Da ich im Osten Deutschlands aufgewachsen bin und noch lebe, liegt es nahe, daß sich bei mir in letzter Zeit ein besonderes Interesse für die Geschichte des Schießsports hier in der Region entwickelt hat. In puncto Sekundärliteratur kann insofern nur auf einen Titel zurückgegriffen werden: "Sportschießen in der DDR - Von den Anfängen bis 1990" (Wiesbaden 2002) von Hans-Joachim Beck. (Das Buch ist leider nur im DSB-Shop erhältlich.)
Der Autor stellt die Entwicklung zwischen 1945 und 1990 in allen Facetten dar: politische Einbindung, Organisationsstrukturen, Wettkampforganisation, Ergebnisse usw. usf. Da es nur diesen Band gibt, führt eigentlich kein Weg daran vorbei. Dennoch erscheint mir manches kritikwürdig. Die Strukturierung des Buches hätte besser ausgeführt sein können, die Qualität der (viel zu wenigen) Bilder ist sehr schlecht, ferner dürfte sich kaum jemand für die ellenlangen Namenslisten interessieren, die sich oft über viele Seiten ziehen. Insoweit wäre weniger mehr gewesen.
Des weiteren ist seit Jahren allgemein bekannt, daß der Leistungssport in der DDR aus Sicht der SED von besonderer (außen-)politischer Bedeutung war. Man muß nicht, wie Beck es tut, immer wieder auf diesen Tatbestand hinweisen; dergleichen langweilt den Leser.
Außerdem ist m.E. manches in der Darstellung der 1950er Jahre falsch gewichtet worden. Wenn man sich in die Originalquellen jener Zeit vertieft, dann stellt sich vieles etwas anders dar. Ich war vor kurzem in der glücklichen Lage, die Jahrgänge 1954 bis 1960 der GST-Schießsportzeitschriften sichten zu können, wobei viel interessantes zutage getreten ist. Der ostdeutsche Schießsport ist in den Anfangsjahren nach dem 2. WK maßgeblich durch in ihrer Bedeutung wohl kaum zu überschätzende Kontakte mit der Tschechoslowakei sowie - in geringerem Umfang - der Sowjetunion und Polen gefördert worden. Lesenswert sind auch die Wettkampfberichte aus dem Vor-Internet-Zeitalter. Und die sportpolitischen Seiltänze, als es um die Aufnahme des DSV der DDR in die UIT und um die Bildung gesamtdeutscher Schützenmannschaften für die olympischen Spiele ging.
Einige der Ergebnisse meiner Recherchen werde ich hier in der nächsten Zeit publizieren. Der erste Beitrag ist bereits am Sonntag erschienen, morgen und übermorgen folgen die nächsten.
Abschließend noch ein Resümee über den DDR-Schießsport: Es gab eine scharfe Trennung zwischen Breiten- und Leistungssport. Während es dem auf internationale Spitzenleistungen getrimmten Leistungskader an (fast) nichts fehlte, wurde der "Pöbel" in den Grundorganisationen der GST mit Waffen und Munition kurz gehalten und hatte bestenfalls im Kindes- und Jugendalter die Chance, nach "oben" aufzusteigen. Beck beschreibt sehr nachvollziehbar und anschaulich den Mangel an breitensportlicher Basis für die Leistungselite. Dennoch war es der DDR mit diesem Sportsystem möglich, in der Weltspitze mitzumischen.
Heute gilt es darüber zu wachen, daß die Waffengegner in Deutschland nicht versuchen, daran anzuknüpfen. Schließlich hat uns die "Bürgerrechtspartei" der Grünen schon davon in Kenntnis gesetzt, für wie vorbildlich sie das Waffenrecht der DDR hält.
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