Bereits nach den Revolutionen des Jahres 1917 hatten sich viele Emigranten aus dem früheren Zarenreich in Berlin angesiedelt. Die deutsche Hauptstadt war für einige Jahre das Zentrum der Emigration, bevor es sich nach Paris verlagerte. Dies hat den Historiker Karl Schlögel mit dazu angeregt, Berlin in einem Buch als
"Ostbahnhof Europas" zu bezeichnen. Doch nicht nur in der Vergangenheit, auch in der Gegenwart finden in Berlin und Umgebung zahlreiche Veranstaltungen statt, die sich im weitesten Sinne mit Rußland befassen. Einen guten Überblick vermittelt (deutschlandweit) der Terminkalender des
Kulturportals Russland. Diese Häufung erklärt sich vor allem aus dem großen Potential an möglichen Angeboten und Personen, die diese tragen, was es in der Provinz so nicht gibt.
Zweitens sind die
Berliner Freunde der Völker Russlands e.V. zu nennen. Der Verein ist wohl einer der größten und aktivsten im Rahmen des
Bundesverbandes Deutscher West-Ost-Gesellschaften. Die Berliner Freunde können auf eine lange Tradition verschiedener Vereine zurückblicken, die von der
DSF in der DDR bis zur 1923 u.a. von
Georg Graf Arco gegründeten "Gesellschaft der Freunde des neuen Rußland" zurückreicht.
Einen Schwerpunkt in der Arbeit der Berliner Freunde stellen die monatlichen
Vortragsveranstaltungen dar, auf denen historische, politische und kulturelle Themen erörtert werden. In der Regel treten dort sehr kompetente Referenten - sowohl aus Deutschland als auch aus der RF - auf, auch wenn das Publikum bisweilen ein wenig linkslastig ist.
Bisheriger Höhepunkt im Jahr 2011 war das Referat von Egbert Lemcke und Holger Neidel über
"Russlands Sicherheitspolitik und Armeereform heute". Es war schon sehr erhellend, mit zwei von vielleicht einem halben Dutzend ausgewiesenen Experten in Deutschland darüber zu diskutieren.
Am 18. Mai soll über die Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Moskau diskutiert werden und für den 22. Juni ist ein Kolloquium über den Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion 1941 geplant.
Die meisten Veranstaltungen der Berliner Freunde finden in einem Kulturzentrum im Herzen Berlins statt, das leider viel zu wenig bekannt ist: dem
Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur in der Friedrichstraße. Die zahlreichen Angebote des RHWK reichen von akademischen Veranstaltungen über Filmvorführungen, Konzerte und Ausstellungen bis hin zu Sprachkursen. Ferner steht eine
Bibliothek zur Verfügung, es gibt eine
Buchhandlung mit russischsprachiger Literatur und es ist die Heimstatt für verschiedene Vereine, die einen Rußlandbezug haben.
Im ersten Halbjahr 2011 liegt einer der Schwerpunkte auf
Vorträgen über die deutsch-russischen Beziehungen in den Naturwissenschaften.
Im Mai wird es mehrere Veranstaltungen über den Zweiten Weltkrieg geben. So etwa eine
Fotoausstellung von Viktor Sorokin (29.04. - 28.05.2011), ein
Seminar über "NS-Filmpropaganda in den okkupierten Sowjetterritorien" (04.05.) sowie, daran anknüpfend, eine
Ausstellung über Propaganda an der sowjetisch-deutschen Front (03.05. - 15.05.).
In Berlin und Umland könnte man weitere Veranstaltungen wie z.B. die
Deutsch-russischen Festtage (10.06. - 12.06.2011) oder Museen wie die
Kolonie Alexandrowka in Potsdam erwähnen. Wer sich für russische Kultur, Geschichte und Politik interessiert, wird hier bestens bedient. Und eine solche umfassende Bildungsarbeit ist auch notwendig, damit Rußland hierzulande nicht nur auf kalte Winter und böse Bären reduziert wird.
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