Der in diesem Blog am 12. Juli publizierte Artikel über die von Stuttgart und anderen Kommunen geplante (gestern aber vertagte) Waffenbesitzsteuer hat eine unerwartet große Resonanz gefunden. Deshalb muß ich jetzt meine dort gemachten Ausführungen ein wenig relativieren. Insbesondere die Gedanken zur fehlenden Gesetzgebungskompetenz sind so nicht mehr haltbar und müßten im Lichte der einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (98, 83 und 98, 106) neu angegangen werden. Zum damaligen Zeitpunkt waren mir nur die allgemein zugänglichen Pressemeldungen bekannt; der Text des Gutachtens von Volker Stehlin, auf das sich die Stuttgarter beziehen, ist mir erst danach zugegangen.
Erfreulicherweise haben sich mit Johannes Dietlein (PDF) und Peter Lindner mittlerweile zwei namhafte Juristen des Problems angenommen und Rechtsgutachten erstellt, auf die ich hier gerne verweise. Dietlein ist eher der Akademiker, wohingegen Lindner aus seiner Erfahrung als baden-württembergischer Rechtsanwalt schreibt. Insofern ergänzen sich beide Ausarbeitungen gut. (Wer allerdings nur eine lesen kann oder will, dem würde ich zu der etwas leichter verständlichen von Dietlein raten.) Damit sind alle relevanten Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer Waffenbesitzsteuer behandelt worden. Bleibt zu hoffen, daß diese Argumente auch politisch durchgreifen.
Das Thema hat dieser Tage auch das Interesse der Medien auf sich gezogen. Der Berliner Tagesspiegel hat es aufgegriffen und dabei seine fachliche Inkompetenz aufs deutlichste demonstriert (oder ist es vielleicht sogar absichtsvolle Desinformation der Öffentlichkeit?):
"[...]Ich weiß nicht, wo die angebliche Pflicht zur Kontrolle der sicheren Aufbewahrung im dreijährigen Rythmus stehen soll, aber im Waffengesetz jedenfalls nicht (vgl. § 36 III). Ebensowenig dürfen für die Kontrollen Gebühren erhoben werden, denn sie erfolgen (wie allgemeine Verkehrskontrollen auch) im öffentlichen Interesse. Dies hat sogar das BMI klargestellt; mehrere Prozesse, in denen gegen erhobene Gebühren vorgegangen wird, laufen wohl schon.
Einer der Gründe für den Vorschlag ist der Amoklauf im benachbarten Winnenden, aufgrund dessen 2009 das Waffenrecht verschärft worden ist. Seither müssen die Kommunen alle drei Jahre überprüfen, wie Waffenbesitzer ihre Gewehre oder Pistolen lagern. Denn der Todesschütze von Winnenden hatte Waffen seines Vaters, eines Sportschützen, verwendet, die dieser nicht in einem verschlossenen Waffenschrank aufgehoben hatte. Für diese Kontrollen dürfen die Kommunen Gebühren erheben. Aber kaum eine Stadt tut das bisher.
[...]"
Wo sollen wir mit einer derart volksverdummenden Presse noch hinkommen, die lieber lügt, als sich von ihrer Anti-Waffen-Stimmung zu verabschieden?
Abschließend möchte ich noch einmal auf die Gespräche und E-Mails zurückkommen, die ich in den letzten Tagen auch mit mehreren anderen Juristen geführt habe. Die Idee einer Waffensteuer hat ebenso wie die Forderung nach biometrischen Sicherungen für ein gewisses Erschrecken gesorgt, selbst unter solchen Personen, die selbst wohl keine Legalwaffenbesitzer sind. Allen ist klar, daß es für die deutschen LWBs derzeit "um die Wurst" geht, obwohl die derzeitigen Regelungen schon sehr streng und mehr als ausreichend sind. Wir nähern uns langsam einer roten Linie - und zwar keiner gesetzgeberischen, sondern, getreu der deutschen Tradition des Obrigkeitsstaates, einer von der Exekutive gezogenen. Alle, die 2009 Angst vor dem großen legislativen Kahlschlag (wie 1997 in Großbritannien) hatten, konnte ich damals beruhigen: So schlimm wird es bei uns nicht, dafür werden über längere Zeit viele kleine Daumenschrauben angezogen, um den legalen privaten Waffenbesitz drastisch zu verteuern und möglichst viele LWBs so stark zu verärgern und zu gängeln, bis sie ihr Hobby schließlich aufgeben. In dieses Stadium sind wir nunmehr eingetreten.
Deshalb gilt es, die vielfältigen Protestaktionen zu unterstützen, wie sie von den Verbänden und Fachzeitschriften angeregt werden. Vor allem müssen wir wachsam sein. Stuttgart ist weit weg, aber was geschieht in meiner Gemeinde, in meinem Landkreis? Welche Pläne verfolgt meine Landesregierung (etwa mit Blick auf die angekündigte Rechtsverordnung zur Biometrie)? Es genügt nicht mehr, allein auf Berlin zu schauen. Die Waffengegner haben uns einen flächendeckenden Kleinkrieg aufgezwungen, in dem es viele "Kriegsschauplätze" gibt. Dem müssen wir uns stellen. Falls nicht, werden in einigen Jahren nur noch politisch und/oder finanziell besonders potente Bundesbürger legal Schußwaffen besitzen dürfen - wie in einem totalitären System: Die "Bonzen" dürfen alles, doch die Normalbürger bleiben außen vor.
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