Vor einigen Monaten beklagte die Zeitschrift Visier, daß es in der deutschen Messerindustrie nach wie vor an Innovationen mangele, die dem seit April 2008 geänderten Waffenrecht Rechnung tragen. Es fehlen mithin moderne Zweihandmesser. Dieses Urteil muß ich leider bestätigen. Im vergangenen Jahr hatte ich mir mit einem Opinel und einem klassischen Jagdmesser beholfen und dabei immer gehofft, daß sich unsere Hersteller alsbald auf die neue Rechtslage einstellen würden. Doch dem ist nicht so, wie die jüngste Bestandsaufnahme zeigt.
Als dieser Tage der neue Böker-Katalog ins Haus geflattert kam, mußte ich mit Befremden feststellen, daß er nach wie vor voller Einhandmesser ist. Es werden anscheinend sogar kontinuierlich neue entwickelt. Die zweihändig zu öffnenden Klappmesser, mit denen man rechtlich immer auf der sicheren Seite ist, führen hingegen ein Schattendasein. Neben Klassikern mit Griffen aus Horn oder Holz gibt es nur wenige Neuentwicklungen. Manche, wie das Lock Back Yellow oder das Sodbuster Junior sehen nicht unbedingt schlecht aus, wirken aber doch ein wenig altbacken.
Erheblich besser gefällt mir schon das Exskelibur 1. Die Klingenlänge, das Gewicht, die Ausstattung mit einem Hosenclip und das Design sprechen für dieses Modell als EDC-Klappmesser. Mich stört allerdings der fehlende Nagelhau, über den wenigstens der kleine Bruder Exskelibur 2 verfügt. Ich werde mir das Exskelibur 1 demnächst einmal näher ansehen, da die Frage nach einem neuen EDC-Messer in den letzten Wochen für mich stärker hervorgetreten ist.
Begeistert bin ich vom Exskelibur allerdings nicht. Es gibt, wie gesagt, Einwände. Und die Auswahl ist einfach viel zu begrenzt. Konnte man bis zum 01.04.2008 aus dem schier unübersehbaren Angebot der internationalen Messerindustrie wählen, so ist die Bandbreite seither deutlich geschrumpft. Und wer, wenn nicht die deutsche Messerindustrie, könnte uns Deutschen aus dieser Bredouille helfen?
Gewiß, es gibt ein paar positive Ansätze. Bei Böker z.B. das Böker Applegate EDC, ein an das deutsche WaffG angepaßtes feststehendes Messer. Aber das kann doch nicht alles gewesen sein!
Ein anderer Solinger Traditionsbetrieb, die Fa. Eickhorn, hat mit dem Pohl One G-10-DE ebenfalls ein modernes Klappmesser im Programm, das die neue Rechtslage berücksichtigt. Und vielleicht könnten Eickhorn oder der Messerdesigner Dietmar Pohl, der sich kürzlich selbständig gemacht hat, an einer verbsserten Version dieses Messers arbeiten? (Oder sind die taktischen Einhandmesser etwa so einträglich, daß man sich nicht auf die Bedürfnisse von ein paar nörgelnden Zivilisten einstellen muß?)
Warum verbesserte Version? Am Pohl One sagen mir sowohl das Design als auch das Gesamtkonzept zu und an der hervorragenden Qualität bestehen keinerlei Zweifel. Es könnte also mein Arsenal der EDC-Messer bereichern, wenn es nicht drei Kritikpunkte gäbe:
1. Das Messer ist zu groß. Mit einer Klingenlänge von 10 cm und einer Gesamtlänge von 23,5 cm bewegt sich das Messer in derselben Kategorie wie das CRKT M21-14 Special Forces. Letzteres hatte ich vor über zwei Jahren aufgrund des taktischen Designs erworben und wollte es ebenfalls als EDC führen. Dieser Versuch endete nach exakt zweieinhalb Tagen. Mein Resümee: Mein ideales EDC-Klappmesser hat eine Klingenlänge von 8 bis 9 cm.
2. Das Pohl One ist zu schwer. Wer kann und will schon tagtäglich 199 g in seiner Hosentasche herumtragen?
3. Der Preis ist zu hoch. Die aufgerufenen 200 € sind für ein EDC-Messer einfach zu viel, schließlich ist ein solches Messer, welches man immer bei sich trägt, erhöhten Verlust- und Schadensrisiken ausgesetzt. Sei es durch Diebstahl, Abhandenkommen i.w.S., Beschädigung beim Gebrauch oder die evtl. Beschlagnahmung bei einer Polizei- oder Zollkontrolle. Und es fällt erheblich leichter, sich von einem 50 €-Messer auf Nimmerwiedersehen zu verabschieden als von einem, das 200 € gekostet hat.
Tja, was bleibt an Alternativen, wenn man ein modernes, gern auch "taktisch" aussehendes Taschenmesser sucht, was den o.g. Voraussetzungen für ein EDC-Messer entspricht? Z.B. die Reality Based Recurve Blade von Böker. Es ist zwar ebenfalls weder klein noch leicht, dafür aber preiswerter. Sonst sieht die Lage jedoch recht düster aus ... Vielleicht hat ja einer meiner Leser einen Tip? ;-)
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