Samstag, 18. April 2009

Erinnerung an Andreas Hofer

Die Welt hat kürzlich einen netten Text über den Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer veröffentlicht - und erinnert zugleich an Carl Schmitt, einen der wichtigsten Staats- und Völkerrechtslehrer des 20. Jahrhunderts:
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Er war Pferdehändler und Kneipier, mit einem Talent für das schnelle Geschäft, mit dem er seinen Erbgasthof "Am Sand" bei St. Leonhard in Passeier vor dem Ruin rettete. Deswegen nannte man ihn auch "Sandwirt". Zeitgenössische Darstellungen zeigen Andreas Hofer (1767-1810) als hünenhafte Gestalt, die ihre bayerischen und französischen Gegner um Körper- und moralische Größe überragte. Das mag patriotischer Folklore geschuldet sein.

Doch als er am 8. April 1809 den Freiheitskampf der Tiroler gegen das napoleonische Besatzungsregime proklamierte, schrieb er Weltgeschichte. Kein Geringerer als der umstrittene wie wirkungsmächtige Staatsrechtler Carl Schmitt stellte den "wirklichen Guerilla-Volkskrieg", der damals losbrach, an den Beginn seiner "Theorie des Partisanen" (1963).
Denn der Freiheitskampf der Tiroler entlud sich zeitgleich mit der spanischen Erhebung gegen Napoleon, nach der der Guerilla-Krieg seinen Namen hat und sein Vorbild: In diesem Krieg, so Schmitt, "stieß zum ersten Male Volk - vorbürgerliches, vorindustrielles, vorkonventionelles Volk - mit einer modernen, aus den Erfahrungen der Französischen Revolution hervorgegangenen, gut organisierten, regulären Armee zusammen. Dadurch entwickelten sich neue Räume des Krieges, entwickelten sich neue Begriffe der Kriegführung und entstand eine neue Lehre von Krieg und Politik."

Auf Tirol 1809 gewendet: Nach der Niederlage von Austerlitz 1805 hatte Österreich Tirol an das mit Frankreich verbundene Königreich Bayern abtreten müssen. Seitdem mühten sich bayerische Beamte nach Kräften, das urtümlich verfasste Gebirgsland in die Gegenwart zu treiben. Diese ungestüme Modernisierungsoffensive traf auf eines der konservativsten Länder Europas. Tirol hatte sich selbst im Rahmen des Habsburger Ancien régime eine Sonderrolle erhalten können.

Das unzugängliche Gebirgsland war geprägt von einem freien Bauerntum, dem der Kaiser im fernen Wien das Recht zugestanden hatte, sich selbst zu verteidigen. Aus diesem Grund taten die Tiroler in Schützenkompanien und Landsturm Dienst. Die rund 36 000 Schützen waren mit eigenen Stutzen bewaffnet, 40 000 Stürmer mit "Picken, gerade aufgesetzten Sensen und Morgensternen". Und sie kannten jeden Weg in dem zerklüfteten Land.
Andreas Hofer, der die Proklamation zum Aufstand formulierte, war Oberkommandant der Passeier Schützen. Mit vielleicht 6000 Mann hatte er sich auf dem Bergisel bei Innsbruck verschanzt. Als die bayerischen Regimenter, an die 8000 Mann, in regulärer Linienformation von Innsbruck aus gegen ihn vorrückten, schossen die Tiroler sie einfach über den Haufen. Am 12. April war die Landeshauptstadt in der Hand der Rebellen.

[...]"



Neben den kriegstheoretischen Aspekten bezüglich der Guerillakriegführung erscheinen mir zwei Punkte wichtig. Erstens: Die Tiroler waren freie Bauern - und Schützen. Zweitens: Sie waren eher Vertreter einer dem damaligen Zeitgeist widerstrebenden Weltanschauung:
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Doch die Guerilla-Bewegungen in Tirol und Spanien beweisen noch etwas anderes: Der Partisan ist keineswegs ein Kämpfer für Aufklärung, Fortschritt, Modernität. Zu dem haben ihn erst seine marxistischen Interpreten des 20. Jahrhunderts und die sie lesenden Vietnamkriegsgegner gemacht. Hofer und die Seinen kämpften für ihre alte Wehrverfassung, die überkommene Machtstellung der katholischen Kirche und gegen die Nivellierungen des modernen bayerischen Beamtenstaates.

[...]

Wie die Spanier, die für das marode Regime der Bourbonen aufstanden, stritten die Tiroler für das Ancien régime und gegen die Menschenrechte der Revolution.

Befreiungsbewegungen, hat der Schweizer Soziologe Jean Ziegler das vom Zweiten Weltkrieg und der folgenden Entkolonialisierung geprägte Bild des Partisanen beschrieben, bringen "fundamentale soziale Forderungen auf den Weg ... sie verwandeln die Beziehungen zwischen den Klassen ... und vor allem bringen sie Millionen Menschen die Chance für ein menschliches, ein freieres, glücklicheres und gerechteres Leben".
Dass sie das nicht unbedingt tun müssen, hat Andreas Hofer bewiesen.

[...]"

Die Erinnerung an Hofer muß den Waffengegnern wie ein Schreck in den Gliedern sitzen. Sie wollen doch nur das Beste für alle Menschen und dann kommt jemand daher und widersetzt sich ihren Plänen für den Umbau der Gesellschaft.


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