Am 5. Dezember ist Alexi II., Patriarch von Moskau und ganz Russland, gestorben. Am vergangenen Dienstag wurde er zur Ruhe gebettet. Alexi II. war auch aus meiner Sicht eine beeindruckende Persönlichkeit, aber das soll hier nicht vertieft werden. Und er war Deutscher, genauer gesagt Baltendeutscher. Im Jahr 1929 ist er in Tallin als Alexej Michailowitsch Rüdiger geboren worden; bereits sein Vater war russisch-orthodoxer Geistlicher gewesen.
Der Patriarch war übrigens nicht der einzige Deutsche, der es im postkommunistischen Rußland bis in leitende Ämter geschafft hat. Ein weiteres Beispiel ist German Gref (dt.: Herrmann Gräf), der von 2000 bis 2007 föderaler Wirtschaftsminister war.
Auch sonst sind im Kabinett des Ministerpräsidenten Putin ethnische Minderheiten gut vertreten, etwa durch den seit 1994 ununterbrochen amtierenden Katastrophenschutzminister Sergej Schojgu, der Tuwiner ist, oder den Innenminister Raschid Nurgalijew, seiner Herkunft nach Kasache und Moslem.
Es wird oftmals beklagt, daß sich in Moskau ein Großteil nicht nur der politischen Macht, sondern auch der russischen Wirtschaftskraft konzentriere. Dem ist in der Tat so, aber bestimmte Entwicklungen lassen sich seitens des Staates eben nur sehr bedingt beeinflussen. Die russische Regierung hat darauf bisher vor allem mit der Verlagerung nachgeordneter Dienststellen aus der Hauptstadt in die "Provinz" reagiert.
Aber auch höhere Behörden verlassen jetzt Moskau. Bereits im Frühjahr 2008 ist das föderale Verfassungsgericht nach St. Petersburg umgezogen und residiert dort jetzt im altehrwürdigen Gebäude von Senat und Synod.
Vor einem Jahr ist zudem die Absicht bekannt geworden, daß das Oberkommando der Seekriegsflotte ebenfalls in die "Meereshauptstadt" an der Ostsee verlagert werden und seinen Sitz in der historischen Admiralität nehmen soll. In der vergangenen Woche hat die Petersburger Regionalzeitung Fontanka.ru berichtet, daß ein Teil des Admiralitätsgebäudes schon von den vorherigen Nutzern - dem Kommando der Flottenbasis St. Petersburg und einer Offiziersschule - geräumt worden sei, so daß die ersten Räumlichkeiten vom Flottenstab bezogen werden könnten.
Die Umzugspläne sind allerdings noch nicht offiziell bestätigt worden. Neben Prestigegründen und der Kostenfrage (ca. 26 bis 50 Mrd. Rubel) spielen auch ganz praktische Probleme bei der Ablehnung in Marinekreisen eine Rolle: Wie soll die Kommunikation des Flottenstabes mit dem Verteidigungsministerium und dem Präsidenten, die beide in der Hauptstadt sitzen, sichergestellt werden? Insbesondere, wenn es um die Frage der strategischen Waffen geht. Schließlich ist die Verbindung zu den U-Booten jetzt schon fragil, da der russischen Marine nach dem Ende der UdSSR nur noch eine einzige Langwellenfunkstation geblieben ist. Und die befindet sich im weißrussischen Wilejka. (Allein schon deshalb kann sich niemand in Moskau eine Verschlechterung der Beziehungen zu Lukaschenko wünschen, auch wenn ihn viele Russen verachten.)
Es bleibt also abzuwarten, ob der Umzug tatsächlich - wie kolportiert - im kommenden Jahr stattfinden und ob auch der gesamte Flottenstab mitgehen wird.
Gebirgsjäger waren in der späten Sowjetarmee Mangelware und erst im Zuge des Afghanistankrieges hatte man sich wieder an diese Spezialtruppe erinnert. Obwohl die russischen Streitkräfte seit über 15 Jahren in Gebirgsregionen operieren, werden erst seit wenigen Jahren erneut spezielle Gebirgseinheiten aufgebaut. Diese Bemühungen sind nunmehr gut vorangekommen:
"[...]Hier wird man sehen müssen, was von diesem löblichen Ansatz im Zuge der jetzt geplanten drastischen Militärreform übrigbleibt. Oder sind die genannten Gebirgsbataillone bereits Teil jener schnellen Brigaden, die demnächst gebildet werden sollen, um zumindest bei den "Krisenreaktionskräften" der russischen Armee von den schwerfälligen Divisionsstrukturen loszukommen?
Russia's Defense Ministry plans to deploy special mountain units at military bases in S. Ossetia, Abkhazia, Armenia and Tajikistan, as well as in the Urals and Far East, a ministry official said on Thursday.
"All military contingents deployed in mountainous regions will have battalion-level units specially trained for mountain warfare," said Col. Vladimir Chabanov, deputy head of the Ground Forces combat training department at the Russian Defense Ministry.
Russia has already deployed two mountain brigades in the North Caucasus republics of Daghestan and Karachayevo-Circassia. They are manned by contract soldiers and total about 4,500 personnel.
Chabanov said the newly formed units would be equipped with special weaponry and equipment developed for combat at high altitudes in mountainous areas, including professional mountain-climbing equipment.
[...]"
Die USA haben gerade feststellen müssen, wie verwundbar ihre durch Pakistan führende Nachschubroute nach Afghanistan ist. Daher will man nun mehr Material durch Rußland transportieren - was die Bundeswehr ohnehin schon tut - und hofft in Moskau auf ein entsprechendes Entgegenkommen.
Vielleicht könnte die NATO ja im Gegenzug ihren Mitgliedsstaat Litauen dazu bewegen, den russischen Streitkräften den Materialtransport auf dem Landweg zwischen der Exklave Kaliningrad/Königsberg und dem Mutterland zu gestatten. Dadurch könnte der Abzug von fast 900 gepanzerten Fahrzeugen aus dieser Region erheblich beschleunigt werden, da so der aufwendige Seetransport entfiele.
So langsam dämmert auch den "westlichen" Medien, daß sie sich beim jüngsten Krieg um Südossetien von der georgischen Regierung haben instrumentalisieren lassen. Und es stellt sich heraus, daß vieles, was zuvor als "russische Propaganda" abgetan worden war, doch den Tatsachen entspricht (vgl. hier, hier, hier, hier, hier und hier). Nachdem nun auch Saakaschwili (der übrigens stolz darauf ist, am gleichen Tag wie Stalin Geburtstag zu haben) selbst einräumen mußte, daß er den Krieg begonnen hat, ist nicht einmal mehr der polnische Nachrichtendienst gewillt, ihm seine Märchen von den bösen Russen abzunehmen. "Psychologische Operationen" haben folglich nur eine begrenzte Reichweite. Zum Glück. :-)
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