Mittwoch, 11. August 2010

WM-Eindrücke VI


Alle schönen Ereignisse gehen einmal zu Ende - und die 50. ISSF-Weltmeisterschaft macht keine Ausnahme von dieser Regel. Morgen werden mehrere tausend Gäste aus aller Welt wieder abgereist sein und viele schöne Erinnerungen an das "Schützenland" Deutschland mitnehmen. Die Realität in der BRD anno domini 2010 sieht freilich düsterer aus: Die Waffengegner formieren sich und möchten uns und unserem Sport am liebsten den Garaus machen. Wir werden als "Mordschützen" diffamiert und man will uns gern auf kaltem Wege enteignen. Die nächsten Auseinandersetzungen über das Waffenrecht stehen unmittelbar bevor. Nutzen wir also noch einmal die Gelegenheit, um auf die WM zurückzublicken, auch wenn Teile der deutschen Medien alles dafür getan haben, sie zu verschweigen, um das Sportschießen aus dem öffentlichen Bewußtsein zu drängen.



Beginnen wir mit den Entscheidungen des gestrigen Tages. Im Skeet der Männer gab es ein langes und spannendes Finale mit drei shoot-offs. Gold ging schließlich an den 39jährigen Walerij Schomin aus Rußland (149 Treffer), der damit die dritte Einzelmedaille eines erwachsenen russischen Flintenschützen bei dieser WM erang. Auf Platz 2 kam der Italiener Ennio Falco, Bronze gewann Georgios Achilleos, einer von zwei Zyprioten unter den sechs Finalisten. Bester Deutscher war Ralf Buchheim, der mit seinem 7. Platz im Wettkampf den Finaleinzug knapp verpaßt hat.
Im Mannschaftswettkampf der Männer konnte Zypern Gold gewinnen; das deutsche Juniorenteam kam in seiner Wertung auf den Bronzeplatz.
Die Leistungsdichte war bei dieser WM generell enorm, doch im Skeet war sie besonders groß. Respekt!



Im 300-m-Dreistellungskampf der Frauen gewann die deutsche Schützin Eva Friedel Bronze, Sonja Pfeilschifter kam auf Rang 4. Die anderen Medaillen holten sich, wie kaum anders zu erwarten, zwei Skandinavierinnen. ;-) In der Mannschaftswertung gewann Polen - mit neuem Weltrekord - Gold, die USA Silber und Deutschland Bronze.
In derselben Disziplin sah es bei den Männern kaum anders aus, nur daß sich hier die deutschen Schützen nicht nach vorne kämpfen konnten; Christian Dressel wurde als bester Deutscher 21.



Kommen wir zur Laufenden Scheibe (50 m). Hier kam Maxim Stepanow aus Rußland in der Erwachsenenwertung auf Rang 2 und konnte somit seine zweite Einzelmedaille dieser WM gewinnen. Gold ging an den Schweden Emil Martinsson (590 Ringe); bester deutscher Starter war Tobias Schönsteiner (18.). Bei den Junioren sah es ähnlich aus: Jurij Dowgal konnte mit 586 Ringen seine Medaillensammlung um eine goldene erweitern, auf Platz 2 kam der Finne Sami Heikkila und Alexander Naumenko, ebenfalls aus der RF, errang Bronze. Bester Deutscher war Sebastian Zeh (9.). In den Mannschaftswertungen konnten sowohl die Männer als auch die Junioren aus der RF Gold gewinnen.



Die Ergebnisse aller WM-Wettkämpfe sind hier noch einmal in einer PDF-Datei einsehbar. Interessant ist, daß während dieser WM 27 Weltrekorde aufgestellt oder zumindest egalisiert werden konnten. Welche dies im einzelnen sind, ist hier ersichtlich. Wie schon mehrfach geschrieben: In München waren Spitzenschützen am Start (auch aus so exotischen Ländern wie etwa dem Iran) und sie haben zumeist ganz hervorragende Leistungen vollbracht, auch wenn es nicht zu einer Medaille gereicht hat. Da kann ich als Amateur nur meine Anerkennung aussprechen.
Sport-politisch interessanter sind die ersten 69 Quotenplätze für die Olympischen Sommerspiele 2012, die auf der WM vergeben wurden. So gehen z.B. jeweils 9 Plätze nach China und Rußland, 5 an die USA und je 4 nach Deutschland und Serbien.
Auch ganz lohnenswert ist ein Blick auf den nach Staaten geordneten Medaillenspiegel. Die Plätze 1 bis 10: China (52 Medaillen), Rußland (46), USA (24), Italien (15), Ukraine (23), Schweiz (10), Südkorea (17), Deutschland (21), Frankreich (12), Polen (6) usw. usf.



Bei aller gebotenen Vorsicht gegenüber Simplifizierungen, aber die deutschen Schützen scheinen insgesamt ein paar kleinere Probleme zu haben. Die Medaillenausbeute paßt nicht recht zur - bisher glücklicherweise noch vorhandenen - Verankerung des Schießens in breiten Bevölkerungskreisen und zu unserem internationalen Image als "Mekka des Schießsports".
Aus Sicht der Rußländischen Schützenunion war diese WM hingegen ein großer Erfolg. Um so mehr, wenn man bedenkt, unter welchen z.T. stark eingeschränkten materiellen Bedingungen in Rußland und der Ukraine der Schießsport betrieben wird (siehe auch hier und hier). Die Ergebnisse der Schützen aus den Nachfolgestaaten der UdSSR können sich jedenfalls sehen lassen und bringen hoffentlich die Unkenrufe in der Heimat zum Schweigen.
Eines hat diese Meisterschaft aufs neue bestätigt: Die chinesischen Schützen sind nur sehr schwer zu schlagen, obwohl es einige Male gelungen ist. Und sie kommen aus einem Land, in dem sogar der Privatbesitz von Airsoftwaffen verboten ist. Das sollte zu denken geben.



Was bleibt von dieser Weltmeisterschaft? Aus Sicht eines räumlich distanzierten Betrachters, wie ich es war, vor allem die positive Atmosphäre und die hierzulande seltene Möglichkeit, den Schießsport in der Öffentlichkeit positiv darzustellen. Dazu können auch die WM-Teilnehmer beitragen, sympathische junge Menschen wie zum Beispiel Barbara Lechner, Peter Sidi, Zorana Arunovic, Dmitrij Romanow, Kira Klimowa, Viktoria Tschajka, Eva Friedel, Leonid Ekimow, Kim Rhode, Alexej Klimow, Matthew Emmons und seine Frau Katerina, Danka Bartekova und ihre Zwillingsschwester Lenka, Dmitrij Romanow, die Brüder Andreas und Michael Heise, Olga Kaweschnikowa u.v.a. Sie sind normale Zeitgenossen und seriöse Sportler und widerlegen so, allein durch ihr Beispiel, die Horrormärchen von den "gestörten Waffennarren", bei denen es sich doch nur um absonderliche Gestalten handeln kann.



Gestern abend wurde schließlich in München die ISSF-Flagge eingeholt und an Spanien übergeben, wo in vier Jahren die nächste große Weltmeisterschaft der ISSF im Sportschießen stattfinden wird. Das nächste Großereignis mit internationaler Bedeutung wird die Olympiade 2012 sein.





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Fotos: ISSF, www.shooting-russia.ru.
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