Eigentlich wollte ich mich nicht mehr über die Ereignisse in Kirgisistan äußern, doch ein Artikel, über den ich vorhin zufällig gestolpert bin, nötigt mich dazu. Geschrieben wurde er von Roger McDermott, einem Mitarbeiter der Jamestown Foundation. Dieser Think-tank ist für seine notorische Russophobie bekannt. McDermotts Meinung über die 2009 gebildeten Krisenreaktionskräfte der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) ist höchst negativ; der Tenor lautet in etwa, daß die russiche Regierung bösartig, aber unfähig sei. Er illustriert das mit der vor einem Jahr diskutierten, aber bis heute nicht erfolgten Einrichtung einer Militärbasis der RF in der kirgisischen Stadt Osch, die das Zentrum der derzeitigen Unruhen ist.
Das schönste Zitat lautet:
"[...]Aha, Osch und das Ferghanatal liegen also "JWD" und eine Truppenstationierung in dieser Region hätte keinerlei praktische Bedeutung für die Verbesserung der Sicherheitslage in der Region. Die Ereignisse der letzten Wochen haben McDermott natürlich Lügen gestraft. Man muß kein Prophet sein, um festzuhalten, daß die Ereignisse der letzten Wochen einen anderen Verlauf genommen hätten, wäre bereits ein Kontingent von Sicherheitskräften aus anderen OVKS-Mitgliedsstaaten dort disloziert gewesen.
It is illuminating to note that Moscow generally seeks consensus only after announcing and negotiating a new initiative, such as opening a military base on Uzbekistan's border that arguably plays no practical security role.
[...]"
Das gilt auch für den ersten Teil des oben zitierten Satzes. Die Suche nach Konsens bei internationalen Verhandlungen kann logischerweise erst durch die Verhandlungen selbst geschehen. Wie sollte auch ein vorheriger Konsens möglich sein? Und wenn man in Verhandlungen eintritt, werden alle Beteiligten ihre Ausgangspositionen darlegen. Dies ist ganz natürlich und keineswegs ein Zeichen von diplomatischer Schwäche oder Unfähigkeit Moskaus. McDermotts Einlassungen zeigen eher, daß es ihm am notwenigen Verständnis der internationalen Diplomatie fehlt.
Es ist ferner bezeichnend und wäre fast schon ironisch (wenn es nicht so viele Opfer der Unruhen gäbe), daß ausgerechnet Usbekistan, das im vergangenen Jahr der Einrichtung der OVKS-Truppe widersprochen hat (und das von McDermott dafür gelobt wird), in der derzeitigen Lage mit am meisten von ihr profitieren würde. Jetzt muß Taschkent mit abertausenden Flüchtlingen und einer sehr prekären Lage in seiner Grenzregion zu Kirgisistan alleine fertig werden.
Aber so weit reicht das Analysevermögen der "Kalten Krieger" wahrscheinlich nicht. Im Zweifelsfall sind immer "die Russen" das Problem, wie Gabriele Krone-Schmalz so treffend bemerkte. Hoffentlich finden sich in Zukunft nicht mehr allzu viele Gläubige, die diesen, von Radio Liberty verbreiteten Unsinn ernstnehmen.
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