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Donnerstag, 24. Mai 2012

"Bomben auf Baku"

Ein nur wenig bekanntes Kapitel aus der Geschichte des Zweiten Weltkrieges stellt der Historiker Günther Deschner in seiner Schrift „Bomben auf Baku“ vor. Es geht um nichts weniger als die 1939/40 entworfenen britisch-französischen Pläne für massive Angriffe auf die südliche Sowjetunion, namentlich die Kaukasusregion. Damit sollten zwei Ziele verfolgt werden. Zum einen ging es um ein Abschneiden der deutschen Rohstoffzufuhren (vor allem Erdöl und Erdölprodukte) aus der SU, zum anderen um die Fortsetzung jenes schon nach 1917 begonnenen „Kreuzzugs gegen den Bolschewismus“. Deschner stellt die alliierten Planungen völlig zu recht in den Kontext der Intervention der Westmächte während des russischen Bürgerkrieges (1918-1919) und zeigt so langfristige Kontinuitäten des politischen Denkens auf, die teilweise bis heute fortwirken.

Konkret waren zunächst Luftangriffe gegen Industriezentren im Kaukasus geplant. Diese sollten durch Geheimdienstoperationen ergänzt werden, mithilfe derer bewaffnete Aufstände unter der dort lebenden Bevölkerung ausgelöst werden sollten. Schließlich waren auch Vorstöße zu Lande geplant, für die allein französischerseits eine Streitmacht von 150.000 Mann – vollmotorisiert! – zur Verfügung stand. Ins Werk wurde davon jedoch nichts gesetzt, doch fehlten die modernen Kampfflugzeuge und mechanisierten Verbände im Frühjahr 1940 während des Kampfes um Frankreich. Im Ergebnis waren die Planungen also nichts als eine große Diversion – allerdings nicht vom Gegner, sondern von den alliierten Generalstäben durchgeführt.

Deschner zeigt auf, daß das Kriegsbündnis der Jahre 1941 bis 1945 keineswegs natürlich war und auch andere Konstellationen denkbar gewesen wären. Des weiteren wird deutlich, daß die europäischen Großmächte keineswegs alle so friedliebend waren, wie sie sich selbst in der Rückschau gerne sehen. Und – das macht den aktuellen Wert des Buches aus – es werden jene westlichen Denkmuster hinsichtlich Rußlands aufgezeigt, die auch heute noch sehr oft anzutreffen sind, trotz alle Beteuerungen des Gegenteils.
Das führt zu einem weiteren, rein historischen Punkt: Da die Staatsführung der UdSSR von Deutschland über die Angriffspläne informiert worden war, baute sich bei ihr ein Mißtrauen gegenüber den Westmächten auf, das bis zum Kriegsende nicht abgebaut werden konnte. Ferner zeigt sich, daß um das Jahr 1940 herum von einem festgefügten völkerrechtlichen Verbot des Angriffskrieges keine Rede sein konnte.

Das Thema ist freilich nicht ganz neu und wurde bereits 1973 auch vom Spiegel aufgegriffen.


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Mittwoch, 28. März 2012

Die strategischen Streitkräfte der RF


Anfang März hat die Federation of American Scientists einen Bericht unter dem Titel "Russian nuclear forces 2012" vorgelegt. Das interessante Papier geht auf den derzeitigen Zustand und die Entwicklungsperspektiven der atomar bewaffneten strategischen Streitkräfte der Rußländischen Föderation ein. Aus der Fülle von Informationen seien an dieser Stelle einige wichtige Punkte herausgegriffen.

1. Landgestützte Interkontinentalraketen

Die Strategischen Raketentruppen haben derzeit 322 ICBMs mit etwa 1090 Sprengköpfen im aktiven Bestand. Ein erheblicher Teil der Trägerraketen muß jedoch in den nächsten Jahren ausgesondert werden, da sie ihr Lebensalter erreicht haben. Die Produktion neuer Systeme geht nur langsam vonstatten, ein auch nur annähernd vollständiger Ersatz der außerdienstgestellten Trägermittel ist nicht möglich. Mithin wird die Zahl der ICBMs in den nächsten zehn Jahren auf etwa 250 Stück sinken.

2. Seegestützte Interkontinentalraketen

Die Seekriegsflotte verfügt über 9 Atom-U-Boote, die Interkontinentalraketen tragen können (6 in der Nordflotte, 3 in der Pazifikflotte). Zusammen sind dies im Höchstfall 144 SLBMs mit bis zu 528 Sprengköpfen. Von diesen Schiffen sind in der Regel jedoch nicht mehr als sieben tatsächlich bewaffnet.

3. Strategische Bomber

Im Bestand der Fernfliegerkräfte befinden sich 72 strategische Bomber, die mit insgesamt 820 Atomsprengköpfen, getragen von Flügelraketen oder Bomben, bestückt werden können.

In den vergangenen Jahren mußten mehrere Bomber ausgemustert werden. Dasselbe trifft für den Großteil der raketentragenden U-Boote zu. Während die Zahl der landgestützten Systeme allerdings weiter drastisch sinken wird (s.o.), werden sich die maritimen und fliegenden Systeme wohl auf dem jetzigen niedrigen Niveau stabilisieren.

Abschließend noch einige Zahlen zum Vergleich: Auch in den NATO-Staaten ist die Zahl der Atomwaffen und ihrer Trägersysteme in den zurückliegenden 20 Jahren erheblich gesunken. Zur Zeit verfügen die USA über folgende strategische Streitkräfte: 420 einsatzbereite ICBMs, 14 SLBM-tragende Atom-U-Boote und 60 strategische Bomber. In Frankreich und Großbritannien stellen jeweils 4 SLBM-bestückte U-Boote den Hauptteil der strategischen Streitkräfte dar.



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Fotos: Wikipedia.

Mittwoch, 29. Februar 2012

Informationskrieg um Syrien



Ein schönes Beispiel für den mit allerlei Lügen und Halbwahrheiten gespickten Informationskrieg, der derzeit um Syrien tobt, kommt diesmal vom französischen TV-Sender France 24. In einem Bericht vom 27. Februar wird ein Video (s.o.) gezeigt, das wie folgt kommentiert wird:
"[...]

Other pieces of amateur video footage have also been posted online in recent months, showing what appear to be Russian-made armoured vehicles in action across Syria, tanks like this one for example, which is carrying surface to air missiles and opening fire in residential neighbourhoods in the Damascus suburbs of Douma. Despite growing international outcry, last year Russia boosted its arm sales to Syria.

[...]"
Dieser Bericht steckt voller Ungereimtheiten. Zunächst dürfte auch dem oberflächlichsten Betrachter auffallen, daß das dort gezeigte Fahrzeug gerade keine Fla-Raketen trägt (Lüge Nr. 1) und auch kein Kampfpanzer ("tank") ist. Vielmehr handelt es sich um eine 23-mm-Vierlingsflak, die auf einem Kettenfahrzeug montiert ist. Das gesamte Waffensystem heißt ZSU-23-4 "Schilka" und wurde ab Mitte der 1960er Jahre in der Sowjetunion produziert. Wie man mit einer derart alten Waffe die "Verdammung" der Rußländischen Föderation begründen will, bleibt das Geheimnis der französischen Journalisten.

Zweitens stellt sich die Frage nach den Umständen, unter denen das "Amateur"-Video entstanden ist. Erstens: Woher weiß man, daß das Fahrzeug tatsächlich von den syrischen Regierungstruppen und nicht von den Aufständischen der "Free Syrian Army" betrieben wird? Zweitens: Woher weiß man, daß das Video tatsächlich in einem Wohngebiet nahe Damaskus aufgenommen worden ist? Drittens: Wer sind die Urheber? Der Youtube-Poster nennt sich "DoumaCommandos", was nicht unbedingt nach einer friedlichen NGO klingt. Und die ständigen "AAlahuakbar"-Rufe sollten schon zu denken geben ...
Doch auf diese Fragen erhält man keine Antwort. Statt dessen - wie auch im deutschen Fernsehen - die übliche einseitige Anti-Assad-Propaganda, die schon lange an die Stelle echter Berichterstattung getreten ist, im vorliegenden Fall ergänzt um antirussische Ausbrüche, weil das Land sich weigert, die im "Westen" übliche Verengung von Gesichtsfeld und Gehirn mitzutragen.

Diesen "engagierten Journalismus" und die von ihm ausgehenden Gefahren einer Kreuzfahrermentalität hat Mick Hume dieser Tage sehr anschaulich beschrieben:
"[...]

This is an example of how the debate about Syria in the West is being shaped more by emotional reactions than by rational analysis. As Brendan O’Neill has noted on spiked, when it comes to Syria Western governments have largely abandoned proper geopolitics in favour of striking moralistic postures [...]. Meanwhile, the Western media focuses on the bloodshed caused by Assad’s crackdown on rebels in a city such as Homs, and repeats the familiar indignant cry that ‘something must be done’. The difficult question of what exactly that ‘something’ might be, and the more difficult question of what effect any increased intervention will have on the civil war, are shouted down in the emotional clamour for more action.

I did not know Marie Colvin. But to judge by her writing, it seems likely that, while the reporter may not have been comfortable with finding herself at the centre of the story, she would have approved of the way that the recent bloodshed in Homs is being used to demand further intervention. Writing for The Sunday Times (London) and sometimes broadcasting for the BBC, Marie Colvin was to the fore in a new school of war reporting that has developed in recent years, notably in the UK media. It is a fashionable current of war reporting with which some of us at spiked have often clashed.

Sometimes referred to by Americans as ‘I-was-there’ reporting, this school of journalism emphasises the role of the reporter as eyewitness to the horrors of war. It focuses less on the political causes and military strategies of war, and more on the human cost of conflict in terms of civilian suffering. Marie Colvin was a pioneer of this type of war reporting. As she explained in November 2010, speaking at a service to commemorate war reporters who had died in the previous decade, while the ‘sanitised’ language with which governments justify wars might change, ‘the scene on the ground has remained remarkably the same for hundreds of years. Craters. Burned houses. Mutilated bodies. Women weeping for children and husbands. Men for their wives, mothers [for their] children. Our mission is to report these horrors of war with accuracy and without prejudice.’

Focusing on mutilated bodies and weeping women and men, this school of war reporting tends to cast conflicts in simple moral terms of victims and aggressors. It uses undoubtedly emotive images and reports to demand that something must be done, that the international community – meaning the West – must intervene in conflicts around the world. The journalists involved can sound less like objective reporters than crusaders on a personal mission.

Colvin was praised as ‘a crusader’ by her editor. In her last despatches from Homs before her death, she called desperately for more intervention to defend the civilian population: ‘In Baba Amr. Sickening, cannot understand how the world can stand by. Watched a baby die today. Shrapnel, doctors could do nothing. His little tummy just heaved and heaved until he stopped. Feeling helpless.’ Those of us who try to argue that more Western intervention can only exacerbate the crisis in Syria are confronted with the counter-argument of dead babies.

The debate about this current in war reporting really took off in the 1990s around the wars in Bosnia and elsewhere in the Former Yugoslavia. Martin Bell of the BBC argued that Bosnia had shown the need for a new ‘journalism of attachment’, a sort of war reporting ‘that cares as well as knows’. During the Balkan conflicts, leading Western correspondents became ‘laptop bombardiers’, leading calls for more military intervention against the Serbs.

A few years ago this sort of reporting was still being seriously questioned by more old-school writers and editors, notably in the US media. For example, in an April 2000 article about Marie Colvin published in the American Journalism Review, a foreign editor from the New York Times spoke about the importance of ‘keeping emotions and judgements in check’ among his reporters: ‘We are not referees in the conflicts of the world… Advocacy journalism, in our eyes, is always suspect.’

Today, however, it seems that, while almost nobody would endorse the phrase ‘journalism of attachment’, that approach to war reporting has triumphed over the traditionalists. Bell himself wrote last week that ‘the targeted killing’ of Marie Colvin confirmed that ‘bystander journalism is now a thing of the past. Journalists are not the main players but are important in any conflict.’ He argued that ‘the more we see and read about innocent civilians being caught in the crossfire, the harder it is for [Western] governments to remain inactive and indifferent’. Bell was clear that it was the reporters who transmitted ‘a sense of imminent catastrophe’ in Libya last year who had paved the way for the Anglo-French aerial war of intervention there. Now other reporters are taking up Colvin’s cause and demanding more intervention in Syria.

Some of us have taken issue with these developments in war reporting from the start. In 1997 I wrote a pamphlet entitled Whose War Is It Anyway? The Dangers of the Journalism of Attachment. There is no space here to rehearse all the arguments about objectivity and emotionalism. But one point worth repeating concerns the danger of reducing complex conflicts to simple moral issues, by focusing on the suffering of civilians removed from any wider political context. As Marie Colvin said, the tales of carnage and suffering ‘on the ground’ do not change much from one war to the next. But what can that tell us about the specific causes and consequences of that conflict, or what the solution might be? It can only end in another demand for something-must-be-done intervention. The hard truth is that, from Bosnia onwards, Western intervention has been a disaster for those on the receiving end. Yet it is still offered as the only solution for those facing repression at the hands of despotic regimes in Libya and now Syria.

There is an irony in the way that some reporters who insist the news should focus on civilian suffering often seem to find themselves at the centre of the story. As one injured French journalist in Homs told the world last week, ‘I need a ceasefire’. It seems that the question ‘whose war is it anyway?’ is still worth asking. Discussing the inherent dangers of the I-was-there school in that AJR article from 2000, Marie Colvin noted that ‘it is easy to go over the top’. Some younger reporters might do well to heed her advice.

Since her tragic death, Marie Colvin has been widely praised as an example of the public good that journalists can do, a world removed from the allegations of sleaze and crime around the phone-hacking scandal and the Leveson Inquiry. Those like Colvin who fearlessly report what they witness are indeed crucial to making the news and informing the world. When reporters become crusaders, however, it is not good news for journalism or for political debate.

[...]"

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Freitag, 16. Dezember 2011

Zwei scharfe Klingen ...


... haben in den zurückliegenden drei Monaten ihren Weg in meine Sammlung gefunden. Dies war zunächst ein Strash (dt.: Wache) des rußländisch-dagestanischen Herstellers Kizlyar. Das Strazh ist ein netter kleiner Dolch, der gefällig in der Hand liegt. Messer und Scheide sind, wie von Kizlyar gewohnt, sehr gut verarbeitet. Das Messer ist hierzulande zwar nicht führbar (wegen § 42a WaffG), aber dennoch ein schönes und ausgefallenes Sammlerstück.

Zum Kauf des zweiten Messers wurde ich durch das Visier-Sonderheft 61, worin regionale französische Messer vorgestellt worden sind, animiert. Besonders sagten mir die etwas wuchtigeren Modelle zu, als Ergänzung zu den Opinels. Die Wahl fiel schließlich auf ein korsisch anmutendes Hirtenmesser U Ricorsu classique von Le Berger. Der Versand gestaltete sich zwar etwas schwieriger, da die Firma anscheinend kein Bankkonto besitzt, aber letztlich waren beide Vertragspartner befriedigt. Die Qualität ist angesichts des moderaten Preises hervorragend. Und auch optisch mach das Le Berger einiges her. :-)



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Donnerstag, 18. August 2011

Die deutsche Frage III

Seit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten hat sich eine seltsame Diskussion erhoben. Infolge der Öffnung der MfS-Archive wird bezüglich der BRD von einer „unterwanderten Republik“ (Hubertus Knabe) gesprochen. Man wähnt überall Einflußagenten östlicher Geheimdienste und hält sogar die – angesichts der Gesamtlage völlig normale – Spionagetätigkeit der DDR für ethisch verwerflich. Dies gipfelt dann regelmäßig in Forderungen nach der Enttarnung von „Stasi-Spitzeln“, nach einem weiteren „gaucken“ von Amtsträgern usw. usf. Komischerweise geht es dabei immer nur um die vor 22 Jahren aufgelöste Staatssicherheit der DDR. Die Frage, inwieweit die BRD von Agenten westlicher Geheimdienste unterwandert war, wird meist gar nicht gestellt oder als irrelevant abgetan. Dabei sollte es doch eigentlich keinen Unterschied machen, in wessen Auftrag ein Westdeutscher Landesverrat begangen hat.

Erfreulicherweise hat sich der Historiker Herbert Elzer dieses Desiderats angenommen und arbeitet einen Teilaspekt in der Studie „Die Schmeisser-Affäre – Herbert Blankenhorn, der ‚Spiegel’ und die Umtriebe des französischen Geheimdienstes im Nachkriegsdeutschland (1946-1958)“ auf. Was der Sache nach eine solide, primärquellengestützte, historische Monographie ist, liest sich wie ein verwirrender Agententhriller. Das liegt freilich nicht an den mangelnden Fähigkeiten des Autors, sondern an den chaotischen Zeitverhältnissen. Festzuhalten bleibt, daß es zahlreiche zwielichtige Gestalten gab, die zugleich für einen der französischen Dienste und eine deutsche Verfassungsschutzbehörde arbeiteten und sich außerdem im Schwarz- und Nachrichtenhandel betätigten.

Erstaunlich ist allerdings, daß es einigen dieser Figuren gelang, in höchste westdeutsche Regierungskreise einzudringen, ja sogar Bundeskanzler Adenauer abzuschöpfen. Mit Adenauers engem Vertrauten Herbert Blankenhorn bestand eine enge Kooperation, in der Blankenhorn Informationen gegen Entgelt und Lebensmittel an die Franzosen verkaufte. Ebenso waren, das dürfte feststehen, sämtliche westdeutschen Nachrichtendienste von Agenten der Westalliierten durchsetzt. Hierbei ging es nicht nur um Informationsbeschaffung, sondern auch um die Förderung separatistischer Aktivitäten, wie sie im Saargebiet am augenfälligsten war. Franz Josef Strauß befürchtete schon 1954, „daß in allen Ministerien und in allen wichtigen Dienststellen Vertrauensleute östlicher und westlicher Nachrichtendienste sitzen“. Deshalb plädierte er für eine genaue Überprüfung aller Geheimnisträger.

Elzer schreibt dazu:
„[…]

Eine „unterwanderte Republik“ (Hubertus Knabe) bestand schon in der Gründerzeit, bevor die Staatssicherheit der DDR das ihre dazu beitrug. Obwohl der Kalte Krieg tobte, verliefen die Frontlinien keineswegs ausschließlich entlang der ideologischen Barrieren. Im Laufe der 1950er Jahre bröckelten allmählich die Beziehungen zwischen den Geheimdiensten der Westmächte und der Sowjetunion ab – das geteilte Deutschland wurde „zum eigentlichen Schlachtfeld des geheimen Krieges“. Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sah dies anders aus, mochten auch die Gemeinsamkeiten schwinden. Eine bestand jedenfalls fort: das mit größter Kraftanstrengung niedergerungene Deutschland nicht wieder zu einem Faktor werden zu lassen, der den Weltfrieden in Gefahr bringen konnte. Hier die Grenzen zu ziehen, war freilich nicht einfach: Die UdSSR und Frankreich gingen in der Außenpolitik deutlich weiter in ihren Eindämmungbestrebungen als die Vereinigten Staaten und Großbritannien. Ähnlich verhielt es sich in der Parallelwelt der Geheimdienste.

[…]“ (S. 11)
Und:
„[…]

Die mißtrauischen Westalliierten unterwanderten planmäßig Behörden und Institutionen der Bundesrepublik Deutschland. Die Sorge vor einem Wiedererwachen des Nationalsozialismus führte die Feder. Insoweit ist dieses Verhalten verständlich, wenngleich Washington, Paris und London ängstlich bemüht waren, ihre Anstrengungen im Verborgenen zu halten. Der Fall Schmeisser dürfte nur die Spitze des Eisbergs darstellen. Man muß nicht so weit gehen, die gesamte innere und äußere Prägung der Bundesrepublik der „große(n) Spinne des Nachrichtenwesens“ zuzuschreiben, mit der die Westmächte heimlich ihre Werte und Ziele den ohnmächtigen Deutschen aufoktroyiert hätten. Allein, Informanten und Kontrolleure gab es gewiß in großer Zahl.

[…]“ (S. 59)
Angesichts dieser Befunde erhebt sich die Frage, wie es denn seit Ende der 1950er Jahre um dieses Problem bestellt ist. Im Juni ist bekanntgeworden, daß die CIA den seinerzeitigen Präsidenten des BKA, Paul Dickopf, als V-Mann geführt und für seine Dienste auch Geld an ihn bezahlt hat. Der Fall des amerikanischen Spitzels in der FDP-Führung, der infolge der Wikileaks-Enthüllungen bekannt wurde, ist ein weiteres Indiz dafür, daß die Unterwanderung deutscher Institutionen nach wie vor besteht. Und im Gegensatz zu irgendwelchen MfS-IMs, die schon vor über 20 Jahren „abgeschaltet“ worden sind, werden davon vermutlich auch aktuell die deutschen Sicherheitsinteressen beeinträchtigt.


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Dienstag, 17. Mai 2011

Fremd- und Selbstbilder im Wissenschaftsbetrieb


In den letzten Wochen habe ich mehrere Programme für wissenschaftliche Veranstaltungen über die sowjetische Geschichte sowie die gegenwärtige Politik auf den Tisch bekommen, die einen deutlichen Unterschied aufweisen. Im Rahmen der Ringvorlesung „Stalinistischer Terror in der Sowjetunion und in Osteuropa“ der Berliner Humboldt-Universität (April bis Juli 2011) treten insgesamt 16 Referenten auf, von denen jedoch nur einer aus Rußland kommt. (Und der vertritt natürlich die mit einem Heiligenschein versehene Organisation Memorial.) Die übrigen Vorträge werden von Akademikern aus Deutschland, den USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada und Ungarn gehalten.

Nichts gegen diese Herren! Manchen von ihnen sind ausgewiesene Kapazitäten. Dennoch drängt sich der Verdacht auf, daß die verantwortlichen Berliner Professoren lieber über die Russen als mit ihnen reden. Wo sind die zahlreichen Historiker aus der RF, die Aufsätze und Monographien über den stalinistischen Terror schreiben sowie Quelleneditionen herausbringen? Ohne deren Vorarbeiten wären viele Projekte ihrer ausländischen Kollegen kaum möglich.
Dasselbe Bild ergibt sich bei einem Blick in die akademische Literatur. Deutsche Verlage geben lieber Geld für die Übersetzung eines Rußlandbuches aus dem Englischen aus, anstatt dem deutschen Publikum das Werk eines russischsprachigen Historikers vorzulegen. Muß man Osteuropa unbedingt nur durch die angloamerikanische Brille betrachten?

Die beiden folgenden Beispiele zeigen, daß es auch anders gehen kann, allerdings spielten deutsche Universitäten bei der Zusammenstellung der Programme nur eine kleine Rolle. Vom 5. bis 7. Mai fand in Paris eine Tagung zum Thema „Die Sowjetunion und der Zweite Weltkrieg“ statt. Auf dieser waren zahlreiche Wissenschaftler aus der RF vertreten. Ähnlich stellt sich die Agenda der Konferenz „Vom Krieg zur gemeinsamen Verantwortung für Frieden und Sicherheit in Europa“, welche für den 3. Juni in Berlin geplant ist, dar. Vortragende und Diskutanten sind zu fast gleichen Teilen Deutsche und Russen. Derartige Veranstaltungen, in denen man miteinander und nicht übereinander spricht, versprechen doch erheblich größere Erträge, nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht.


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Dienstag, 12. April 2011

Das libysche Labyrinth


„Einen guten Journalisten erkennt man daran, daß er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; daß er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“ (Hanns Joachim Friedrichs)
Vorab: Obwohl ich mich vor einigen Jahren intensiver mit dem Nahen und Mittleren Osten beschäftigt und sogar begonnen habe, Arabisch zu lernen, bin ich alles andere als ein Experte für diese Region. Mein Interesse hat sich auf den eurasischen Raum verlagert, nachdem ich feststellen mußte, daß die arabische Sprache ein Maß an Zeit und Aufmerksamkeit erfordert, welches ich nicht erübrigen konnte. Dennoch werfen die Ereignisse in Libyen (und die Berichterstattung darüber) einige Fragen auf, die ich nachfolgend formulieren möchte.

Rückblende: Kosovokrieg 1999

Was und wie seit zwei Monaten über Libyen in unseren Medien berichtet wird, erinnert auf fatale Weise an den Kosovo-Krieg des Jahres 1999. Damals hatte der „Westen“ plötzlich das Bedürfnis, den Kosovoalbanern zu einem eigenen Staat zu verhelfen. Deshalb tauchten aus dem Nichts „Freiheitskämpfer“ auf, die unter dem Namen UCK liefen. Es häuften sich „Berichte“ über Greueltaten jugoslawischer Sicherheitskräfte an den Albanern. Die deutsche Bundesregierung hatte angeblich sogar einen detaillierten Völkermordplan enthüllt („Hufeisenplan“) und der damalige Außenminister Joseph Fischer verstieg sich gar dazu, daß man ein neues Auschwitz verhindern müsse.

Nachdem sich der Pulverdampf des Krieges und der Propaganda gelegt hatte, stellte sich freilich heraus, daß in diesem Krieg unheimlich viel gelogen wurde, um die „humanitäre Intervention“ zu rechtfertigen. Soweit es tatsächlich Kriegsverbrechen der Serben gegen Albaner gegeben hatte, hatten sie meist erst nach Beginn der NATO-Bombardierungen stattgefunden und konnten somit den Krieg nicht rechtfertigen. Der Hufeisenplan hat sich als Lüge entpuppt. Und die angeblichen Freiheitskämpfer der UCK waren damals wie heute vor allem eines: Kriminelle. Heute, anno 2011, müssen NATO und EU nicht einmal mehr den Schein waren und verhaften ehemalige UCK-Kämpfer, die im neuen Staat Kosovo in hohe Staatsämter aufgestiegen waren, wegen diverser Straftaten – auch Kriegsverbrechen gegen Serben 1999. Damit verfestigt sich der Eindruck, daß es 1999 nicht um humanitäre Gründe, sondern um die Auflösung des Staates Jugoslawien gegangen ist. Dieses politische Ziel wurde schließlich im Jahr 2006 erreicht.

Bürgerkrieg in Libyen

Aufgrund dieser Erfahrungen bin ich sehr skeptisch gegenüber den Behauptungen, die Sicherheitskräfte des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi hätten Greueltaten gegenüber der „Zivilbevölkerung“ verübt und würden weitere Verbrechen gegen die Menschlichkeit beabsichtigen. Bisher liegen, soweit ich sehen kann, keine stichhaltigen Beweise für derartige Verbrechen vor. Selbige müßten ja riesige Leichenberge hinterlassen haben, welche man z.B. fotografieren könnte.

Was in Libyen tatsächlich vorgeht, ist ein Bürgerkrieg. Und die einzigen beweisbaren Angriffe der libyschen Streitkräfte richten sich nicht gegen eine diffus bleibende Zivilbevölkerung, sondern gegen Aufständische. Bei letzteren handelt es sich um desertierte Einheiten des Militärs und der Sicherheitskräfte sowie um aus ehemaligen Zivilisten bestehende Milizen, die von einigen ostlibyschen Stadträten organisiert worden sind. Mithin ist es absurd, wenn davon gesprochen wird, Gaddafi zwinge seinem Volk einen Bürgerkrieg auf. Nein, er kämpft gegen bewaffnete Aufständische.

Dies würde übrigens jeder deutsche Bundeskanzler in einer vergleichbaren Lage ebenfalls tun. Einige Journalisten sollten, bevor sie Gaddafi verurteilen, Artikel 87a Absatz 4 des deutschen Grundgesetzes lesen:
„Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. [...]“
Das dürfte grundsätzlich dem entsprechen, was gerade in Libyen geschieht.

Die obskure Opposition

Wer steckt hinter der Opposition, der im Westen gerade die Sympathien zufliegen? Ist sie es wirklich wert, unterstützt zu werden? Hierfür sei zunächst auf diesen Hintergrundbericht von Stratfor verwiesen: „Libya’s Opposition Leadership comes into Focus“. Die Opposition ist nicht nur sehr heterogen, sie ist auch Fleisch vom Fleische Gaddafis. Zu ihren Anführern zählen mehrere ehemalige Minister und Beamte seiner Regierung, die allerdings im Februar und März schnell genug die Seiten gewechselt haben.
Darunter ist auch der Militärchef der „Übergangsregierung“ Abdel Fattah Younis, der noch bis vor wenigen Wochen als Innenminister in Tripolis residierte. In dieser Funktion hat er mit Sicherheit an den Menschenrechtsverletzungen teilgenommen, die man Ghaddafis Regime vorwirft. Aber er war schlau genug, die Zeichen der Zeit zu erkennen – der Weg vom Folterknecht zum „Freiheitskämpfer“ kann kurz sein (zumindest in der Darstellung der westlichen Medien).

Aufgrund der personellen Kontinuitäten der Opposition zur Regierung Gaddafis erwarte ich bei einem (unwahrscheinlichen) Sieg der (militärisch wenig potenten) Aufständischen keine Verbesserung der Herrschaftspraxis in Libyen. Mit anderen Worten: Es dürfte weitergehen wie gehabt, nur mit einigen anderen, z.T. schon bekannten Personen an der Spitze. Deshalb ist mir schleierhaft, wie man diese Opposition verklären und für sie bedingungslose Unterstützung einfordern kann. Ist der Haß auf Gaddafi wirklich so groß, daß alle anderen Aspekte darüber vergessen werden? Warum sollte ein Sieg dieser Figuren wünschenswert sein? Zumal wohl niemand weiß, wie groß ihr tatsächlicher Einfluß auf die bewaffneten Haufen der diversen Milizen ist.

Es kommt noch schlimmer: Ein Großteil der Mitglieder des Rebellenrates hält seine Identität geheim - angeblich aus Angst vor Repressionen Gaddafis. Diese Sorge mag berechtigt sein, doch woher wollen die westlichen Politiker und Journalisten dann wissen, daß es sich bei den Rebellen um die unterstützenswerten „Guten“ handelt?

Mich würde interessieren, was die wahren Hintergründe dieses Konfliktes sind. Regionale Stammesdifferenzen, Elitenkämpfe, Streit um die Verteilung der Einnahmen aus der Rohstofförderung? Um Freiheit, Demokratie und Menschenrechte kann es nicht primär gehen, sonst würden die Aufständischen (die nicht identisch mit „dem Volk“ sind!) nicht frühere Spitzenleute Ghaddafis als ihre Anführer dulden. Oder wird jetzt versucht, alle tatsächlichen und vermeintlichen Untaten Ghaddafi persönlich anzulasten, um seine gewesenen Minister als moralisch sauber darzustellen?

Die UN-Resolutionen

Die Resolution 1973 (und, ergänzend, Resolution 1970) des UN-Sicherheitsrates hatten für Libyen eine mehrstufige Lösung des Konflikts im Auge: Isolierung Libyens durch diverse Sanktionen, Einrichtung einer Flugverbotszone zum Schutz von Nichtkombattanten (!), Beginn von Verhandlungen unter maßgeblicher Einbeziehung der Afrikanischen Union.

Davon ist sowohl in der Medienberichterstattung als auch in der Praxis des Krieges wenig übrig geblieben. Der Schutz der Zivilbevölkerung vor den behaupteten Massakern des libyschen Militärs mutierte zur bewaffneten Unterstützung von Aufständischen. Über Verhandlungen mit Ghaddafi wurde fast gar nicht mehr gesprochen. Im Gegenteil, ausländische Politiker erklärten seine Absetzung zum Kriegsziel. Als ob Washington, London oder Paris darüber zu befinden hätten, wer in anderen Hauptstädten regieren darf – Artikel 2 Nr. 4 u. 7 der UN-Charta ist weithin in Vergessenheit geraten.
Die Handlungen der NATO und jener Staaten, die Krieg gegen Libyen führen, sind somit teilweise völkerrechtswidrig. Dies trifft insbesondere auf Waffenlieferungen an die Rebellen zu, die unzweifelhaft dem mit Resolution 1973 verhängten Waffenembargo widersprechen. Doch anders als im Kosovokrieg 1999 hat man sich diesmal wenigstens um eine UN-Resolution bemüht, um so den Anschein der Legalität zu wahren.

Die Arabische Liga, auf deren Verlautbarungen man in den Tagen vor Kriegsbeginn so viel Wert gelegt hatte, um die Unterstützung der islamischen Länder im Nahen und Mittleren Osten zu finden, wurde wieder an den Rand gedrängt.

Mangelnde deutsche Solidarität?

Von einigen Politikern und Journalisten wurde bedauert, daß sich Deutschland bisher nicht an diesem Krieg beteiligt. Hinzu kam der Vorwurf mangelnde Solidarität mit den Verbündeten. Diese Solidarität ist jedoch keine diffuse Angelegenheit, sondern hat in Artikel 5 des NATO-Vertrages eine konkrete völkerrechtliche Grundlage. Diese setzt einen bewaffneten Angriff auf einen Mitgliedsstaat des Nordatlantikpaktes voraus, was hier offensichtlich nicht der Fall war. Wenn nun die Regierungen einiger NATO-Mitglieder meinen, in Nordafrika Krieg führen zu müssen, dann ist das deren Sache. Deutsche Bündnissolidarität können sie für solche spätkolonialen Abenteuer jedoch nicht einfordern.

Im übrigen bleibt es jenen deutschen Politikern, die gerne in der libyschen Wüste auf den Spuren des „Wüstenfuchses“ Erwin Rommel wandeln möchten, unbenommen, nach Bengasi zu reisen, sich dort ein Gewehr geben zu lassen und dann gegen die libyschen Regierungstruppen zu kämpfen. Doch im Gegensatz zu Theodore Roosevelt anno 1899 dürfte es den meisten deutschen Politikern am notwendigen persönlichen Mut fehlen.

Die Zweifel an diesem Krieg mehren sich, wenn man die teilnehmenden Staaten betrachtet.
Frankreich hat als erster Staat die Rebellen als libysche Regierung anerkannt. Falls die Berichte stimmen sollten, wonach Präsident Sarkozy diese Entscheidung aufgrund den Einflüsterungen des „Kriegsphilosophen“ Bernard-Henri Levy ohne Rücksprache mit seinem Außenministerium getroffen hat, dann spricht das stark gegen den französischen Staatschef. Ein solch unüberlegtes Verhalten ist unprofessionell und keine Basis, auf der er von Deutschland einen militärischen Beitrag einfordern könnte.

Ferner beteiligt sich auch die belgische Luftwaffe an den Bombardierungen. Dabei ist Belgien ein Staat, der sich seit Monaten in einer tiefen Krise befindet; es droht die Auflösung des Landes. Obwohl Belgien schon lange keine „richtige“ Regierung mehr hat, meinen die derzeitigen Machthaber in Brüssel offenbar, daß es notwendig sei, in Nordafrika zu kämpfen. Schöne „Alliierte“. Ob sie so von ihren inneren Problemen ablenken wollen?
Dem Vernehmen nach beteiligt sich auch Griechenland an den Operationen. Wäre es für dieses Land, das sich seit geraumer Zeit am Staatsbankrott entlanghangelt (und wohin auch deutsche Steuergelder reichlich fließen), nicht besser, die gesamte Staatstätigkeit einschließlich des Militärs auf ein unbedingt notwendiges Minimum zu reduzieren?

Ach ja, falls sich jemand über die in den letzten Wochen gestiegenen Spritpreise wundern sollte: Deutschland war bis vor kurzem neben Italien der Hauptabnehmer libyschen Erdöls. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß die deutsche Energiesicherheit nicht durch die pösen Russen, über deren vermeintliche „Gaskriege“ man seit Jahren diskutiert, sondern durch unsere Verbündeten in der NATO ernsthaft gefährdet wird.

Die Lage in Bahrain

Im Mitte März 2011 hat es eine militärische Intervention verschiedener Golfstaaten in Bahrain gegeben. Das Ziel bestand hier jedoch nicht in der Unterstützung der Aufständischen, sondern in der gewaltsamen Niederschlagung der schiitischen Proteste gegen das sunnitische Herrscherhaus.
Die USA beließen es hier bei kaum ernstzunehmenden verbalen Protesten, vermuten sie doch ihren Erzfeind Iran als Drahtzieher hinter der Opposition. Wenn also in Bahrain eine „demokratische“ Opposition auftritt, dann darf sie von der Obrigkeit unterdrückt werden. Passiert dasselbe in Libyen, werden die Aufständischen unterstützt.

Zu guter Letzt: Ägypten

Zwischenzeitlich war es in Ägypten etwas ruhiger geworden. Am 19. März wurde eine Volksabstimmung über Verfassungsänderungen abgehalten. Sog. „liberale“ Kräfte in Kairo meinten aber kurz danach, dieses Referendum habe im Ergebnis den Moslembrüdern in die Hände gespielt. Eine Vertagung der Wahlen wäre für die Demokratie besser gewesen. Und nun hat es dieser Tage wieder größere Demonstrationen in Kairo gegeben, die von der Armee nach Eintritt der Sperrstunde geräumt wurden. So zeigt sich, daß die großspurigen Hoffnungen auf eine als Verwestlichung gedachte Demokratisierung Ägyptens getrogen haben. Im Kern hat sich im Land am Nil nichts geändert.

Es wird vermutlich noch für viele Lobredner und Enthusiasten der „arabischen Revolution“ ein böses Erwachen geben. Mubarak ist weg, trotzdem bleibt in Kairo fast alles beim alten. Der mehrfach totgesagte Gaddafi hält sich an der Macht und kann auch nicht weggebombt werden.
Insofern mußte ich an Majakowskijs „Ode an die Revolution“ denken, die dieser 1918 schrieb. Obwohl er ein fanatischer Bolschewist war, überkamen ihn offenbar Zweifel angesichts des Chaos und der Gewalt, die der Oktoberrevolution folgten:
„[…]

Welchen Ausgang nimmst du noch, doppelgestaltige?
Stehst du als stattliches Bauwerk auf
oder – bloß als Ruinenhauf?


[…]“

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Foto: AFP.

Sonntag, 31. Oktober 2010

31.10.2010: Text des Tages

Alphonse Daudets Roman "Tartarin von Tarascon" habe ich vorgestern hier im Blog vorgestellt. Nachfolgend daraus ein Kapitel über den Selbstschutz des Helden bei seinem allabendlichen Gang in den Klub - genauso ironisch geschrieben wie das gesamte Buch:
"Wie Herr Tartarin seinen Club besucht

Die Tempelherren trafen ihre Vorbereitungen, wenn sie einen Ausfall gegen die Ungläubigen machen wollten, die sie belagerten; die chinesischen Krieger bereiten sich auf ihre ganz eigentümliche Weise zum Kampfe vor; der rothäutige Comanche trifft seine besonderen Vorkehrungen, wenn er sich auf den Kriegspfad begibt – das alles zusammengenommen will aber gar nichts heißen gegen die Art und Weise, wie sich Herr Tartarin aus Tarascon von Kopf bis Fuß ausrüstete, wenn er sich um neun Uhr des Abends in seinen Klub begab – eine Stunde, nachdem die langgezogenen Töne der Retraite verhallt waren. Alles klar zum Gefecht – so pflegen es die Matrosen zu nennen.

In der linken Hand trug Tartarin eine Keule mit eisernen Spitzen, einen echten alten Morgenstern, in der rechten einen Stockdegen, in der linken Tasche einen Schlagring, in der rechten einen Revolver. Auf der Brust blitzte, zwischen der Weste und der wollenen Binde, ein malayischer Kris. Einen Bogen und vergiftete Pfeile führte er übrigens niemals bei sich, was besonders anerkannt zu werden verdient; für einen tapferen Mann, der seinem Gegner kühn entgegenzutreten willens ist, ziemen sich solche Waffen nicht.

In der Stille und Dunkelheit seines Zimmers machte er, bevor er sich auf die Wanderschaft begab, einige leichte Übungen. Er zog den Degen, legte aus und schlug ein paarmal in die Luft; dann schoß er ein paar Kugeln gegen die Wände ab und ließ schließlich seine Muskeln spielen, um sich vom Vorhandensein der eigenen Körperkraft zu überzeugen. War er mit diesen Vorbereitungen zufrieden, so nahm er seinen Hausschlüssel und ging langsam und bedächtig quer durch den Garten. Aber immer hübsch langsam, sich nur nicht beeilen – immer vorsichtig, wie die Engländer, das ist die einzig richtige Methode. An der Gartenmauer angelangt, wartete er einen Augenblick und öffnete dann die breite eiserne Türe; er stieß sie schnell, heftig, mit einem gewaltigen Ruck auf, so daß sie außerhalb des Gartens an die Mauer anschlug. Wenn »sie« sich etwa hinter ihr versteckt gehalten hätten, »sie« wären unfehlbar zu Brei gequetscht worden. Unglücklicherweise hatten »sie« sich aber niemals dahinter versteckt.

Nun war die Türe offen und Tartarin trat hinaus; schnell warf er noch einen Blick nach rechts und links, warf dann geschwind die Türe ins Schloß und drehte den Schlüssel zweimal um. Nun befand er sich auf der Straße.

Auf der Chaussee nach Avignon war um diese späte Stunde gewöhnlich auch nicht eine Katze sichtbar. Die Häuser waren geschlossen, die Lichter hinter den Fenstern ausgelöscht. Rings alles still und dunkel, nur ganz vereinzelt standen die Straßenlaternen, und auch deren Licht vermochte kaum durch den dichten, aus der Rhone aufsteigenden Nebel hindurchzudringen.

Stolz und würdevoll ging nun Herr Tartarin in die Nacht hinaus, trat kräftig auf, so daß seine Schritte in schönstem Takte durch die stillen Straßen hallten und schlug von Zeit zu Zeit mit der eisernen Spitze seines Stockes, in dem der Degen nur lose saß, auf die Pflastersteine, daß die Funken stoben. Ob er nun durch Straßen, durch Gassen oder Gäßchen ging, immer nahm er seinen Weg hübsch in der Mitte des Fahrdammes. Das ist eine ausgezeichnete, gar nicht genug zu empfehlende Maßregel der Vorsicht; man bemerkt beizeiten die drohende Gefahr und vermeidet so allerhand merkwürdige Dinge, die in den Straßen von Tarascon des Abends manchmal zum Fenster herausfallen. Man sieht also, es war pure Vorsicht, was Tartarin bewog, sich von den Häuserreihen entfernt zu halten; Vorsicht, und nicht etwa Furcht.

Als bester Beweis dafür, daß Tartarin keine Furcht kannte, mag gelten, daß er bei der Heimkehr aus dem Klub nicht etwa so schnell er irgend konnte nach Hause lief, sondern daß er ruhig und unerschrocken durch die Stadt ging, durch ein Gewirr kleiner, stockdunkler Gäßchen, an deren Ende man die Rhone unheimlich blinken sah. Der Ärmste hoffte, wenigstens auf dem Rückwege einen von jenen Beutelschneidern und Mordgesellen zu begegnen; er glaubte bei jedem Schritte, jetzt würden »sie« aus dem tiefen Schatten plötzlich auftauchen und ihn von hinten anzufallen suchen. Oh, »sie« würden hübsch empfangen werden, das war sicher. Aber ein tückisches Geschick fügte es, daß Herr Tartarin niemals, absolut niemals das Glück hatte, mit dem Gesindel zusammenzutreffen. Kein Trunkenbold, kein Hund stellte sich ihm in den Weg. Nichts! Es war zum Verzweifeln.

Einmal glaubte er seiner Sache sicher zu sein und sein Sehnen erfüllt zu sehen; es war aber blinder Lärm. Er hörte das Geräusch von Schritten und flüsternde Stimmen. Tartarin stand wie angedonnert. »Aufgepaßt!« sagte er zu sich selbst. Er stellte sich zuerst so, daß sein Schatten ihn nicht verraten konnte und der Wind nicht von ihm zu jenen hinblies, dann legte er das Ohr an den Erdboden, um genau zu hören; das alles waren Kunstgriffe, die er in den Indianergeschichten gefunden und sich wohl eingeprägt hatte.

Die Schritte nähern sich, die Stimmen werden immer lauter, schon lassen sie sich deutlich voneinander unterscheiden, kein Zweifel: »Sie« kommen, »sie« sind schon da. Tartarins Auge blitzte, seine Brust hob und senkte sich stürmisch; schon kauert er sich nieder wie ein Jaguar, der zum Sprunge ansetzt, schon will er sein lange eingeübtes Kriegsgeschrei ausstoßen – da tauchen die Gestalten aus dem tiefen Schatten auf, und zugleich hört er sich in aller Gemütlichkeit im echten unverfälschten tarasconischen Dialekt anrufen:

»Sieh da! da steht ja Tartarin! Guten Abend, Tartarin, und gute Nacht!«

Verdammt! Das war der Apotheker Bezuquet, der in Begleitung seiner Familie von Costecalde kam, wo er »sein Lied« gesungen hatte.

»Guten Abend! Guten Abend!« brummte Tartarin, wütend über das Zunichtewerden seiner Hoffnungen und Träume. Grimm im Herzen und den Spazierstock über dem Haupte schwingend, verschwand er im Dunkel.

Wenn er vor dem Hause angelangt war, in dem der Klub sein Versammlungslokal hatte, pflegte der mutige Tarasconese, bevor er eintrat, noch ein Bißchen vor der Türe auf und ab zu spazieren. Schließlich wurde er jedoch müde, noch länger auf »sie« zu warten; es wurde ihm zur Gewißheit, daß sie auch heute wieder sich ihm nicht zu zeigen wagten.

Noch einen letzten Blick voll Verachtung warf er in die dunkle Nacht und murmelte dann mit hörbarer Erregung:

»Also nichts! nichts! und wieder nichts!«

Darauf trat der Biedermann in das Lokal und begann mit seinem Freunde, dem Kommandanten, ein Spielchen."

Freitag, 29. Oktober 2010

Tartarin von Tarascon

Aufgrund des freundlichen Hinweises eines Forenkollegen wurde ich auf Alphonse Daudets Roman "Die wunderbaren Abenteuer des Tartarin von Tarascon" aufmerksam. (Danke nochmal!) Ein, wie ich finde, herrlich kurzweiliges Buch. Und eine schöne und einfühlsame Studie über das ländliche, jagdbegeisterte Frankreich, indem ein Politiker oft mit mehr Stolz auf seine Bürgermeisterschärpe als auf seinen Sitz in der Nationalversammlung blickt. In der mir vorliegenden Ausgabe (Leipzig, vermutlich 1958) findet sich der dazu passende Spruch: "In Frankreich ist jedermann ein wenig aus Tarascon". (Das Buch scheint derzeit nur antiquarisch erhältlich zu sein.)

Tarascon ist eine Kleinstadt in der Provence, wo der Held des Buches, Monsieur Tartarin, seit seiner Geburt lebt und die er fast noch nie verlassen hat. Dennoch gilt Tartarin in seiner Heimatstadt als wahrhafter Held, als großer Jäger und belesener Zeitgenosse - was alles stimmt, aber eben nicht die ganze Wahrheit ist. In seiner Brust schlagen zwei Seelen, zum einen die eines Don Quichotte - mutig und abenteuerlustig -, zum anderen die eines Sancho Pansa - bürgerlich und bequem. So muß Tartarin, oft gegen seinen Willen, manche Abenteuer bestehen, um seine herausgehobene Stellung in der kleinstädtischen Gesellschaft zu behaupten. Dies treibt ihn schließlich bis zur Großwildjagd nach Afrika, doch anstatt der erhofften zehn Löwen erlegt er nur einen - und der war auch noch zahm. Als wäre dies nicht enttäuschend genug, geht er während der Reise seiner gesamten Habe verlustig. Aber, immerhin, erkommt wieder heim in sein geliebtes Tarascon und kann abenteuerliche Geschichten erzählen. ;-)

Tartarin ist, im positiven Sinne, ein Waffennarr. Daudet beschreibt dies durch den gesamten Roman hindurch in schöner Weise. Vielleicht etwas schrullig, aber ungefährlich. (Ein Beleg dafür, wie normal und allgemein akzeptiert der Besitz von Waffen und der Umgang mit ihnen früher war.) Ein Beispiel aus dem ersten Kapitel:
"[...]

Man kann sich nun einigermaßen vorstellen, welch tiefes Gefühl der Bewunderung und des Staunens mich erfüllte, als es mir zum ersten Male vergönnt war, diesen Wundergarten zu durchwandern. Und dennoch wurde dieses Gefühl noch gesteigert, als ich das Kabinett des Helden betrat.

Dieses Kabinett, eine der Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt, lag zum Garten hinaus; durch eine Glastüre genoß man den Anblick des Baobab.

Man denke sich einen ziemlich großen Raum, dessen Wände von oben bis unten mit Flinten und Säbeln bedeckt sind. Da sah man Waffen aller Zeiten und Länder, Karabiner, Rifles, Tromben, korsische Messer, Bowiemesser, Revolver, Dolche, malaiische Krise, karaibische Bogen, Speere, Totschläger, Keulen, mexikanische Lassos und viele andere ähnliche Dinge. Von oben fiel ein heller Sonnenstrahl auf alle die Waffen, so daß die Degenklingen und Gewehrläufe blitzten und blinkten und man eine Gänsehaut bekommen konnte; was einen jedoch wieder etwas beruhigte, war die Ordnung und Sauberkeit, die in diesem Privatzeughaus herrschte. Alles war geordnet und sorgsam geputzt, und etikettiert wie im Apothekerladen. Hier und da hing an einem Gegenstande ein kleiner Zettel, auf dem zu lesen war:

Vergiftete Pfeile! Nicht berühren!
Geladene Waffen! Vorsicht!

Wären derartige Warnungszettel nicht gewesen, man hätte sich nie und nimmer in diesen Raum gewagt.

Mitten im Kabinett stand ein kleiner Tisch. Auf ihm lagen eine Rumflasche, eine türkische Tabakspfeife, die »Reisen des Kapitän Cook«, die Cooperschen Romane, die Aimardschen Reiseschilderungen; dann viele Jagdbeschreibungen: Falkenjagden, Bärenjagden, Elefantenjagden usw. Vor dem Tischchen endlich saß ein Mann von vierzig bis fünfzig Jahren; er war klein, dick, untersetzt; sein Gesicht strotzte von Gesundheit, sein Bart war kurz, aber stark, seine Augen glühten und blitzten. Er saß in Hemdsärmeln da und trug wollenes Unterzeug; in der einen Hand hielt er ein Buch, mit der andern schwang er eine ungeheuer große Pfeife mit eisernem Deckel; er las irgend eine höchst wundersame Jagdgeschichte, hatte die Unterlippe vorgeschoben und machte ein schreckliches Gesicht, was seiner unscheinbaren Figur eines kleinen tarasconischen Rentiers denselben Anstrich ungefährlicher Wildheit gab, der im ganzen Hause herrschte.

Dieser Mann war Tartarin! Tartarin von Tarascon, der unerschrockene, der große, der unvergleichliche Tartarin von Tarascon!

[...]"
Gewiß, Tartarins Abenteuer bieten keine tiefsinnige Philosophie, aber doch ein paar gekonnte Charakterstudien. Der Roman ist eine nette Lektüre, sicher nicht nur für Freunde der Jagd. Und er ist auch im Internet zu finden. :-)


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Mittwoch, 27. Oktober 2010

Der Weisheit letzter Schluß


Vor kurzem war es wieder soweit: Die in diesem Jahr herrschende feuchte Witterung mit zunächst viel Schnee und später Regen macht das Tragen wasserdichter Fußbekleidung erforderlich, vor allem, wenn man sich durch Wald und Feld bewegt. Bisher hatte ich dazu Gummistiefel des französischen Herstellers Aigle, genauer gesagt das Modell Parcours Vario, verwendet. Diese haben aber nach jahrelangem Dienst das Zeitliche gesegnet, weshalb eine Neuanschaffung notwenig war.
Zu diesem Behufe habe ich Modelle verschiedener Hersteller anprobiert, die natürlich sämtlich mit der modernsten Technologie ausgestattet sind und (idealerweise) das Tragegefühl eines Wanderschuhs vermitteln. Mit den Stiefeln von Viking konnte ich mich nicht anfreunden, mit denen von Tretorn schon eher. Allerdings sind auch sie nicht ideal. Vielleicht sind meine Füße und Beine im Vergleich zu den Einwohnern der skandinavischen Länder abnormal geformt, ich weiß es nicht.
Am Ende ist es jedenfalls wieder ein Paar Aigle Parcours Vario geworden, diesmal in der Farbe braun (sie sind ebenfalls in grün und schwarz erhältlich). Dieses Modell ist wohl hinsichtlich Tragegefühl und Bequemlichkeit der Weisheit letzter Schluß, zumindest für meine Füße. ;-)


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Donnerstag, 26. November 2009

26.11.2009: Bilder des Tages


Vom 26. bis zum 28. November 1812 tobte in Weißrußland die Schlacht an der Beresina. Napoleons Grande Armee befand sich auf dem Rückzug, nachdem die Invasion des Russischen Reiches gescheitert war. Der Übergang über den Fluß Beresina mußte nicht nur erst von den französischen Pionieren hergestellt, sondern auch gegen ständige russische Angriffe erzwungen werden.
Besonders hervorgetan haben sich dabei die Schweizer Regimenter, die - der Reisläufertradition folgend - in Napoleons Diensten standen. An ihren Heldenmut erinnert das Beresinalied - so, wie der Löwe von Luzern an ihre Vorgänger im Dienst der französischen Könige.
An diese Schlacht soll mit den heutigen Bildern - Historiengemälden - erinnert werden.





Samstag, 26. September 2009

26.09.2009: Spielfilm des Tages

Der Regisseur Sergej Bondartschuk hat mehrere Meisterwerke hinterlassen, darunter seine Verfilmung des Tolstoj-Klassikers "Krieg und Frieden". Daraus stammen die vier folgenden Szenen, die die Schlacht bei Borodino am 07.09.1812 darstellen.













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Montag, 7. September 2009

07.09.2009: Bilder des Tages


Am 7. September 1812 fand in Borodino vor den Toren Moskaus eine der blutigsten Schlachten der napoleonischen Kriege statt. (Im Februar hatte ich hier schon darüber berichtet.) Aus diesem Anlaß heute ein paar Historiengemälde dieses dramatischen Ereignisses mit unentschiedenem Ausgang.









Samstag, 6. Juni 2009

06.06.2009: Video des Tages

Heute vor 65 Jahren wurde mit der Landung der westalliierten Truppen in der Normandie die lange erwartete zweite Front im Kampf gegen Deutschland und seine Verbündeten eröffnet. Während der folgenden Monate sollte die französische Résistance eine nicht ganz unwichtige Rolle spielen. An sie erinnert das heutige Video, unterlegt mit dem "Lied der Partisanen".



Donnerstag, 7. Mai 2009

07.05.2009: Video des Tages

Am 7. Mai 1954 endete die Schlacht von Dien Bien Phu, die letztendlich die Entscheidung im ersten, dem französischen Indochinakrieg herbeiführte und ein jahrelanges, intensives Kräftemessen beendete.

Peter Scholl-Latour, der selbst als französischer Soldat in Indochina gekämpft hat, schrieb später in seinem Buch "Tod im Reisfeld" über die Schlacht:
"Die Überlebenden von Dien Bien Phu erzählten von der Schlacht, vom Versagen der Führung, von der schrecklichen Überraschung, als plötzlich Artilleriefeuer auf ihre unzureichenden Stellungen trommelte. Ein Thai-Bataillon war sofort übergelaufen. Die übrigen farbigen Truppen hatten sich passiv verhalten und Deckung gesucht. Wirklich gekämpft bis zum letzten Erdloch und bis aufs Messer hatten lediglich die französischen Fallschirmjäger und die Fremdenlegionäre, zu 80 % Deutsche, seien zum Sterben angetreten wie in einer mythischen Gotenschlacht."
An diese Ereignisse erinnert das heutige Video, unterlegt mit einem Lied namens "Dien Bien Phu".



Mittwoch, 18. Februar 2009

Das Museum der Schlacht bei Borodino



Am 24. Juni 1812 überschritt die von Napoleon geführte Grande Armée die Grenze des Russischen Reiches. Damit hatte der Krieg von 1812, in Rußland auch "Vaterländischer Krieg" genannt, begonnen. Nach vielen kleineren Gefechten wichen die Verteidiger immer weiter in die Tiefe des Landes zurück, wodurch sich die Kräfte der Invasionsarmee schon deutlich schwächten. Die Franzosen waren nur mit rund einem Drittel ihrer ursprünglichen Stärke (130.000 Mann) auf dem Schlachtfeld erschienen (darunter auch viele Deutsche aus den Rheinbundstaaten), die Russen hatten 120.000 Soldaten aufgeboten. Am 7. September 1812 lieferten sich beim Dorf Borodino vor den Toren Moskaus die beiden Kontrahenten schließlich eine der blutigsten Schlachten des 19. Jahrhunderts, ohne daß eine der Seiten sie klar für sich entscheiden konnte. Napoleons Verbände verloren 28.000 Mann, die des russischen Oberbefehlshabers Michail Kutusow 52.000, darunter auch General Bagration, einen der fähigsten Heerführer Rußlands. Trotzdem verlief die Schlacht ergebnislos und Kutusow entschloß sich zum weiteren Zurückweichen sowie zu einem Verzicht auf die weitere Verteidigung Moskaus.

In der Folge konnte sich Napoleon an der Einnahme der alten russischen Hauptstadt erfreuen. Freilich nur für kurze Zeit, dann mußte er sein Heer wieder zurückziehen. Es mangelte an Nachschub und der Winter stand vor der Tür. Der Rückmarsch verwandelte die einstmals strahlende Grande Armée in einen zerlumpten, von Hunger, Kälte und Krankheiten malträtierten Haufen. Somit wurde das Jahr 1812 zum Anfang vom Ende des kleinen großen Korsen.




Die Anfänge des Moskauer Borodino-Museums gehen zurück bis ins Jahr 1887. Das Panoramamuseum in seiner heutigen Form ist allerdings erst 1962 eröffnet worden. Sein Herzstück ist das große 360 Grad-Panorama von Franz Roubaud. Die zweite Großattraktion ist eine Rekonstruktion jener Hütte, in der Kutusow am 27.09.1812 den Kriegsrat abgehalten hat, in dessen Folge auf die Verteidigung Moskaus verzichtet worden ist. Daneben sind in den unteren Ausstellungssälen Gemälde, Fahnen, Schuß- und Blankwaffen, Orden und Ausrüstungsgegenstände der beteiligten Armeen zu sehen. Ein klassisches Militärmuseum eben. :-)




Das Museum ist erst kürzlich renoviert und die Ausstellung umgestaltet worden; alles ist sehr übersichtlich angeordnet. Ebenso wie das Petersburger Suworow-Museum ist das Borodino-Museum eine der Adressen für alle Touristen, die an den napoleonischen Kriegen interessiert sind.
Zeitmäßig sollte man für die Besichtigung, je nach Interesse, 1,5 bis 2 Stunden einplanen. Dazu kommt noch die Anfahrt, denn das Museum ist aus touristischer Sicht nicht sonderlich verkehrsgünstig gelegen. Dafür hat man auf dem Weg von und zur Metro Kutusowskaja einen schönen Blick auf die derzeit größte Baustelle der Stadt: Moscow City.




Obwohl es nichts mit dem Museum direkt zu tun hat, so sei abschließend noch erwähnt, daß die Schlacht von Borodino regelmäßig durch Reenactmentgruppen nachgestellt wird - ein Ereignis, welches bisweilen Volksfestcharakter trägt (siehe hier und hier).




Anschrift: Kutusowski Prospekt 38
(Link bei Google Maps)
Nächste Metrostationen: Kutusowskaja, Park Pobedy




Weiterführende Links:
Offizielle Webseite (russ.)
Wikipedia-Artikel (dt.)
Das Borodino-Museum bei Russland Aktuell (dt.)


Freitag, 28. November 2008

Nationalcharakter?

Vorab: Ich habe lange überlegt, ob ich zu diesem Thema etwas schreiben sollte, denke aber, daß man nicht jeden Unsinn unkommentiert stehen lassen sollte.

Ed Friedman, Mitherausgeber des NRA-Blattes "Shooting Illustrated" hat in seinem Blog einen Artikel über das Verhältnis von Waffen zum jeweiligen, freilich diffus bleibenden "Nationalcharakter" des Herstellerlandes publiziert, den man fast schon als "typisch amerikanisch" bezeichnen kann: arrogant, überheblich, dumm. Das ganze wäre keinerlei Aufregung wert, wenn es sich beim Autor um einen einfältigen Hinterwäldler handeln würde und nicht um einen auf Seriösität bedachten Journalisten und Public Policy-Experten.

Zwei Beispiele:
"The Mosin-Nagant family of rifles are sturdy, ugly guns. Have you ever tried to work the safety on a Mosin? If so, why? It is perhaps the most useless device ever put on a firearm, but it is in keeping with the Russian tradition of not caring about the lives of Russian/Soviet soldiers. The gun works well and is quite accurate. It killed many fascists, so who cares if some comrades died because the safety is utterly worthless?"
Da hat Friedman wohl vergessen, wie viel Schaden amerikanische Soldaten schon mit Friendly Fire aus ihren "überlegenen" Waffen angerichtet haben.
"The FAMAS is a sleek-looking gun with poor grip texture, allowing it to be dropped with ease. This is a very important consideration for the French military."
Das ist geradezu bösartig (wir Deutschen kommen dagegen vergleichsweise harmlos weg). Immerhin haben es die Franzosen (im Gegensatz zu den USA) in den letzten Jahren meist geschafft, ihre militärischen Operationen einigermaßen zu begrenzen und deshalb auch erfolgreich abzuschließen - man denke beispielsweise nur an die Aktionen gegen Piraten am Horn von Afrika im April 2008 -, während sich die USA in ideologisierten "Kreuzzügen" mit nur noch geringen Erfolgsaussichten festgefahren haben. (In Afghanistan besteht jetzt die letzte Hoffnung in einem "akzeptablen Diktator".) Die politische Klasse Frankreichs verfügt eben über eine staatspolitische Klugheit, die vielen US-Rabauken abgeht.

Was sagt uns das nun über wessen Nationalcharakter?