Sonntag, 31. Januar 2010

31.01.2010: Videos des Tages

Zum gestrigen Beitrag paßt der folgende Film von Ray Mears, worin er Belarus besucht, dort ehemalige Partisanen aus dem 2. WK trifft und nebenbei noch ein paar Bushcrafttechniken vorführt.
(Diese Geschichte wird übrigens auch im Film "Defiance" (dt. Titel: Unbeugsam) aufgegriffen.)















Samstag, 30. Januar 2010

Partisanenromantik


Liegt es einfach an der die Gedanken anregenden Mittelgebirgslandschaft oder gar am genius loci? Seit einigen Monaten bin ich des öfteren in Thüringen unterwegs und habe mich seither wieder einmal intensiver mit dem Partisanenkampf während des Zweiten Weltkriegs beschäftigt. Die Anfänge dieses Interesses liegen schon lange zurück. Prägend dafür waren nicht nur die wenigen Schuljahre in der DDR, sondern auch westeuropäische Schriften. Seien es die Klassiker – etwa von Dachs „Totaler Widerstand“ und die „Winke für Jagdeinheiten“ – oder eher analytische Arbeiten wie z.B. Hahlwegs „Guerilla – Krieg ohne Fronten“, Schmitts „Theorie des Partisanen“, von der Heydtes „Der moderne Kleinkrieg als wehrpolitisches und militärisches Phänomen“ oder van Crevelds „Zukunft des Krieges“.

Dabei hatte ich die vielfältigen Partisanenaktivitäten an der Ostfront nur wenig beachtet. Zu dicht schien mir lange das Gewirr aus Propagandalügen und Halbwahrheiten, zu sehr legten einige angelsächsische Publikationen der 1990er Jahre nahe, daß es einen auch nur ansatzweise erfolgreichen Partisanenkampf de facto nicht gegeben habe. (Wenn man manche sowjetische Bücher aus der Nachkriegszeit liest, so könnte man fast den Eindruck gewinnen, es habe in manchen Teilen Weißrußlands mehr Partisanen als überhaupt Landeseinwohner gegeben. ;-))
Dazu kam im Zuge der sog. Wehrmachtsausstellung die These, daß deutscherseits die Partisanenbekämpfung (oder zeitgenössisch formuliert: der Bandenkampf) auf dem Gebiet der UdSSR nur ein Vorwand für die Judenvernichtung gewesen sei. Doch die Lektüre eines Bildbandes sowie die Forschungen über die Vorbereitung von Untergrundkämpfern für den Fall eines dritten Weltkriegs haben diesen Eindruck verändert. Es muß sowjetischerseits nicht unerhebliche Erfolge gegeben haben, sonst hätte man sich dort nicht noch Jahrzehnte später so intensiv mit dieser Facette der Kriegführung beschäftigt und sie wäre nicht so stark im kollektiven Gedächtnis (insbesondere in Belarus und der Ukraine) haften geblieben.



Von den klassischen Partisanen – also den (zivilen) Landeseinwohnern, die in die Wälder gegangen sind –, sind analytisch die Aufklärungs- und Diversionsgruppen zu unterscheiden, die vom militärischen Nachrichtendienst GRU und vom Staatssicherheitsdienst (NKWD bzw. NKGB) zumeist per Fallschirm hinter den deutschen Linien abgesetzt worden sind. Diese Unterscheidung wurde in der älteren sowjetischen Literatur oft nicht getroffen (hier war die Bezeichnung „Partisan“ sehr umfassend), in der jüngeren russischen hingegen schon. Nachfolgend soll es vor allem um diese Form der Aufklärung, Sabotage und Propaganda gehen, denn das waren die Aufgabenfelder der eingesetzten Gruppen.
Die Verluste der „Raswedtschiki“ (russ. für Aufklärer) waren jedoch beträchtlich. Es hat wohl geradezu legendäre Soldaten und Offiziere gegeben, die zahlreiche Einsätze erfolgreich durchgeführt haben. Doch gerade in der Endphase des Krieges, als sich der Einsatzraum zunehmend auf deutsches Gebiet verlagerte, hatten viele der eingesetzten Gruppen nur geringe Überlebensaussichten. Das kann man etwa auf dieser Webseite anhand der 1944/45 über Ostpreußen abgesetzten Einheiten erkennen.

Dort und auch in der jüngeren russischen Literatur, die sich von der Propaganda und Geheimnistuerei der Sowjetzeit befreit hat, kann man ein weiteres Detail ersehen: Bereits damals wurden die eingesetzten Spezialeinheiten mit individuell festgelegten Namen bezeichnet, z.B. „Moros“ (dt.: Frost) oder „Pobeditel“ (dt.: Sieger). Dieser Tradition ist man in der RF bis heute treu geblieben – im Geschäftsbereich des Innenministeriums ganz offiziell (z.B. „Witjas“, „Rus“, „Pereswet“, „Merkurij“) und im Föderalen Sicherheitsdienst inoffiziell („Alfa“, „Vympel“).



Doch zurück zum Zweiten Weltkrieg. Einen Sonderfall der sowjetischen „Fallschirmagenten“ stellen jene Deutschen dar, die sich in den Dienst der UdSSR gestellt haben, um gegen Hitler zu kämpfen. Seien es bekehrte Kriegsgefangene oder alte Kommunisten, spätestens mit der Gründung des Nationalkomitees Freies Deutschland und dem Vordringen der Roten Armee gen Westen wurden sie für die sowjetische Aufklärung immer wichtiger. Während sie in der DDR-Literatur oftmals als „antifaschistische Widerstandskämpfer“ gefeiert und in der BRD ebenso kritisch gesehen wurden (ausnahmsweise sachlich ist G. Nollau: „Gestapo ruft Moskau“), ohne daß man allzuviel über ihre konkrete Tätigkeit wußte, hat sich eine Autorin doch Mühe gegeben, daß Schicksal einer solchen Aufklärungsgruppe einigermaßen sachlich nachzuzeichnen. Die Rede ist von Barbara Neuhaus und ihrem Buch „Funksignale vom Wartabogen“.

Eine Gruppe von fünf Deutschen springt im August 1944 in der Nähe von Tschenstochau im Generalgouvernement mit dem Fallschirm ab. Ihr Auftrag: Aufklärung der deutschen Truppenbewegungen und anderer Ziele, wobei sie sich bis ins Reichsgebiet, nach Berlin, vorarbeiten sollen und sich als Angehörige des Nationalkomitees Freies Deutschland ausgeben. Ihre Erlebnisse werden von Neuhaus eindringlich geschildert, wobei sie sich erfreulicherweise von früheren DDR-Darstellungen derselben Gruppe abhebt. Es geht ihr nicht mehr um die blinde Glorifizierung. Nicht unproblematisch ist allerdings die gewählte Darstellungsweise. Das Buch ist zwar kein Roman, genügt aber auf der anderen Seite auch nicht den Anforderungen an einen wissenschaftlichen Text.

Zwei darin behandelte Probleme möchte ich hervorheben: Zum einen die Zusammenarbeit der fünf Deutschen mit der Roten Armee und anderen, im gleichen Raum operierenden Aufklärungsgruppen (die hier als Partisanen tituliert werden). Zum zweiten die Verhältnisse im damals als Generalgouvernement bezeichneten Polen. War das Verhältnis vieler Polen, gerade auch der einheimischen Partisanen, zu den fünf Deutschen allein aufgrund ihrer Nationalität sehr angespannt, so scheint es auch einen mehr oder weniger stillen Bürgerkrieg unter den Polen selbst gegeben zu haben. Während sich in der Volksgarde eher die linken Kräfte sammelten, um mit der UdSSR gegen die deutschen Besatzer zu kämpfen, so waren es in der Heimatarmee wohl eher die rechten, die gegen Deutschland und die SU gleichermaßen kämpfen wollten. Es wird sogar behauptet, daß antikommunistische Kader der Heimatarmee bisweilen als zu links oder sowjetfreundlich geltende Landsleute der Gestapo in die Hände gespielt hätten. Sollte dieser Vorwurf berechtigt sein, so wäre dies ein Schlag gegen die weit verbreiteten Hagiographien der Heimatarmee.

Das Ende des Kalten Krieges hat zu einer weitgehenden Offenlegung der Archive der am 2. WK beteiligten Staaten geführt. So konnte denn im Jahre 2004 der Sammelband „Krieg im Äther – Widerstand und Spionage im Zweiten Weltkrieg“ erscheinen (hrsg. von H. Schafranek und J. Tuchel). Darin geht es um den Kampf Deutscher gegen den Nationalsozialismus von außen. Obgleich es auch einige Beiträge über britische oder französische Aktivitäten gibt, befasst sich doch die Mehrzahl auf die eine oder andere Weise mit der Sowjetunion. Sie sind durchweg faktengesättigt und reichhaltig mit Fußnoten versehen.
Für den hier interessierenden Aspekt des Partisanenkrieges sind zwei Texte von besonderer Bedeutung, da die darin enthaltenen Informationen in deutscher Sprache wohl sonst kaum zu finden sind: erstens F. Chaustovs Essay über „Operative Gruppen sowjetischer Fallschirmagenten in den Kriegsjahren“ und zweitens N. Petrovs Abhandlung über die Organisation der Staatssicherheitsorgane und ihre Diversionstätigkeit. Der geneigte deutsche Leser wird hier viel Neues erfahren, wenngleich eine weitere Vertiefung dann wohl nur noch in der russischsprachigen Literatur möglich ist.

Um noch einmal auf das Buch an sich zurückzukommen: Es ist amüsant, wenn im Aufsatz von P. Huber („Sowjetische und parteikommunistische Nachrichtenkanäle in der Schweiz“) – der ansonsten sehr gut ist! – behauptet wird, bestimmte Archivbestände in Rußland seien für die Forschung nicht zugänglich, während ein zweiter Autor (H. Coppi) ausführlich aus eben jenen, angeblich unerreichbaren Dokumenten zitiert.
Der Sammelband darf heute wohl als repräsentativ für den Stand der Forschung gelten.



Gänzlich anders ist der Charakter des dritten hier zu besprechenden Buches: Waclaw Bilinskis „Der Tod lauert am Wolnapaß“ ist ein in den 1960er Jahren in der DDR erschienener Roman (und nicht mal ein besonders guter, zumindest ist die deutsche Übersetzung ziemlich schlecht), der jedoch ein Schlaglicht auf die Zeit kurz nach dem 2. WK wirft. Die Helden sind polnische Grenzsoldaten, die sich anno 1946 im Dreiländereck Polen-Tschechoslowakei-UdSSR mit allerlei Banditen herumzuschlagen haben. Am schlimmsten treibt es die Ukrainische Aufstandsarmee (UPA), die - von den USA wegen ihres Antikommunismus unterstützt - gegen ihre alten und neuen Feinde in Polen und der Sowjetukraine kämpfte. Trotz sowjetischen und polnischen Befriedungsaktionen wie etwa der Operation „Weichsel“ ist es diesen Partisanen noch bis Anfang der 1950er Jahre gelungen, Unsicherheit zu verbreiten.
Der Roman zeigt, wie sehr in dieser Gemengelage nationale und politische Konflikte miteinander verwoben waren. Erstaunlicherweise spielt die kommunistische Ideologie im Buch so gut wie keine Rolle. Ebenso lassen sich die historisch tatsächlich stattgefundenen Maßnahmen der polnischen Regierung (für die sich m.E. gute Gründe finden lassen) auf Marx oder Lenin zurückführen. Die heute populäre Sicht auf die osteuropäischen Staaten als vollständig moskauhörige Satelliten dürfte insofern stark überzogen sein.



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Donnerstag, 28. Januar 2010

Für den Notfall vorgesorgt


In der letzten Woche bin ich daran erinnert worden, daß ich mich wieder intensiver um meine Erste-Hilfe-Ausrüstung kümmern sollte. Bereits seit etwa zehn Jahren – seit eine Kollegin direkt neben mir „umgekippt“ ist und von einem zufällig anwesenden Rettungssanitäter wiederbelebt werden mußte – habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, meine Kenntnisse in Erster Hilfe regelmäßig (meist jedes Jahr) aufzufrischen und zudem immer eine kleine Menge Sanitätsmaterial mit mir zu führen.

Damit sind schon die wichtigsten Fragen angesprochen: Fähigkeiten und Material. Wozu sollte man sich mit „Survival“-Kenntnissen wie Fallenbau oder Notangeln befassen, wenn man nicht einmal in der Lage ist, eine ordentliche Herz-Lungen-Wiederbelebung durchzuführen und so Notfälle, die jederzeit und an jedem Ort auftreten könnten, zu bewältigen? Oder, ein anderes Extrem, was ich in einem deutschen Militärforum beobachten konnte: Da beginnen Reservisten, die Mühe haben dürften, überhaupt einen Druckverband richtig anzulegen, damit, sich Infusionen zu besorgen und während ihrer Wehrübungen mitzuführen. In denselben Kreisen scheint das Abbinden bei Gefäßverletzungen mittlerweile als Allheilmittel zu gelten – schließlich haben es die als Vorbild gesehenen Amerikaner im Irak und in Afghanistan vorgemacht und außerdem spart man sich damit die lästigen Druckverbände.
Ich habe nichts gegen das Abbinden an sich, auch wenn es in Deutschland nicht mehr explizit gelehrt wird. Doch auch hierzulande weiß das Rettungsfachpersonal, daß man bei bestimmten Verletzungen keine andere Chance hat, um die Blutung zu stoppen (allerdings wird dies meist nur hinter vorgehaltener Hand gesagt). Vielmehr stört mich, wenn Abbinden als alternativlos dargestellt wird und man zudem so tut, als wäre die Extremsituation eines Feuergefechts im Mittleren Osten mit den meisten Notfällen in Mitteleuropa vergleichbar.
Dies gilt insbesondere für jene Zeitgenossen, die meinen, bei Chemikalien wie z.B. Quikclot handele es sich um wahre Wundermittel, obwohl sie unter Fachleuten höchst umstritten sind. Ich kann für meine Person nur hoffen, daß ich nie einem überspannten und schlecht ausgebildeten „Hobbyretter“ in die Hände falle, der es zwar gut meint, aber schlecht macht – etwa, indem er mir beim Versuch, eine Infusion zu legen, die Arme zersticht und danach eine kleine Wunde, für die ein ordinäres Verbandspäckchen reichen würde, mit Quikclot „behandelt“, um mich schließlich, 17 Sekunden vor Eintreffen des Notarztes, zu intubieren. ;-)



Doch zurück zum Thema Ausrüstung. Da ich relativ mit dem Auto meist nur auf kürzeren Strecken unterwegs bin, habe ich häufig keinen Zugriff auf den Kfz-Verbandskasten. Über die Jahre habe ich deshalb mehrere Erste-Hilfe-Sets zusammengestellt, wovon ich heute zwei regelmäßig mitführe. Das wichtigste ist ein kombiniertes Überlebens- und EH-Paket, welches in Anlehnung an die in den USA vieldiskutierte „Bug-Out Bag“ entstanden ist. Mir dient es jedoch mehr als „Ausrüstung zum Nachhausekommen“, denn als Pendler, der den ÖPNV nutzt, will ich auf Störungen nicht gänzlich unvorbereitet sein.

Der „Überlebens“-Komponente besteht aus einem Notponcho, einer Alu-Rettungsdecke, Streichhölzern, einem Teelicht, Reservebatterien für meine Fenix-Taschenlampe, einer weiteren Kleinstlampe, Taschenwärmern, einem Knicklicht, Streichhölzern und Feuerzeug, Kompaß, Trillerpfeife, Wasserentkeimungsabletten, 1 Kondom, 10 m Paracord, Klebeband (Duct Tape), Isolierband, Kabelbinder, Notizblock und Stift, Erfrischungstüchern, Toilettenpapier und einer Löffel-/Gabel-Kombination. (Zwei bis drei (Taschen-) Messer und ein bis zwei Taschenlampen sind ohnehin immer am Mann oder in der EDC-Tasche. ;-))
Die „medizinische“ Komponente beinhaltet mehrere Verbandspäckchen sowie Mull- und Elastikbinden (wichtig für Druckverbände), Kompressen, ein Brandwundenverbandstuch, Heftpflaster, Sicherheitsnadeln, ein Dreiecktuch sowie das am häufigsten gebrauchte EH-Material: Wundschnellverbände (vulgo: Pflasterstrips in verschiedenen Größen). Dazu kommen eine Beatmungsfolie (für eine richtige Beatmungsmaske war leider kein Platz), Schutzhandschuhe, Desinfektionstücher, eine Schere sowie kleine Mengen an Medikamenten (Vitamintabletten, Schmerzmittel etc.).
Untergebracht ist das alles im Vorgängermodell dieser Tasche von Tasmanian Tiger, die nicht nur robust, sondern auch Molle-fähig ist und die ich ohne Vorbehalte empfehlen kann. Bei der Füllung wurde vornehmlich auf Produkte der Fa. Söhngen zurückgegriffen, denn diese sind meist hochwertiger und länger haltbar als viele 08/15-Produkte aus dem Supermarkt.

Das soeben vorgestellte Paket ist fast mein täglicher Begleiter in Aktentasche oder Rucksack. Wenn ich mit meinem Maxpedition Jumbo Versipack unterwegs bin, so ist dieser analog ausgestattet, wobei die Ausrüstung – mit Ausnahme des Sanitätsmaterials, für das es eine gesonderte Tasche gibt – auf die diversen Fächer verteilt wurde.

Vor einer Aufgabe habe ich mich aber seit zwei Jahren gedrückt: Ich besitze nach wie vor kein dezidiertes Erste-Hilfe-Set für meine Outdooraktivitäten. Ich hatte zwar schon einmal ein Paket zusammengestellt, das dann aber – da zu groß – verworfen werden mußte. Zudem konnte ich bisher keine Tasche finden, die meinen Anforderungen wirklich entsprechen würde. Sie darf ruhig ein paramilitärisches Aussehen haben, aber vor allem muß sie sich mittels Molle-Clips o.ä. Systemen am Rucksack befestigen lassen. Die Füllung lehnt sich an die DIN 13160 an, wobei es spezifische Ergänzungen gibt, auf die ich in der „Pampa“ nicht verzichten möchte (z.B. SamSplint zum Schienen von Brüchen, Beatmungsmaske). Des weiteren soll dieses EH-Set die Funktion einer Reiseapotheke erfüllen, es um verschiedene Medikamente ergänzt wird.

Die von den einschlägigen Herstellern „taktischen“ Zubehörs angebotenen Taschen sind für den von mir angedachten Verwendungszweck entweder zu klein oder zu groß. Entweder passen nur ein paar Verbandpäckchen hinein oder die Tasche ist so groß, daß man einen halben RTW darin unterbringen könnte. ;-) Bei den bekannten zivilen Herstellern sieht es nur unwesentlich besser aus. Mittlerweile bin ich soweit, mir einfach ein paar Taschen zu bestellen, sie testweise zu füllen und mich danach für eine zu entscheiden.

Ausdrücklich abraten möchte ich von einer San-Tasche, die ursprünglich auf ein Modell der US-Streitkräfte zurückgeht, mittlerweile aber auch von zahllosen Firmen nachgebaut wird (siehe z.B. hier oder hier). Diese Tasche läßt sich kaum sinnvoll füllen (man braucht zahllose weitere Plastebeutel), wenn es denn geschafft wurde, so kann man sie am Körper nicht stabil tragen, weder am Trageriemen noch am Koppel. Von einer Befestigung am Rucksack oder einem Verstauen in demselben mußte ich sofort Abstand nehmen, da zu klobig. Wenn es denn unbedingt eine Surplustasche sein soll, dann lieber das gute, alte DDR-Modell.



Noch in der Planungsphase befindet sich ein weiteres Projekt – ich nenne es einmal „Notfallrucksack“ – an dessen Fortführung mich die jüngsten Bilder aus Haiti erinnert haben. Damit ist jedoch keineswegs das gemeint, was üblicherweise im Rettungsdienst darunter verstanden wird. Vielmehr lehnt er sich an den sog. Bergungsrucksack an, den ich während meines Dienstes im Katastrophenschutz kennengelernt habe und den ich für ein hervorragendes Konzept halte: klein, aber durchdacht.
Besagter Bergungsrucksack war für den schnellen Zugriff bei Gebäudeschäden und zur Rettung von Leichtverletzten bzw. Leichtverschütteten vorgesehen. Es gab ihn in drei Zusammenstellungen (vgl. KatS-LA 220, S. 551 ff.). Dabei wurden eine Wolldecke und eine kleine Zusammenstellung von Sanitätsmaterial mit Schutzausrüstung und diversen Werkzeugen kombiniert (z.B. Bergungsbeil mit Säge und Kratze, Bindeleine, Bergungstuch, Wolldecke, Wagenheber, Klappspaten, Beitel u.a.m.).

So etwas Ähnliches schwebt mir auch vor. Bezüglich des Erste-Hilfe-Materials werde ich mich wiederum an der Liste gem. DIN 13160 orientieren. Dazu sollen dann noch einige Werkzeuge kommen, die sich möglichst universal auch bei privaten Notfällen i.w.S. – etwa im Straßenverkehr – einsetzen lassen (z.B. ein Klappspaten). Zudem hätte ich damit ein wenig Ausrüstung für meinen Dienst in der hiesigen Wasserwehr in der Hinterhand, denn es ist nicht so recht klar, was die Kommune stellt.
Offen ist jedoch auch hier noch die Frage des richtigen Behältnisses – die handelsüblichen Notfallrucksäcke für den RD erscheinen mir jedenfalls ungeeignet. Möglicherweise gibt es spezielle Modelle für die Bergrettung, die den Anforderungen eher entsprechen (zwei mittelgroße Fächer, je eines für Sanitätsmaterial und Werkzeug). Vielleicht weiß hier einer meiner Leser Rat?

Nun ja … hoffentlich habe ich meine Stammleser damit nicht allzu sehr gelangweilt, aber das Thema Erste Hilfe gehört im weitesten Sinne ebenfalls zum Themenbereich dieses Blogs.


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Mittwoch, 20. Januar 2010

20.01.2010: Bilder des Tages



Ist es möglich, auf Bildern das Lebensgefühl, den "Atem" einer Stadt zu vermitteln? Ich denke schon. Mit den heutigen Fotos soll dies für das große und hektische Moskau (zwischen 10 und 15 Mio. Einwohner!) versucht werden, wobei mir das erste Bild ganz besonders gefällt.
































Dienstag, 19. Januar 2010

Schluß mit dem Gewalttabu

Vor zwei Monaten haben die Visier-Redakteure wieder einmal einen kleinen Schatz auf dem deutschen Buchmarkt ausgegraben. Verfaßt wurde die streitbare Schrift mit dem Titel „Schluss mit dem Gewalt-Tabu! – Warum Kinder ballern und sich prügeln müssen“ vom hessischen Pfarrer Thomas Hartmann. Er will damit einen Kontrapunkt zu dem seiner Ansicht nach falschen gesellschaftlichen Konsens setzen, wonach man Kinder und Jugendliche unbedingt von allem, was irgendwie nach Gewalt aussehen könnte, fernhalten muß, wenn man keine Amokläufer erhalten wolle. Also keine Zinnsoldaten und Spielzeugpanzer, keine Stöcke und Computerspiele, keine Raufereien auf dem Schulhof und – Gott bewahre! – keine Schuß- oder auch nur Spielzeugwaffen.

Hartmann geht den ideologischen Grundlagen dieser Meinung von Rousseaus „Emile“ bis zur Friedensbewegung der 1970er und 80er Jahre nach. Dabei arbeitet er heraus, daß die gesamte „Friedenspädagogik“ auf höchst ungesicherten wissenschaftlichen Grundlagen steht. Viele Annahmen gleichen eher Glaubenssätzen als einigermaßen empirisch belegbaren Erkenntnissen. Es ist eben keineswegs erwiesen, daß Kinder und Jugendliche, die mit Kriegsspielzeug oder „Counter Strike“ spielen, deshalb gewalttätiger sind als ihre nicht entsprechend „vorbelasteten“ Altersgenossen.
Besonders wichtig waren für mich Hartmanns umfangreichen theologischen Ausführungen. Er weist u.a. nach, daß die Bibel keineswegs als pazifistisches Buch verstanden werden darf. Im Gegenteil: sie lehrt uns, daß Gewalt zum Menschsein dazugehört. Insbesondere das häufig gebrauchte Wort „Schwerter zu Pflugscharen“ aus dem Buch des Propheten Micha eigne sich wegen seines prophetischen Charakters, der in die ferne Zukunft des Gottesreiches verweist, nicht zur Begründung pazifistischer Politik im Hier und Jetzt. Darauf hatte auch ich schon hingewiesen.

Dies darf natürlich nicht in dem Sinne mißverstanden werden, daß der Autor zu grenzenlosen Prügelorgien aufrufen würde. Mitnichten! Vielmehr geht es ihm – im Rahmen der Erziehung – um die Unterscheidung von spielerischer und zerstörerischer Gewalt. Letztere ist nach Möglichkeit von den Erwachsenen zu unterbinden. Erstere ist hingegen wichtig für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, ermöglicht sie doch das Austesten von Grenzen, das Bestehen von Abenteuern (zumindest bei Jungen ein natürlicher Drang) und – ganz wichtig – das spielerische Ausleben und damit den Abbau von Aggressionen. Denn Studien haben gezeigt, daß Kinder, die letzteres nicht tun dürfen, irgendwann wirklich „böse“ werden und zur zerstörerischen Gewalt greifen.
Wenn man Hartmanns These zuspitzen möchte, könnte man sagen: Lieber ein paar Raufereien, bei denen sich alle nach einer halben Stunde wieder vertragen, als eine Schlägerei, bei der hinterher der Rettungsdienst anrücken muß.

Hinter der Argumentation Hartmanns steht m.E. der folgende Gedanke, der mich (gewissermaßen als einer Privattheorie ;-)) schon einige Jahre beschäftigt: Gewalt ist gleichsam natürlich und gehört zum Menschsein dazu. Man kann sie niemals aus der menschlichen Gesellschaft herausdrängen. Je intensiver dies versucht wird, um so heftiger werden die Gegenbewegungen werden. Es kommt somit darauf an, die Gewalt innerhalb einer Gesellschaft einzugrenzen und in produktive, möglichst nicht zerstörerische Bahnen zu lenken. Es ist eine echte Kulturleistung, wenn dies in einer Gesellschaft gelungen ist – dies merkt man um so stärker, je mehr es daran fehlt und uns statt dessen eine fast schon barbarisch zu nennende rohe Gewalt entgegentritt.

Historisch gesehen muß man hier zunächst den Begriff der Ritterlichkeit nennen, der während des europäischen Mittelalters und bis ins 20. Jahrhundert hinein wirksam war und vornehmlich im Bereich der Kriegführung einen bestimmten Verhaltenskodex erzeugt hat, der noch in den großen Kodifikationen des ausgehenden 19. Jahrhunderts (z.B. der HLKO) sichtbar war. Der Historiker Martin van Creveld schreibt dazu in seinem Buch „Die Zukunft des Krieges“:
"Die verschiedenen Gesellschaften zogen zu verschiedenen Zeiten natürlich auf sehr unterschiedliche Weise die Trennlinie zwischen Krieg und Mord, die Trennlinie selbst ist jedoch unerläßlich. Die einen verdienen es, ausgezeichnet zu werden, die anderen gehängt. Wo diese Unterscheidung nicht eingehalten wird, fällt die Gesellschaft auseinander, und der Krieg – im Gegensatz zur reinen wahllosen Gewalt – wird unmöglich." (S. 140 f.)
Van Creveld rekurriert insofern auch auf den Juristen Carl Schmitt, der in seinen völkerrechtlichen Arbeiten immer wieder auf die pazifierende Rolle des traditionellen europäischen Völkerrechts, wie es sich nach dem Dreißigjährigen Krieg herausgebildet hat, hingewiesen hat. (Am aussagekräftigsten sind insofern „Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum“ und „Frieden oder Pazifismus“.) Schmitt spricht insofern von der „Einhegung des Krieges“ (im Sinne einer Begrenzung) durch das Völkerrecht, nicht seine Verunmöglichung. Als gleichsam goldenes Zeitalter dieses Konzeptes erscheint das 18. Jahrhundert mit seinen Kabinettskriegen, die sich in Art und Ausmaß deutlich vom bisweilen „totalen“ Konflikt der Jahre 1618 bis 1648 unterschieden.

Diese These läßt sich vom Feld der Außenpolitik auch auf den innerstaatlichen Bereich übertragen. Gemeine Verbrechen wie Raub, Mord etc. sind wohl in allen menschlichen Gesellschaften geächtet. Als Mittel der Konfliktlösung waren hingegen jahrhundertelang Ehrenhändel allgemein akzeptiert, wenn auch vom Gesetzgeber oftmals untersagt. Die Institution des Duells hat etwas Faszinierendes: Man schlägt nicht wild aufeinander ein, man sticht seinen Gegner nicht meuchlings ab oder schießt ihn einfach über den Haufen. Nein, man begegnet sich zivilisiert, beachtet ein umfangreiches Regelwerk, benennt Sekundanten, ruft einen Arzt usw. Gewalttätige Konfliktaustragung – ja, aber kein wahlloses oder heimtückisches Dahinmorden. Es mag sich nun jeder selbst die Frage beantworten, ob das gesetzliche Verbot des Duells und dessen faktisches Verschwinden die deutsche Gesellschaft friedlicher gemacht hat.

Wie man sieht, handelt es sich dabei um spannende Fragen, die über konkrete Probleme wie etwa die Verschärfung des Waffenrechts oder das Verbot von Computerspielen weit hinausgehen. Als erwiesen darf jedenfalls gelten: Das Verdrängen und Verbieten von „eingehegten“, bisher gesellschaftlich akzeptierten Formen der Gewaltausübung –insbesondere der rein spielerischen, bei der niemand zu Schaden kommt – führt keineswegs zu einer gewaltlosen Gesellschaft (auch wenn man diese für ein hehres Ziel halten mag), sondern bestenfalls zu einer Transformation, die tendenziell erheblich destruktivere Formen hervorbringt.


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Freitag, 15. Januar 2010

Muß man diesen Unsinn verbreiten?



Ich bin durchaus kein Freund von Lagerkämpfen unter den ohnehin schon zersplitterten deutschen Legalwaffenbesitzern. Doch mit dem folgenden Beitrag - der mir wohl einige Gegner einbringen wird - sehe ich mich gezwungen, auf die Diskussion in diesem Thread von Co2air.de zu regieren und den von einer einer Handvoll Einzelpersonen verbreiteten - pardon - Unfug zu kritisieren. Im genannten Forum behauptet ein (mittlerweile glücklicherweise gesperrter) Nutzer, wir deutschen Legalwaffenbesitzer wären in der öffentlichen Diskussion zu feige und täten gut daran, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, indem wir ein gott- und/oder naturgegebenes Recht auf Waffenbesitz proklamieren. Zwei, drei andere User sind dem Mann beigesprungen, haben u.a. meine Person der „übermäßigen Politischen Korrektheit“ bezichtigt und weiterhin vorgetragen, ggf. müsse der Konsens des deutschen Staates aufgekündigt werden. Der Gipfel waren allerdings Forderungen, die einen Zusammenhang zwischen dem Legalwaffenbesitz und dem sog. Widerstandsrecht in Art. 20 IV GG konstruieren wollten.
Ich kann nicht auf alle dort aufgeworfenen Fragen eingehen, will aber dennoch meine Ablehnung dieser Positionen kurz (und hoffentlich nachvollziehbar) begründen.

Naturrecht auf Waffenbesitz?

Die Vorstellung, daß es ein von Gott und/oder der Natur gegebenes und somit vorkonstitutionelles bzw. über der geschriebenen Verfassung stehendes Menschenrecht auf Besitz und Führen einer Schußwaffe gäbe, wird in Europa sicher von 90 % der Menschen abgelehnt werden. Wir sind hier eben nicht in den USA! Mit dieser Feststellung, die sich leicht anhand von Meinungsumfragen belegen ließe, sollte sich das Naturrechtsargument für uns deutsche LWBs eigentlich erledigt haben.
Warum? Ganz einfach: Ein Argument dient innnerhalb einer Diskussion dazu, den Gesprächspartner, der anderer Meinung ist, von der eigenen zu überzeugen. Doch das vermeintliche Naturrecht auf Waffenbesitz taugt hierzulande nicht einmal als Provokation, es ist einfach eine Lachnummer (wie ein Kollege im genannten Forum ganz treffend geschrieben hat). Niemand, der weiterhin ernstgenommen werden will, wird ein Argument vortragen, dessen Überzeugungskraft offensichtlich gegen Null geht.
Daher spielt es auch keine Rolle, was ich aus juristischer Sicht von dieser Auffassung halte – sie ist hierzulande nicht nur nicht konsensfähig, sondern nicht einmal diskussionsfähig.

Man mag diesen Befund bedauern, aber es ist so. Wer dennoch lautstark auf diesem Naturrecht beharrt, macht sich nicht nur lächerlich, sondern schließt sich selbst von allen weiteren (ernsthaften) Diskussionen über das Waffenrecht aus. Vielleicht ist es genau das, was seine Befürworter erreichen wollen? Aus ihren Beiträgen spricht der Geist von Sektierern: Diese penetrante Rechthaberei, verbunden mit der Beschimpfung aller „Andersgläubigen“, kennt man sonst nur aus messianischen Bewegungen in Religion und Politik.

In das Bild des Sektierers paßt auch die von einem geäußerte Meinung, man solle das geltende Waffengesetz einfach nicht beachten und „darauf pfeifen“. Der Mann wurde gottlob aus dem Forum verbannt, denn eine bessere Steilvorlage hätte man den Waffengegnern gar nicht liefern können. (War der User vielleicht gar ein Agent provocateur aus dieser Fraktion?) Fakt ist: Solange man sich auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland befindet, tut man gut daran, sich an das hierzulande geltende Recht zu halten. Selbst wenn man diese Gesetze nicht liebt, so verfügt der deutsche Staat (wie alle Staaten) doch über Machtmittel (zuvörderst Polizei und Justiz), um die Beachtung zu erzwingen. Wer meint, er könne „darauf pfeifen“, wird sich alsbald hinter schwedischen Gardinen wiederfinden. Das mag für den Betreffenden unangenehm sein, für ein gedeihliches Zusammenleben der Menschen jedoch ist es unerläßlich.

Widerstandrecht und Waffenbesitz?

Gibt es einen direkten, vielleicht sogar justiziablen Zusammenhang zwischen dem Widerstandsrecht (Art. 20 IV GG) und dem Legalwaffenbesitz in Deutschland? Die Antwort lautet ganz klar: Nein. Und niemand, der sich ein wenig mit diesem verfassungsrechtlichen Problem beschäftigt hat, kann ernsthaft anderer Meinung sein.
Denn: Art. 20 IV GG ist keine Rechtsnorm, sondern bestenfalls ein moralischer Appell:
Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Diese Bestimmung wird erst dann relevant, wenn die verfassungsmäßige Ordnung de facto bereits abgeschafft ist, also z.B. aufgrund eines Staatsstreichs keine funktionierende unabhängige Gerichtsbarkeit mehr besteht.
Damit wird auch klar, weshalb Art. 20 IV keine Rechtsnorm ist, die zur juristischen Argumentation taugt: Entweder liegt der Tatbestand (die Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung) gar nicht vor, dann wird jedes deutsche Gericht – zu Recht – die Begründung des Widerstandsrechts nicht gelten lassen. Wurden die verfassungsmäßige Ordnung und damit die Rechtsstaatlichkeit jedoch tatsächlich beseitigt, so wird man einem Unrechtsstaat das Widerstandsrecht wohl kaum erfolgreich entgegenhalten können.

Der gesamte Komplex des Widerstandsrechts ist eine extrem schwierige juristische und politische Materie (zur Vertiefung empfehle ich die einschlägigen Grundgesetzkommentare) und ich verstehe nicht, weshalb ausgerechnet Art. 20 IV GG die Phantasie einiger meiner Mitbürger so zu beflügeln scheint. Es muß bei Außenstehenden doch fast zwangsläufig Angst auslösen, wenn Einzelne zur Begründung des Legalwaffenbesitzes auf das Widerstandsrecht pochen. Wer dies tut, zeigt öffentlich, daß er mit dem Bürgerkrieg schwanger geht. Und von diesem Eindruck bis zum gegen die Waffenbesitzer bereits erhobenen Vorwurf des Rechtsextremismus (vgl. hier und hier) ist es dann nur noch ein kleiner Schritt.

Vermutlich entstammt die Beschäftigung mit dem Widerstandsrecht aus den amerikanischen Diskussionen über das dortige Waffenrecht. Hier muß man jedoch den spezifischen Kontext des zweiten Verfassungszusatzes und der dort erwähnten Miliz beachten. Allerdings geht die jüngste Rechtsentwicklung in den USA von einem solchen, eher kollektiv verstandenen Recht ab. Denn seit dem Urteil des Obersten Gerichts im Fall Heller ist klar, daß der zweite Zusatzartikel auch ein Individualrecht darstellt – also unabhängig von Miliz, Landesverteidigung, Erhaltung der Staatsordnung etc. ist. Weshalb wird ausgerechnet jetzt hier in Deutschland dieser kollektivistische Ansatz, der leicht als praktische Vorbereitung auf einen unmittelbar bevorstehenden Bürgerkrieg (miß-)verstanden werden könnte, in die Debatte eingeführt? Das muß doch schiefgehen!

Taugte das vermeintliche Naturrecht wenigstens noch als Belustigung, so rücken sich diejenigen, die auf das sog. Widerstandsrecht verweisen, selbst in die Nähe von Terroristen und politischen Obskuranten. Ob sie das selbst so wollen? Auf jeden Fall erweisen beide „Argumente“ unserem legitimen Anliegen einen Bärendienst – ihr Nutzen geht gegen Null, aber der angerichtete Schaden ist beträchtlich. Daher meine Bitte: Laßt ab von diesem Unfug! Das hat nichts mit übermäßiger politischer Korrektheit oder mit Feigheit zu tun, sondern mit einer realistischen Analyse der politischen Lage. In der Sache sind beide Argumente Unfug, zudem wirken sie in der Öffentlichkeit höchst kontraproduktiv.
Wenn wir in der politischen Debatte ernstgenommen werden wollen, müssen wir uns von solchen absurden Positionen distanzieren. Und ja, insofern bin ich ein wenig feige – ich möchte nämlich, daß meine politischen und juristischen Einlassungen auch fernerhin ernstgenommen und nicht als dummes Geschwätz abgetan werden. Und das wird nur dann der Fall sein, wenn man sich auf die konkrete Situation, in der die deutsche Waffenrechtsdebatte stattfindet, einläßt. Wer dagegen meint, auf seinen abstrusen verfassungsrechtlichen und -politischen Privattheorien beharren zu müssen, der mag dies tun, verzichte dabei aber bitte auf jeden Hinweis, der den Eindruck hervorrufen könnte, er würde im Namen vieler oder gar aller deutschen Legalwaffenbesitzer sprechen. Denn das ist gottlob nicht der Fall.


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Donnerstag, 14. Januar 2010

Frohes neues Jahr!

So neu ist das Jahr zwar nicht mehr, aber ich war 2010 bisher durch diverse Verpflichtungen (u.a. einem Einsatz als Dolmetscher) daran gehindert, hier zu posten. Also: Alles Gute für meine verehrte Leserschaft! Ich habe hier noch einige E-Mails liegen, die ich in den nächsten Tagen sukzessive beantworten werde.

Doch ist auch das neue Jahr bis dato nicht ereignislos geblieben. Am 6. Januar hat ein anonymer Leser hier folgenden Kommentar hinterlassen:
""böse waffen"

- waffen sind nur aus einem einzigen grunde erfunden wprden: Um zu töten, um durch einen einzigen, kleines, leichten klick zu töten. Man zielt, man drückt ab. Und das gegenüber stirbt einen quaslvollen Tod. Sicher sind sie als 'Waffenfreund' nicht begeistert, dass ihre geliebten spielzeuge verboten werden könnten, aber gerade sie wollten sich doch über die macht udn ausgehende gefahr einer waffe bewusst sein und daher nicht leichtsinnig 'böse waffen' schrieben, das ganze somit ins ironische ziehen, oder etwa nicht? den ist es ist nun mal de facto so, dass waffen töten, und was sosnt wäre ihre definiton wenn nicht böse? ..machtvoll? gefährlich? mit welcher rechtfertigung wollen sie imstande sein, über leben & tod zu entschieden?"
Ich weiß nicht, ob der Betreffende hier noch mitliest, dennoch möchte ich darauf antworten. Denn in diesen Einlassungen zeigt sich ganz deutlich die Irrationalität und Emotionalität der Waffengegner.

Es ist schlichtweg falsch, daß Schußwaffen ausschließlich zum Töten erfunden worden seien. Schon in in Anlage 1 Nr. 1.1 des Waffengesetzes werden sie als Gegenstände definiert, "die zum Angriff oder zur Verteidigung, zur Signalgebung, zur Jagd, zur Distanzinjektion, zur Markierung, zum Sport oder zum Spiel bestimmt sind und bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden". Der Gesetzgeber erkennt also an, daß es eine große Bandbreite von legitimen Anwendungszwecken für Schußwaffen gibt, so daß sie primär nicht über einen Verwendungszweck definiert werden, sondern über ein eindeutiges technisches Merkmal (nämlich die durch einen Lauf getriebenen Geschosse).

Eine solche technische Definition ist auch die einzig objektivierbare, denn die Frage nach dem Verwendungszweck wird sich regelmäßig nicht eindeutig klären lassen. Der Grund dafür ist simpel, wird jedoch ofensichtlich von vielen Mitmenschen nicht verstanden. Waffen sind tote Gegenstände (juristisch gesprochen: Sachen), die der unbelebten Umwelt angehören. Somit verfügen sie über keinen eigenen Willen, können keine eigenen ("naturgemäßen") Absichten verfolgen und gehen auch nicht von alleine "los". Der Verwendungszweck einer Sache - und damit auch einer Waffe - wird ausschließlich von ihrem Benutzer vorgegeben und ist ihr nicht selbst inhärent.

Ich möchte dieses Argument anhand eines Beispiels vertiefen. Es ist keineswegs zwingend und daher unzulässig, aus der Art eines Kraftfahrzeugs auf die Straße zu schließen, die der Fahrer damit benutzen will. Es liegt ausschließlich in der Entscheidungsgewalt dieser Person, ob er mit seinem Traktor auf der Autobahn oder mit seinem Porsche auf einem Feldweg fährt. (Man komme jetzt bitte nicht mit dem Einwand, daß es gesetzlich verboten sei, mit einem Traktor die Autobahn zu benutzen. Es kommt schon darauf an, den Unterschied zwischen Sollen und Sein zu beachten.)

Daraus folgt: Jeder Versuch, tote Gegenstände mit moralischen Eigenschaften wie z.B. "böse Waffen" zu kennzeichnen, die nur Menschen zukommen, ist bei einer rationalen Betrachtung unhaltbar. Konkreter anhand eines extremen Falles formuliert: Die Person am Abzug tötet, nicht die Waffe. Letzterer ist es egal, ob ein Geschoß durch ihren Lauf getrieben wird oder nicht und, falls ja, wohin dieses Geschoß fliegt.

Doch selbst wenn ich mich für eine Sekunde auf die Definition des Lesers einlasse, dann zeigt sich, daß er im Unrecht ist. So ist etwa keine einzige der von mir besessenen Druckluftwaffen in irgendeiner Form für das Töten von Menschen gedacht oder geeignet - weshalb zumindest insofern auch der Einwand im o.g. Kommentar ins Leere läuft. Niemand "entscheidet über Leben und Tod", wenn er mit einem Gewehr oder einer Pistole Schießscheiben durchlöchert. Es bedarf schon eines gehörigen Maßes an kranker Phantasie (woran es den Waffengegnern nicht zu fehlen scheint), um unbelebte Gegenstände als "böse" zu titulieren und ihren Besitzern latente Tötungsabsichten zu unterstellen.


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Mittwoch, 6. Januar 2010

06.01.2010: Video des Tages

Seit 1991 ist in Rußland (ähnlich wie übrigens in Polen) die alte Tradition der Kadettenschulen wieder zum Leben erwacht. Eine davon, in Moskau angesiedelt, ist ausschließlich Mädchen vorbehalten. Dort lernen sie - Gott sei bei uns! - auch den Umgang mit Schußwaffen. Werden damit nicht zwangsläufig Schulamokläufer herangezüchtet? Offenkundig nicht - zumal es sich im konkreten Fall um junge Damen handelt, die angeblich (wenn man der Kriminolgin Britta Brannenberg glauben will) nicht zu "school shootings" neigen. Na Gott sei dank, da fällt einem ja ein Stein vom Herzen ... ;-))



Samstag, 2. Januar 2010

02.01.2010: Musik des Tages

Der Jahreszeit angemessen ist das Lied "Newskije morshi" (dt.: Wale in der Newa) von Anatolij Koroljow, in dem der Winter besungen wird. Unterlegt ist die Musik mit Filmaufnahmen aus dem winterlichen Leningrad.