Mittwoch, 17. Juni 2009

Bericht aus Berlin III


Beginnen wir mit den Sachverständigen und Politikern, die der großen Koalition nahestehen oder die Interessenverbände der Legalwaffenbesitzer repräsentieren. Die übrigen folgen dann im Teil V. Der zwischengeschaltete vierte Teil wird sich mit den von einigen Abgeordneten bemängelten Stilfragen beschäftigen.
Nachfolgend werden vor allem die mündlich gemachten Ausführungen wiedergegeben, die jedoch mit den schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen zusammengesehen werden müssen (soweit diese vorliegen, was bei den beiden Innenministern nicht der Fall ist).


Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist mir vor allem dadurch aufgefallen, daß er sich über die – aus seiner Sicht – politisch zu aktiven Legalwaffenbesitzer mokiert hat, die mit ihren Briefen und E-Mails an die Politik herangetreten sind. Diese würden sich zu sehr über ein vernünftiges und angemessenes Gesetz aufregen. Insbesondere den Fragen der Einschränkung des Grundrechts aus Art. 13 GG im Zusammenhang mit unangekündigten behördlichen Kontrollen der sicheren Waffenaufbewahrung würde zuviel Gewicht beigemessen; es handele sich dabei nur um ein „theoretisches Problem“, welches keinerlei Praxisrelevanz habe. Überhaupt hat mir Herrmann einen etwas unwirschen Eindruck gemacht, als wollte er den Legalwaffenbesitzern sagen: Haltet endlich den Mund und schluckt die Kröte!
Des weiteren seien in Bayern die Verbände aktiv und kooperativ an der Umsetzung des Waffenrechts beteiligt – ein Punkt, der am Montag noch mehrfach angesprochen worden ist und der den Verdacht erhärtet, daß es vielen Politikern um eine stärkere Inpflichtnahme der Verbände geht, die bis hin zu Spitzeldiensten in das Privatleben der Mitglieder reichen könnte.

Im Hinblick auf das geplante nationale Waffenregister plädiert Herrmann für eine dezentrale Lösung, die auf der Koordination der Länder aufbaut. Eine neue Bundesbehörde sei nicht erforderlich. Außerdem hat sich im Verlauf der Anhörung herausgestellt, daß nach wie vor nicht geklärt ist, wie die Kosten des Registers verteilt werden.
Auf die kritische Frage des Abg. Hartfrid Wolff (FDP) nach den angedachten biometrischen Sicherungssystemen antwortete Herrmann, daß diese Systeme das Leben erleichtern würden und er schon deshalb von den Legalwaffenbesitzern erwarte, daß sie deren Einführung begrüßen. Ferner gebe es bereits „überzeugende Systeme“ auf dem Markt, die auch von mehreren Herstellern kämen, weshalb nicht zu besorgen sei, daß durch eine gesetzliche Vorgabe ein faktisches Monopol geschaffen würde. (Was angesichts der Aktivitäten und der derzeitigen Marktstellung der Fa. Armatix allerdings unzutreffend ist.)


Herrmann, der schon um 17.45 Uhr die Anhörung verlassen mußte, wurde die Schau von seinem sachsen-anhaltischen Kollegen Holger Hövelmann (SPD) gestohlen, der während interessante Einblicke sowohl in seine Denkweise als auch in die Arbeit der Waffenbehörden ermöglicht hat (seine Stellungnahme ist jetzt hier zu finden). Zunächst ist Hövelmann dadurch aufgefallen, daß er – fälschlicherweise – behauptet hat, das IPSC-Schießen sei kampfmäßiges Schießen, was weitestgehend der polizeilichen und militärischen Schießausbildung entspreche. Sodann hat er sich – ebenfalls tatsachenwidrig – zu der These verstiegen, die schlimmen IPSC-Schützen seien im Deutschen Schützenbund organisiert (in Wirklichkeit ist es der Bund deutscher Sportschützen). Diese Spitze richtete sich offenkundig gegen den als Sachverständigen anwesen DSB-Vizepräsidenten Kohlheim; er sollte unter Druck gesetzt und in die Defensive gedrängt werden.

Auch an einem dritten Punkt hat Hövelmann offenbart, daß er schlecht für die Anhörung zur Verschärfung des Waffenrechts präpariert war. Seiner Meinung nach gehöre das von ihm nach wie vor geforderte Paintballverbot deshalb nicht ins Waffenrecht, weil die Geräte, mit denen dieser Sport betrieben wird, nicht unter das Waffengesetz fallen würden, da sie sämtlich eine Bewegungsenergie unter 0,5 Joule hätten. Diese Aussage ist barer Unsinn! Die Paintballwaffen liegen i.d.R. über diesen 0,5 J, so daß sie unter den Begriff der Schußwaffe fallen (Anlage 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2.9 WaffG) und – wie alle anderen Druckluftwaffen auch – gem. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 WaffG gekennzeichnet sind. In der Sache hat er freilich recht: ein Verbot von Paintball-, Gotcha- und Airsoftspielen würde nicht ins WaffG gehören, da es auch Waffen unter 0,5 J gibt und überdies nicht einsichtig wäre, weshalb dann etwa Laserdomespiele weiter erlaubt sein sollten. Überdies wäre eine Regelung analog zum Verbot des kampfmäßigen Schießens mit WBK-pflichtigen Waffen (§ 27 VII WaffG) vom Regelungssystem her im WaffG nicht unterzubringen, da mit den Paintballwaffen regelmäßig nicht auf Schießstätten geschossen wird (vgl. § 12 IV WaffG).

Der Herr Minister hat zudem sehr diffus argumentiert, als er meinte, ein solches Verbot würde die Behörden entlasten, da sie sich in einem Zwiespalt zwischen einigen Gerichtsurteilen, die diese Spiele erlaubt haben, und anderen Urteilen, welche sie verboten haben, befinden würden. Wir sind hier schließlich nicht in den USA, wo es sehr viel Richterrecht gibt! Im deutschen Rechtssystem sind Gerichtsurteile (außer solchen der obersten Bundesgerichte und des Bundesverfassungsgerichts) bestenfalls Auslegungshilfen, aber keine Anweisungen für Behörden, die in ihrer Verbindlichkeit auch nur annähernd an ein materielles Gesetz heranreichen würden.

An einem dritten Komplex konnte man dann ganz deutlich erkennen, daß Genosse Hövelmann seine politische Laufbahn als SED-Mitglied und angehender Politoffizier der NVA begonnen hat. Seiner Meinung nach sollten im Rahmen einer verschärften Bedürfnisprüfung für Sportschützen die Vereine solche Mitglieder an die Behörden melden, die – aus seiner Sicht – „nicht aktiv genug“ seien. Willkommen im vollkommenen Überwachungsstaat mit privatrechtlichen Körperschaften wie Schützenvereinen als staatlich verordnete Spitzel!
Gerade bei der Bedürfnisprüfung brauche es sehr viel „kritische Distanz“, die vielen Beamten fehle, da sie in ihren Behörden oft schon lange für das Sachgebiet Waffenrecht zuständig seien und die Bürger mit WBK schon zu gut kennen würden. Das hört sich so an, als fordere er unterschwellig eine stärkere Personalrotation in den Behörden, die allerdings zwangsläufig zu Qualitätsmängeln in der Verwaltungsarbeit (das Waffenrecht ist kein leicht zu verstehendes Rechtsgebiet!) und damit zu mehr Arbeit für die Verwaltungsgerichte führen würde.

Bezüglich der Aufbewahrungskontrollen führte Hövelmann aus, daß es in der Verwaltungspraxis, schon aus Gründen der Arbeitsökonomie, auch in Zukunft vor allem angekündigte Kontrollen geben werde. Eine weitere Spitze gegen die Legalwaffenbesitzer war dann seine Aussage, daß die aktuelle Diskussion über das WaffG zu einer allgemeinen Sensibilisierung geführt habe und daß die Waffenbesitzer angeblich einen starken Kontrolldruck bräuchten, um ihren gesetzlichen Pflichten zu genügen. Dabei müßten die Beamten ein „Gefühl“ für die Notwendigkeit unangemeldeter Kontrollen entwickeln. Allerdings werde auch in Zukunft die Personaldecke nicht ausreichen, um jeden Legalwaffenbesitzer auch nur einmal in seinem Leben zu besuchen.

Damit sind wir dann beim Kern der praktischen Probleme: In den Behörden herrscht bereits jetzt ein Personaldefizit, das sich auch nach einer Verschärfung des Waffenrechts kaum bessern dürfte. Dieser Tatbestand wurde von Hövelmann unumwunden zugegeben. Die Kommunen, die ja als untere Waffenbehörden die Hauptlast der Arbeit tragen, wären nur dann bereit, mehr Personal einzustellen, wenn das Land dies bezahlen würde (Stichwort: Konnexitätsprinzip). Das Land wiederum habe dafür keine Mittel frei.
Dann jedoch hat Hövelmann ein weiteres Mal die Maske fallen lassen, indem er forderte, die Vollzugsfrage dürfe keinesfalls die Diskussion über das WaffG dominieren. D.h. er plädiert für eine symbolische Gesetzgebung, deren Umsetzung höchst zweifelhaft ist. Diese Denkweise ist ein Armutszeugnis für einen freiheitlichen Rechtsstaat!

Insgesamt geht Hövelmann die Verschärfung des Waffenrechts jetzt nicht weit genug (nachdem er noch im März eine solche abgelehnt hatte, siehe auch hier); er schießt z.B. weiterhin gegen den IPSC-Sport sowie gegen Paintball.
Zum Ende der Anhörung kam es jedoch zu einer für mich unerwarteten Wendung: Auf die pauschalen Anschuldigungen des Roman Grafe gegen Legalwaffenbesitzer und Politiker antwortete Hövelmann, daß die Waffenbesitzer insgesamt sehr wohl rechtstreue Bürger sind, woran auch einige wenige Mißbrauchsfälle nichts ändern würden. Denn auch bei der Polizei kämen Waffen abhanden oder würden von Beamten mißbraucht, was ebenfalls nicht dazu führen dürfe, den Polizeibeamten generell mangelnde Gesetzestreue vorzuwerfen.


Nach den vielen, vor Inkompetenz und/oder Böswilligkeit strotzenden Äußerungen waren die Ausführungen des Oberstaatsanwalts Rainer Hofius aus Mainz eine Wohltat (seine sehr lesenswerte Stellungnahme findet sich hier). Aufgrund seiner langjährigen Praxiserfahrung als Strafverfolger hat er gleich zu Beginn festgestellt, daß die Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse ein ausgesprochen gesetzestreuer Teil der Bevölkerung sind, denn sie tauchen äußerst selten als Beschuldigte in Strafverfahren auf. Bei der Analyse des Amoklaufs von Winnenden forderte er zu emotionsloser Sachlichkeit auf und wendet sich gegen Anlaßgesetzgebung. So seien etwa erweiterte Kontrollbefugnisse sinnlos, wenn sie von den Behörden nicht tatsächlich genutzt werden könnten.
Weder Waffen noch Computerspiele seien das eigentliche Problem. Im europäischen Vergleich sind seines Erachtens die Schulamokläufe zudem ein spezifisch deutsches Phänomen, denn im europäischen Ausland sei ihm eine vergleichbare Häufung von Fällen nicht bekannt.

Ansonsten plädierte Hofius für eine weitgehende Amnestieregelung für illegal besessene Waffen und Munition, wobei er anregte, nicht nur über einen Strafverzicht, sondern darüber hinaus auch über das Ausstellen von WBKs nachzudenken, um den Bürgern den legalen Weiterbesitz zu ermöglichen.
Die zentrale Lagerung von Privatwaffen und/oder Munition wurde von ihm vehement abgelehnt, da sie keinen Sicherheitsgewinn verspreche. Große Lagerstätten würden automatisch zu Zielobjekten für kriminelle Elemente werden, wogegen die derzeit praktizierte dezentrale Lagerung die beste Sicherheitsvorkehrung sei.
Mit Blick auf die neu einzuführende Strafvorschrift eines § 52a WaffG meinte er auf Nachfrage des Abg. Grindel (CDU), daß diese Norm durchaus handhabbar sei und es etwa im Sexualstrafrecht schon vergleichbar strukturierte Normen gäbe.

Die mittelfristig angedachte Vorgabe biometrischer und weiterer Sicherungssysteme (Stichwort: Armatix) hält Hofius für sinnvoll; der Markt werde schon die entsprechende Technik zur Verfügung stellen. Sogar „smart guns“, die derzeit reine Zukunftsmusik sind, hält er für begrüßenswert. All dies verspreche einen erheblichen Sicherheitsgewinn. Ich hatte am Montag den Eindruck, daß dieser gesamte Komplex nicht ernsthaft diskutiert oder gar infragegestellt werden sollte; das Wunderwerk Biometrie scheint als sicherheitstechnisches und -politisches Allheilmittel hierzulande mittlerweile sakrosankt zu sein.
Dabei gab er zu bedenken, daß solche Systeme im Vergleich zu den bisherigen Vorgaben erheblich teurer seien, was viele Bürger dazu zwingen könnte, ihre Legalwaffen abzugeben, da der finanzielle Aufwand für sie nicht tragbar sei. Insofern hat er auf die 2008 eingeführte Erbwaffenregelung (§ 20 WaffG) verwiesen, die viele Erben zur Abgabe ihrer Erbstücke bewegt habe. Implizit bedauert Hofius dies m.E. nach, denn er sieht in diesen Waffen kein Sicherheitsrisiko (s.o.). Anderen politischen Akteuren könnte seine Aussage allerdings als Signal dienen, gerade hier den gesetzgeberischen Hebel anzusetzen, um den Legalwaffenbesitzern ihr Hobby so weit zu verteuern, bis es sich nur noch einige wenige gutbetuchte leisten können (Stichwort: „So wenig Waffen wie möglich im Volk“).
Auch seine Idee, die Schießsportvereine per Gesetz zu staatlichen Informationszuträgern zu machen, überzeugt mich nicht.

Abschließend ist Hofius allerdings dafür zu danken, daß er der von den Waffengegnern vorgetragenen These, im Militär- und Polizeibereich würden nur Großkaliberwaffen (als typische „Mordwaffen“), im Sportbereich hingegen hauptsächlich Kleinkaliberwaffen (als typische Sportwaffen) Verwendung finden, entgegengetreten ist. Der Mann weiß, wovon er spricht! Er hat darauf hingewiesen, daß gerade im Militär der Trend zu immer kleineren Kalibern geht, weshalb die getroffene Unterscheidung viel zu grob und in dieser Form falsch sei.


Die Belange der Jäger wurden von Dieter Deuschle, Rechtsanwalt und Landesjägermeister von Baden-Württemberg vertreten. Zu seiner Stellungnahme geht es hier entlang; sein mündlicher Vortrag war ganz gut, aus meiner Sicht aber nicht überwältigend. Er hat herausgestellt, daß die zentrale Lagerung von Waffen und Munition absurd ist, wenn bedenkt, daß regelmäßig die Revierinhaber mitten in der Nacht zu Wildunfällen gerufen werden, wo sie angefahrene Tiere durch einen Gnadenschuß erlösen müssen. Ansonsten scheinen mir seine Gedanken zum Einfluß des geplanten Verbots für das Großkaliberschießen von Jugendlichen auf die Ausbildung von Jungjägern nicht ganz zu Ende gedacht zu sein (vgl. S. 2 seines Papiers). Überhaupt stimmt er den Plänen der großen Koalition viel zu oft zu.
In einem wesentlichen Punkt hat er allerdings den Finger auf die Wunde gelegt: Die geplante Neuregelung der behördlichen Nachschau (vgl. § 36 WaffG) sowie ihre amtliche Begründung in den Dokumenten des Bundestages ist nicht konsistent und wirft – insbesondere unter Berücksichtigung von Art. 13 GG – weitere Fragen auf (Wohnräume, Nichtwohnräume etc.).
Der Vorhaltung des Abg. Grindel, die Neuregelung diene hauptsächlich der Beseitigung von Kontrolldefiziten, hat Deuschle grundsätzlich zugestimmt, dann aber betont, dies allein helfe nicht weiter, wenn die Befähigung der mit den Kontrollen betrauten Beamten bezüglich Waffentechnik und Waffenrecht so mangelhaft sei, wie derzeit oft festzustellen. Damit wurde erneut das Hauptproblem beim WaffG angesprochen: fehlendes und/oder unzureichend geschultes Behördenpersonal.


Kommen wir zum Sachverständigen Jürgen Kohlheim, Verwaltungsrichter a.D., Rechtsanwalt und Vizepräsident des Deutschen Schützenbundes, des größten Schießsportverbandes in Deutschland. Seine umfangreiche und lesenswerte Stellungnahme ist hier zu finden. Er war der einzigste Vertreter der Sportschützen; die Vertreter andere Verbände – etwa des BDS – mußten sich mit dem Sitz auf der Zuschauerempore begnügen.
Kohlheim legte sein Augenmerk zunächst auf die psychischen und gesellschaftlichen Faktoren, die zu Schulmassakern führen. In einem erfreulich nüchternen Ton wies er sodann die bereits unter dem jetzt geltenden WaffG gegebene erhebliche Reglementierung des Schießsports hin: die staatliche Überprüfung der einzelnen Waffenbesitzer, die staatliche Anerkennung der Schießsportverbände und die staatliche Genehmigung der jeweiligen Schießsportordnungen. Von der vielbeschworenen Autonomie des Sports könne insofern kaum noch die Rede sein.

Die geplante Neuregelung erscheint ihm insgesamt als ausgewogener politischer Kompromiß, der aber eigentlich nicht erforderlich sei. Er sieht darin – insbesondere in den verschärften Anforderungen an die Bedürfnisprüfung – frauen- und arbeitnehmerfeindliche Tendenzen am Werk. Frauenfeindlich deshalb, weil es viele weibliche Sportschützen gibt, die nach ihrer Schwangerschaft einige Zeit pausieren, um sich, nachdem die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, wieder ihrem Sport zuzuwenden. Und arbeitnehmerfeindlich insofern, als es vielen Schützen mittleren Alters aufgrund ihrer beruflichen und familiären Aufgaben immer schwerer fällt, die umfangreichen Anforderungen des Gesetzgebers an die „regelmäßige“ Ausübung des Schießsports zu erfüllen. Vielleicht kommt es sogar dazu, daß sie – etwa bei einer beruflichen Tätigkeit im Ausland – für einige Zeit vom Schießsport pausieren müssen. Gleichwohl bleiben diese Schützen ihrem Verein verbunden und unterliegen selbstverständlich weiter den gesetzlichen Vorschriften über die Zuverlässigkeit, die persönliche Eignung, die sichere Aufbewahrung der Waffen usw. Kohlheim befürchtet, daß diese beiden Gruppen dem Schießsport verloren gehen, wenn die Neuregelung Gesetz würde.

Besonders positiv ist zu vermerken, daß sich Kohlheim ausdrücklich vor die Sportschützen aller Verbände gestellt hat. Insofern hat er mit der unseligen Tradition des DSB, nur für sich selbst zu sprechen, gebrochen. Weiters hat er alle Schießsportdisziplinen, egal welches Kaliber und egal auf welche Distanz, verteidigt. Zudem hat er in seinem Papier zwei konkrete Formulierungsvorschläge gemacht, die vielleicht – sofern sie vom Bundestag berücksichtigt werden – zu einer kleinen Verbesserung des Gesetzentwurfs führen könnten.

Dann aber ist Kohlheim – wie zuvor bereits Deuschle – eingeknickt: Auf die Frage des Abg. Wiefelspütz nach der Vernunft des Entwurfes (s.u.) antwortete er, daß die geplanten Verschärfungen im wesentlichen sinnvoll seien und sich der Entwurf als gelungene Regelung darstelle. Daran merkt man, daß der DSB am Tropf der staatlichen Sportförderung hängt, weshalb er im Zweifelsfall bereit ist, jedwede Verschärfung widerstandslos hinzunehmen. (Wes’ Brot ich eß’, des’ Lied ich sing’.)

Auf die Vorhaltung der Abg. Fograscher (SPD), die Schießsportvereine sollten eine „Selbstverpflichtung“ zur Überwachung ihrer Mitglieder eingehen, entgegnete Kohlheim, daß der DSB seine Verantwortung ernst nähme, aber nicht gewillt sei, sich in die Rolle des Spitzels und Anschwärzers zu begeben.


Unter den Abgeordneten, die Mitglied des Innenausschusses sind, sind wir vor allem Hartfrid Wolff (FDP) zu Dank verpflichtet. Trotz des erheblichen Drucks, unter dem er steht (schließlich wohnt er im selben Landkreis, in dem Winnenden liegt), hat er sich eindeutig gegen die Pläne der großen Koalition gestellt und dabei gute Argumente in einem sachlichen Ton vorgetragen. So kam von ihm die einzigste kritische Nachfrage bezüglich der Biometrie- und Armatixgeschichte. Ferner hat er die anwesenden Innenminister gefragt, wie es denn mit der Gewaltprävention im Schulbereich stände und ob die nach dem Amoklauf von Erfurt (2002) zugesagten Maßnahmen umgesetzt und evaluiert würden. Die Antworten der beiden Minister waren recht ausweichend. Ebenso verhielt es sich mit seiner Frage, ob in den Ländern tatsächlich die Bereitschaft bestehe, das Personal in den Waffenbehörden aufzustocken (was wohl kaum der Fall sein wird).


Der Abg. Dr. Dieter Wiefelspütz (SPD) hat schließlich kurz vor Ende der Anhörung ein Wort gesprochen, auf das ich lange gewartet habe. Mit Blick auf die Untergriffigkeiten des Roman Grafe stellte er heraus, daß Legalwaffenbesitzer keine gesellschaftliche Randgruppe oder gar „Sektierer“ sind, sondern daß es sich bei ihnen um „normale Bürger“ in der „Mitte der Gesellschaft“, ja oftmals sogar um „Leistungsträger“ handelt. Jagd und Schießsport gehören für ihn einfach zur deutschen Kultur dazu. Deshalb sei es ihm wichtig, daß die geplanten Änderungen des WaffG vernünftig sind. Vernünftig vor allem insofern, als der Gesetzgeber keine Extremposition einnehmen dürfe. (Was wohl auch auch die Berücksichtigung der Grundrechte der Waffenbesitzer impliziert, die von Grafe & Co. geleugnet worden waren.)

Fortsetzung folgt.


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