Dienstag, 1. März 2011

"Russland investiert Rekordsumme in neue Waffen und High-Tech-Armee"


In der vergangenen Woche hat der stellvertretende Verteidigungsminister der Rußländischen Föderation eine Pressekonferenz abgehalten, auf der er Eckdaten des staatlichen Rüstungsprogramms bis zum Jahr 2020 bekanntgegeben hat. Die angekündigten umfangreichen Beschaffungen von Militärmaterial sehe ich jedoch mit einiger Skepsis. Nicht, daß die russischen Streitkräfte keinen Bedarf für eine solche Modernisierung hätten. Im Gegenteil, von wenigen punktuellen Ausnahmen abgesehen befinden sie sich heute auf dem technischen Stand der 1970er und 80er Jahre. Ein drastisches Beispiel hierfür ist die Schwarzmeerflotte, deren Kampfschiffsbestand in den nächsten zehn Jahren fast vollständig außer Dienst gestellt werden muß. Der Bedarf für neue Systeme ist somit enorm, auch wenn die Armeestärke in den letzten Jahren deutlich gesunken ist.

Es bleiben jedoch Zweifel an der Umsetzung eines derart ehrgeizigen Programms. Selbst wenn die Finanzierung gesichert wäre, ist es fraglich, ob die zum Teil nur noch aus Rudimenten bestehende Rüstungsindustrie in kurzer Zeit zur geforderten Hochform auflaufen kann. Auf welchen Werften sollen etwa in neun Jahren die angekündigten 100 Marineschiffe gebaut werden? M.W. sind entsprechende Schiffbaukapazitäten derzeit nicht vorhanden. Papier ist bekanntlich geduldig (in Deutschland ebenso wie in Rußland) und man wird wohl noch bis etwa 2015 warten müssen, um die Ankündigungen endgültig zu beurteilen.

Zur Information wird nachfolgend ein Kommentar von RIA Nowosti wiedergegeben:
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Russlands Verteidigungsministerium hat am Donnerstag Einzelheiten zum „Rüstungsprogramm 2020“ bekannt gegeben.
Bis 2020 sollen 100 Schiffe (darunter 20 U-Boote), 600 Flugzeuge und 1000 Hubschrauber angeschafft werden.

Zudem befindet sich zurzeit ein neuer Langstreckenbomber und eine hochintelligente schwere ballistische Rakete in der Entwicklung. Auch die Soldaten kommen nicht zu kurz. Laut Vizeverteidigungsminister Wladimir Popowkin wird gerade über den Erwerb einer kleinen Partie von modernen Felin-Kampfanzügen verhandelt (Ausrüstung für den „Soldaten der Zukunft“: Waffen, Munition, schusssichere Weste, Schutzhelm mit zwei Displays und einem Mikrofon, Kommunikationsmittel und anderes High-Tech). Russland will bei den Franzosen nur einige Kampfanzug-Partien kaufen. Bis 2020 will Russland eine eigene Soldatenausrüstung entwickeln.

Staatsprogramm 2020

Wie Popowkin auf einer Pressekonferenz in Moskau verkündete, sind zehn Prozent der für das Rüstungsprogramm bereitgestellten Summe (insgesamt über 19 Billionen Rubel, 1 Euro = ca. 40 Rubel) für Forschungen und die Entwicklung neuer Waffen bestimmt.

Den größten Ausgabeposten macht der Kauf neuer Waffen aus. Für dieses Ziel werden zwischen 78 bis 80 Prozent der vorgesehenen Finanzmittel ausgegeben. Russland hat in der Vergangenheit noch niemals so viel Geld für Aufrüstung ausgegeben. Als der russische Premier Wladimir Putin im Dezember des Vorjahres die Zahlen des Programms nannte, gab er zu: „Ich habe Angst davor, diese Zahl laut zu sagen.“

Den Streitkräften wird ebenfalls viel Geld zugeteilt. Laut Popowkin werden 100 Schiffe, darunter 20 U-Boote, 35 Korvetten und 15 Fregatten gekauft. Zudem sollen bis 2020 über 600 Flugzeuge und 1000 Hubschrauber erworben werden. Bereits in diesem Jahr werden mehr als 100 Hubschrauber gekauft. Dazu gehören die neusten russischen Hubschrauber Mi-28, Mi-26, Ka-52 u.a.

Wie Popowkin betonte, werden bis zu zehn Flugabwehrkomplexe S-500 gekauft. Vorher hatte die russische Armee zwar bereits bekannt gegeben, dass neue Flugabwehrraketen in den nächsten zehn Jahren gekauft werden müssen, genauere Zahlen wurden jedoch nicht genannt.

„Ab 2015 sollen die Tests dieses Komplexes beginnen. Zu Beginn basieren die Raketen auf dem S-400-Komplex“, sagte Popowkin. Die Raketensysteme S-500 sollen die Grundlage der sich gerade entwickelnden Luft- und
Weltraumverteidigung Russlands bilden.

Das russische Verteidigungsministerium will außerdem 56 Flugabwehrsysteme S-400 anschaffen. Ein Regiment ist bereits in Elektrostal bei Moskau stationiert. Ein weiteres Regiment soll im März in Dmitrow aufgestellt werden. Danach sollen S-400-Raketen im Fernen Osten installiert werden.

Strategische Kräfte

Popowkin zufolge hat die Entwicklung der strategischen Atomkräfte Priorität im Rüstungsprogramm. Bis 2020 würden acht strategische Atom-U-Boote gebaut, die mit den ballistischen Interkontinentalraketen „Bulawa“ ausgerüstet werden müssten, so Popowkin.

Die sich derzeit in der Testphase befindlichen „Bulawa“-Raketen sollen in diesem Jahr in Dienst gestellt werden. „Sie sollen zusammen mit dem Borej-U-Boot (neues strategisches Atom-U-Boot) in Dienst genommen werden“, sagte Popowkin. Zwei Borej-U-Boote seien bereits einsatzbereit, es gebe jedoch keine Rakete (“Bulawa“).

Sieben der bislang 14 Teststarts der Bulawa-Rakete sind fehlgeschlagen. In diesem Jahr sollen weitere vier oder fünf Teststarts stattfinden. Die Starts scheiterten vor allem deshalb, weil sich der Raketenbauer nicht an die Konstruktionsdokumente gehalten hatte.

Ein weiteres Projekt ist die Entwicklung neuer Langstreckenbomber. Gegen 2015 soll ein technisches Projekt fertig gestellt werden. „Wir forcieren nicht die Entwicklung eines neuen Komplexes der Langstrecken-Fliegerkräfte (strategische Bomber). Gegen 2015 sollen die Langstrecken-Fliegerkräfte ein neues Gesicht bekommen“, so Popowkin.

Russland will zudem hochintelligente schwere ballistische Rakete bauen. Im Unterschied zu den neuen Topol-Feststoffraketen hat eine schwere Rakete mehr Gefechtsköpfe und eine längere Betriebsdauer (35 statt 20 Jahre)

Ausrüstung für „Soldaten der Zukunft“

Bis 2020 will Russland ein Analogon für die Ausrüstung des „Soldaten der Zukunft“ entwickeln.

Diese Ausrüstung müsse mit der aus den USA, Deutschland und anderen Ländern mithalten können, so Popowkin. Russland verhandelt zurzeit mit Frankreich über den Erwerb französischer Felin-Kampfanzüge.

Wie ein Vertreter des französischen Rüstungskonzerns Sagem Defense Securité (SAFRAN Gruppe) betonte, ist der Preis für die Felin-Ausrüstung deutlich niedriger als bei anderen ausländischen Herstellern. Ein deutscher oder US-Kampfanzug samt Ausrüstung schlägt mit 50.000 bis 60.000 Euro zu Buche.

Laut dem Vertreter von Sagem Defense Securité hat das Unternehmen einen Auftrag für 22.600 Kampfmonturen erhalten. Gegen 2014/2015 werden alle 22 französischen Infanteriebataillons mit den Felin-Anzügen ausgerüstet.

Um die Sicherheit der Soldaten gewährleisten zu können, will Russland die Produktion von Panzerfahrzeugen aufnehmen. Mit dem Unternehmen Iveco wurde bereits ein Abkommen über die Produktion der italienischen Panzerwagen in Russland geschlossen. „Das ist der sicherste Wagen der Welt. Das haben die Ereignisse im Irak bewiesen“, so Popowkin."

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Foto: RIA Nowosti.
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