steht dem Eigentümer oder Nutznießer zu."

In Abs. 3 Satz 2 ist wiederum eine Allgemeingenehmigung für die Jagd auf Haarraubwild und Kaninchen enthalten. Ein Jagdschein ist nicht erforderlich. Bei der Jagdausübung ist lediglich das TierSchG zu beachten. Gem. Abs. 4 bedarf der Einsatz von Schußwaffen aber einer Genehmigung, die nur Jagdscheininhabern erteilt werden darf.

17. Resümee

Bei der Ausübung dieser Rechte sind je nach Landesjagdgesetz unterschiedliche Rechtsvorschriften von Bedeutung.

In jedem Falle ist das Tierschutzgesetz - insbesondere dessen §§ 1, 4 I, 17, 18 - zu beachten. Soweit eine gesetzliche Allgemeingenehmigung oder eine behördliche Individualgenehmigung für diese Form der Jagdausübung vorliegt, existiert ein vernünftiger Grund für die Tötung eines Wirbeltiers. Oberster Grundsatz für deren Durchführung muß auch hier die Schmerzvermeidung sein. (Insoweit gilt sinngemäß das gleiche wie für die Schädlingsbekämpfung, so daß auf die dort gemachten Ausführungen verwiesen werden kann.)

Auch sind die Naturschutzgesetze zu befolgen, d.h. es dürfen keine geschützten Tiere erlegt werden. Die allgemein (d.h. direkt durch das Landesjagdgesetz) oder im Einzelfall (d.h. durch die Jagdbehörde) erteilte Jagdgenehmigung bezieht sich immer nur auf die darin erwähnten Tierarten.

In den Gesetzen Mecklenburg-Vorpommerns, Sachsen-Anhalts und Thüringens wird bezüglich der Jagdausübung explizit nur auf das Tierschutzgesetz hingewiesen; in Sachsen-Anhalt sogar mit dem Zusatz, daß die hier behandelte Form der Jagdausübung "unabhängig von jagdrechtlichen Beschränkungen" erfolge. Das heißt, die übrigen Gebote und Verbote des Bundes- und des Landesjagdgesetzes gelten insoweit nicht.
Anders ist die Rechtslage in den übrigen Ländern. Dort wird z.T. ausdrücklich die Beachtung des Jagdrechts gefordert oder sogar konkret auf einzelne Bestimmungen der Jagdgesetze verwiesen. Sofern dergleichen nicht der Fall ist, ergibt sich dieses Ergebnis aber implizit aus dem Befund, daß im Gesetzestext von "Jagdhandlungen" die Rede ist bzw. keine Ausnahme statuiert wird. Somit muß in diesen Ländern die Bejagung nicht nur tierschutzgerecht, sondern auch waidgerecht erfolgen. Ferner gelten hier auch die sachlichen Verbote, die in § 19 BJagdG und den entsprechenden Bestimmungen des jeweiligen Landesjagdgesetzes niedergelegt sind, sowie ggf. die Jagd- und Schonzeiten.

Ein Beispiel: Die Verwendung von Luftgewehren ist in Hamburg (§ 2 II HambJagdG) und Niedersachsen (§ 24 I 1 NJagdG) ausdrücklich verboten. Dieses Verbot ist unabhängig von der Frage, ob es einer besonderen Erlaubnis für den Schußwaffeneinsatz bedarf oder nicht. Und selbst dort, wo eine Verwendung von Luftgewehren prinzipiell möglich ist, sind selbstverständlich die Bestimmungen des Waffengesetzes (insbesondere § 12 IV 2 Nr. 1 lit. a) zu beachten.

Im übrigen ist für den Einsatz von Schußwaffen – mit Ausnahme der in § 12 IV 2 Nr. 1 u. 3 WaffG geregelten Fälle – eine zusätzliche Schießerlaubnis gem. § 10 V WaffG erforderlich, und zwar i.d.R. selbst dann, wenn es ohnehin einer vorherigen Genehmigung der Jagdbehörde bedarf. Eine solche Schießerlaubnis ist nur dann nicht notwendig, wenn der die Jagd im befriedeten Bezirk Ausübende zugleich Inhaber eines Jagdscheines ist, da hier die Regelung des § 13 VI 1 WaffG greift (Schießen zur befugten Jagdausübung durch Jäger). In diesem Fall ist der Jagdscheininhaber aber nach wie vor an § 20 I BJagdG gebunden.

Im Saarland und in Schleswig-Holstein wird diese Form der Jagd auch dadurch beschränkt, daß sie nur zum Zweck der Schadensabwehr erfolgen darf.
Darüber hinaus enthalten die meisten Landesjagdgesetze besondere Regeln für die Ausübung der Fangjagd. Weitere Beschränkungen oder Anforderungen ergeben sich aus dem (z.T. oben wiedergegebenen) Text des jeweiligen Landesjagdgesetzes.
(Vgl. ferner auch A. Lorz: Bundesjagdgesetz, 2. Aufl., München 1991, S. 30 ff.)

Die vorgestellten Bestimmungen weisen in ihrem Regelungsinhalt eine große Bandbreite auf. Manche Vorschriften kann man entstehungsgeschichtlich auf konkrete politische Konstellationen zurückführen. Das ist aber nicht überall der Fall. So hätte der Verf. z.B. in Nordrhein-Westfalen, wo früher die Grünen mitregiert haben, eine restriktivere Regelung erwartet, während in den CDU-/CSU-Hochburgen Baden-Württemberg und Bayern unerwartet strenge Regeln gelten.

Diese kurze Abhandlung hatte das Ziel, einige weitgehend unbekannte Bestimmungen des deutschen Jagdrechts vorzustellen und die verbreitete Auffassung, daß es zur Jagdausübung immer und überall unbedingt eines Jagdscheines bedürfe, zu korrigieren.


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