In der letzten Woche bin ich daran erinnert worden, daß ich mich wieder intensiver um meine Erste-Hilfe-Ausrüstung kümmern sollte. Bereits seit etwa zehn Jahren – seit eine Kollegin direkt neben mir „umgekippt“ ist und von einem zufällig anwesenden Rettungssanitäter wiederbelebt werden mußte – habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, meine Kenntnisse in Erster Hilfe regelmäßig (meist jedes Jahr) aufzufrischen und zudem immer eine kleine Menge Sanitätsmaterial mit mir zu führen.
Damit sind schon die wichtigsten Fragen angesprochen: Fähigkeiten und Material. Wozu sollte man sich mit „Survival“-Kenntnissen wie Fallenbau oder Notangeln befassen, wenn man nicht einmal in der Lage ist, eine ordentliche Herz-Lungen-Wiederbelebung durchzuführen und so Notfälle, die jederzeit und an jedem Ort auftreten könnten, zu bewältigen? Oder, ein anderes Extrem, was ich in einem deutschen Militärforum beobachten konnte: Da beginnen Reservisten, die Mühe haben dürften, überhaupt einen Druckverband richtig anzulegen, damit, sich Infusionen zu besorgen und während ihrer Wehrübungen mitzuführen. In denselben Kreisen scheint das
Abbinden bei Gefäßverletzungen mittlerweile als Allheilmittel zu gelten – schließlich haben es die als Vorbild gesehenen Amerikaner im Irak und in Afghanistan vorgemacht und außerdem spart man sich damit die lästigen Druckverbände.
Ich habe nichts gegen das Abbinden an sich, auch wenn es in Deutschland nicht mehr explizit gelehrt wird. Doch auch hierzulande weiß das Rettungsfachpersonal, daß man bei bestimmten Verletzungen keine andere Chance hat, um die Blutung zu stoppen (allerdings wird dies meist nur hinter vorgehaltener Hand gesagt). Vielmehr stört mich, wenn Abbinden als alternativlos dargestellt wird und man zudem so tut, als wäre die Extremsituation eines Feuergefechts im Mittleren Osten mit den meisten Notfällen in Mitteleuropa vergleichbar.
Dies gilt insbesondere für jene Zeitgenossen, die meinen, bei Chemikalien wie z.B.
Quikclot handele es sich um wahre Wundermittel, obwohl sie unter Fachleuten höchst umstritten sind. Ich kann für meine Person nur hoffen, daß ich nie einem überspannten und schlecht ausgebildeten „Hobbyretter“ in die Hände falle, der es zwar gut meint, aber schlecht macht – etwa, indem er mir beim Versuch, eine Infusion zu legen, die Arme zersticht und danach eine kleine Wunde, für die ein ordinäres Verbandspäckchen reichen würde, mit Quikclot „behandelt“, um mich schließlich, 17 Sekunden vor Eintreffen des Notarztes, zu intubieren. ;-)
Doch zurück zum Thema Ausrüstung. Da ich relativ mit dem Auto meist nur auf kürzeren Strecken unterwegs bin, habe ich häufig keinen Zugriff auf den Kfz-Verbandskasten. Über die Jahre habe ich deshalb mehrere Erste-Hilfe-Sets zusammengestellt, wovon ich heute zwei regelmäßig mitführe. Das wichtigste ist ein kombiniertes Überlebens- und EH-Paket, welches in Anlehnung an die in den USA vieldiskutierte
„Bug-Out Bag“ entstanden ist. Mir dient es jedoch mehr als „Ausrüstung zum Nachhausekommen“, denn als Pendler, der den ÖPNV nutzt, will ich auf Störungen nicht gänzlich unvorbereitet sein.
Der „Überlebens“-Komponente besteht aus einem Notponcho, einer Alu-Rettungsdecke, Streichhölzern, einem Teelicht, Reservebatterien für meine Fenix-Taschenlampe, einer weiteren Kleinstlampe, Taschenwärmern, einem Knicklicht, Streichhölzern und Feuerzeug, Kompaß, Trillerpfeife, Wasserentkeimungsabletten, 1 Kondom, 10 m Paracord, Klebeband (Duct Tape), Isolierband, Kabelbinder, Notizblock und Stift, Erfrischungstüchern, Toilettenpapier und einer Löffel-/Gabel-Kombination. (Zwei bis drei (Taschen-) Messer und ein bis zwei Taschenlampen sind ohnehin immer am Mann oder in der EDC-Tasche. ;-))
Die „medizinische“ Komponente beinhaltet mehrere Verbandspäckchen sowie Mull- und Elastikbinden (wichtig für Druckverbände), Kompressen, ein Brandwundenverbandstuch, Heftpflaster, Sicherheitsnadeln, ein Dreiecktuch sowie das am häufigsten gebrauchte EH-Material: Wundschnellverbände (vulgo: Pflasterstrips in verschiedenen Größen). Dazu kommen eine
Beatmungsfolie (für eine richtige Beatmungsmaske war leider kein Platz), Schutzhandschuhe, Desinfektionstücher, eine Schere sowie kleine Mengen an Medikamenten (Vitamintabletten, Schmerzmittel etc.).
Untergebracht ist das alles im Vorgängermodell
dieser Tasche von Tasmanian Tiger, die nicht nur robust, sondern auch Molle-fähig ist und die ich ohne Vorbehalte empfehlen kann. Bei der Füllung wurde vornehmlich auf Produkte der Fa.
Söhngen zurückgegriffen, denn diese sind meist hochwertiger und länger haltbar als viele 08/15-Produkte aus dem Supermarkt.
Das soeben vorgestellte Paket ist fast mein täglicher Begleiter in Aktentasche oder Rucksack. Wenn ich mit meinem
Maxpedition Jumbo Versipack unterwegs bin, so ist dieser analog ausgestattet, wobei die Ausrüstung – mit Ausnahme des Sanitätsmaterials, für das es eine gesonderte Tasche gibt – auf die diversen Fächer verteilt wurde.
Vor einer Aufgabe habe ich mich aber seit zwei Jahren gedrückt: Ich besitze nach wie vor kein dezidiertes Erste-Hilfe-Set für meine Outdooraktivitäten. Ich hatte zwar schon einmal ein Paket zusammengestellt, das dann aber – da zu groß – verworfen werden mußte. Zudem konnte ich bisher keine Tasche finden, die meinen Anforderungen wirklich entsprechen würde. Sie darf ruhig ein paramilitärisches Aussehen haben, aber vor allem muß sie sich mittels Molle-Clips o.ä. Systemen am Rucksack befestigen lassen. Die Füllung lehnt sich an die
DIN 13160 an, wobei es spezifische Ergänzungen gibt, auf die ich in der „Pampa“ nicht verzichten möchte (z.B.
SamSplint zum Schienen von Brüchen,
Beatmungsmaske). Des weiteren soll dieses EH-Set die Funktion einer Reiseapotheke erfüllen, es um verschiedene Medikamente ergänzt wird.
Die von den einschlägigen Herstellern „taktischen“ Zubehörs angebotenen Taschen sind für den von mir angedachten Verwendungszweck entweder zu klein oder zu groß. Entweder passen nur ein paar Verbandpäckchen hinein oder die Tasche ist so groß, daß man einen halben RTW darin unterbringen könnte. ;-) Bei den bekannten zivilen Herstellern sieht es nur unwesentlich besser aus. Mittlerweile bin ich soweit, mir einfach ein paar Taschen zu bestellen, sie testweise zu füllen und mich danach für eine zu entscheiden.
Ausdrücklich abraten möchte ich von einer San-Tasche, die ursprünglich auf ein Modell der US-Streitkräfte zurückgeht, mittlerweile aber auch von zahllosen Firmen nachgebaut wird (siehe z.B.
hier oder
hier). Diese Tasche läßt sich kaum sinnvoll füllen (man braucht zahllose weitere Plastebeutel), wenn es denn geschafft wurde, so kann man sie am Körper nicht stabil tragen, weder am Trageriemen noch am Koppel. Von einer Befestigung am Rucksack oder einem Verstauen in demselben mußte ich sofort Abstand nehmen, da zu klobig. Wenn es denn unbedingt eine Surplustasche sein soll, dann lieber das gute, alte
DDR-Modell.
Noch in der Planungsphase befindet sich ein weiteres Projekt – ich nenne es einmal „Notfallrucksack“ – an dessen Fortführung mich die
jüngsten Bilder aus Haiti erinnert haben. Damit ist jedoch keineswegs das gemeint, was üblicherweise im Rettungsdienst darunter verstanden wird. Vielmehr lehnt er sich an den sog. Bergungsrucksack an, den ich während meines Dienstes im
Katastrophenschutz kennengelernt habe und den ich für ein hervorragendes Konzept halte: klein, aber durchdacht.
Besagter Bergungsrucksack war für den schnellen Zugriff bei Gebäudeschäden und zur Rettung von Leichtverletzten bzw. Leichtverschütteten vorgesehen. Es gab ihn in drei Zusammenstellungen (vgl.
KatS-LA 220, S. 551 ff.). Dabei wurden eine Wolldecke und eine kleine Zusammenstellung von Sanitätsmaterial mit Schutzausrüstung und diversen Werkzeugen kombiniert (z.B. Bergungsbeil mit Säge und Kratze, Bindeleine, Bergungstuch, Wolldecke, Wagenheber, Klappspaten, Beitel u.a.m.).
So etwas Ähnliches schwebt mir auch vor. Bezüglich des Erste-Hilfe-Materials werde ich mich wiederum an der Liste gem.
DIN 13160 orientieren. Dazu sollen dann noch einige Werkzeuge kommen, die sich möglichst universal auch bei privaten Notfällen i.w.S. – etwa im Straßenverkehr – einsetzen lassen (z.B. ein Klappspaten). Zudem hätte ich damit ein wenig Ausrüstung für meinen Dienst in der hiesigen
Wasserwehr in der Hinterhand, denn es ist nicht so recht klar, was die Kommune stellt.
Offen ist jedoch auch hier noch die Frage des richtigen Behältnisses – die handelsüblichen Notfallrucksäcke für den RD erscheinen mir jedenfalls ungeeignet. Möglicherweise gibt es spezielle Modelle für die Bergrettung, die den Anforderungen eher entsprechen (zwei mittelgroße Fächer, je eines für Sanitätsmaterial und Werkzeug). Vielleicht weiß hier einer meiner Leser Rat?
Nun ja … hoffentlich habe ich meine Stammleser damit nicht allzu sehr gelangweilt, aber das Thema Erste Hilfe gehört im weitesten Sinne ebenfalls zum Themenbereich dieses Blogs.
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