Freitag, 10. Juli 2009

Bericht aus Berlin VII


Im Rahmen der Beratung der Waffenrechtsverschärfung wurden heute im Bundesrat drei kurze Reden gehalten. Wesentlich neues hatten die drei Landesinnenminister dabei nicht zu verkünden, gleichwohl haben sie ihre Positionen deutlich gemacht.

Minister Jürgen Seidel (MV, CDU) hat sich als einziger Redner auf die sprengstoffrechtlichen Teile des Änderungsgesetzes konzentriert. Er bemängelte insbesondere, daß die Neuregelung weit über das hinausgehe, was in den umzusetzenden EG-Richtlinien vom deutschen Gesetzgeber gefordert worden sei.

Danach ist Holger Hövelmann (ST, SPD; siehe Bild) aufgetreten. Die Novellierung des Waffengesetzes geht aus seiner Sicht zwar in die richtige Richtung, dabei aber nicht weit genug. Die Erwartungen der Angehörigen der Opfer des Schulmassakers von Winnenden seien enttäuscht worden. Im selben Atemzug hat der Minister dann allerdings eingeräumt, daß solche Taten kaum durch Gesetze zu verhindern sind. (Klingt schizophren, oder?)
Hövelmann bedauerte, daß die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe der IMK, die angeblich die Interessen aller Beteiligten (also auch der Waffenbesitzer) abgewogen und berücksichtigt hätten, sich nicht hinreichend im Gesetz niedergeschlagen hätten. (Mit diesem Bedauern war er nicht allein, sein hamburgischer Amtskollege hat es geteilt, s.u.) Es folgte die von Hövelmann einschlägig bekannte Hetze gegen das vermeintliche Kampfschießen IPSC sowie gegen Paintball.
Seine folgenden Sätze sollte man sich gut merken: Die Neuregelung bringe einen deutlichen Zugewinn an innerer Sicherheit durch die verschärfte Bedürfnisprüfung für Sportschützen, die Anhebung der Altersgrenze für die meisten Schießsportdisziplinen (nicht nur Großkaliber, wie fälschlicherweise behauptet!) auf 18 Jahre sowie durch die Möglichkeit, per Rechtsverordnung zusätzliche Sicherungssysteme an Tresoren wie an den Waffen selbst vorzuschreiben. (Stellt sich die Frage, inwieweit in den genannten Punkten jemals ein reales Defizit hinsichtlich der inneren Sicherheit bestanden hat. Insbesondere der Kausalzusammenhang zwischen dem Bedürfnisprinzip und der Begrenzung der Anzahl legal besitzbarer Schußwaffen einerseits und der Kriminalität andererseits blieb unbelegt und somit völlig offen.)
Hövelmanns Abschlußstatement ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und war eine unverblümte Kampfansage an alle friedlichen Bürger dieses Landes (und vor allem die Legalwaffenbesitzer): Er werde dafür sorgen, daß die Waffenrechtsdiskussion jetzt nicht beendet werde, sondern weitergehe. Das Land Sachsen-Anhalt werde weiterhin vehement für schärfere Bestimmungen im WaffG eintreten. (Das bedeutet, daß wir uns noch lange nicht ausruhen können!)

Als letzter hat der Hamburger Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) das Wort ergriffen. Er betonte, daß die Änderungen des Waffenrechts „gelungen“ seien und zu einer „merklichen Verbesserung der Sicherheit der Menschen in diesem Land“ führen würden. (Bemerkenswert, ich habe mich insoweit vorher nicht unsicher gefühlt. Muß ich jetzt der politischen Klasse gegenüber trotzdem dankbar sein? ;-)) Seiner Auffassung nach entspreche das Gesetz auch den Erwartungen der Hinterbliebenen.
Dann hat auch Ahlhaus die Katze aus dem Sack gelassen: Hamburg hatte sich in der Bund-Länder-AG dafür stark gemacht, daß bei der Beantragung einer waffenrechtlichen Erlaubnis immer auch die Stellungnahme des Gesundheitsamtes eingeholt werden müsse. Bedauerlicherweise sei auch dieser Vorschlag nicht ins Gesetz aufgenommen worden. Überhaupt plädierte er weniger für Verbote als vielmehr dafür, in Zukunft (!) den Waffenbehörden noch weitergehende Auskunfts- und Informationsbefugnisse einzuräumen.
Mit Blick auf die Legalwaffenbesitzer – die er ausdrücklich als „gesetzestreue Bürger“ würdigte – fügte Ahlhaus sodann hinzu, daß deren Besorgnisse - die sie in den letzten Wochen in vielen Briefen an Politiker zum Ausdruck gebracht haben - ernstgenommen werden müßten. Das gelte vor allem für die Frage der Vereinbarkeit des behördlichen Zutrittsrechtes (Änderung von § 36 WaffG) mit dem Schutz der Wohnung (Art. 13 GG). Gleichwohl teilt Ahlhaus diese Bedenken nicht; es gehe dabei keineswegs um eine „flächendeckende Kontrolle“ der Waffenbesitzer.

Erwartungsgemäß hat sich der Herr Senator zum Schluß über eines seiner Lieblingsthemen verbreitet: das Waffenregister. Ein solches nationales Register müsse schnellstmöglich eingerichtet werden, wobei das Jahr 2012 ein ehrgeiziges Ziel sei. Er bot an, daß Hamburg bereit sei, sein Know-How bezüglich eines Waffenregisters zur Verfügung zu stellen, wobei das bundesweite Register auf das Hamburger Modell aufbauen könne. Ein nationales Waffenregister sei das beste Mittel, um zu verhindern, daß aus legalen Waffen illegale werden, woraus sich ein deutlicher Sicherheitsgewinn ergebe.
(Bei näherer Betrachtung ist diese Aussage eine Frechheit, wird doch unterschwellig suggeriert, es gäbe eine Art "Diffusion" von legalen Waffen auf den Schwarzmarkt. Dieses These kannte ich bis dato nur von IANSA & Co., nicht jedoch von einem CDU-Politiker! Insoweit frage ich mich desweiteren, in welch furchtbar unsicherem Land ich doch bisher gelebt habe, wo es ein derartiges Register nicht gab. ;-))
Allerdings blieb auch heute völlig offen, wie das Waffenregister nun konkret umgesetzt werden soll. Insofern scheint es keinen neuen Stand gegenüber der Anhörung im Bundestag zu geben. D.h. es ist weder geklärt, wie das Register organisiert noch wie es finanziert wird.

Soweit für den Moment. Ich werde in den nächsten Tagen noch einen kleinen Abschlußartikel schreiben.

PS: Obwohl es mit dem Thema nichts zu tun hat, möchte ich doch noch eine Anmerkung machen. Bundesfinanzminister Steinbrück war mit Abstand der begabteste Redner, der heute im Bundesrat aufgetreten ist. Das muß ich ihm attestieren, auch wenn ich seiner Partei und deren Politik nicht nahestehe.


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2 Kommentare:

G. Ulliver hat gesagt…

Danke für die wie immer ausführlichen und seriösen "Berichte aus Berlin"...

Ulrich

E.K. hat gesagt…

Gerne doch. ;-)

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