Montag, 13. April 2009

Waffenphilosophie - Drittes Werkstück

Warnung vor Simplifizierung

Die beiden Skizzen über Waffenbesitzer und Waffengegner als Typen sind natürlich sehr holzschnittartig geraten und werden der komplexen Wirklichkeit kaum gerecht. Dennoch war es erforderlich, dies so einmal herauszuarbeiten. Nachfolgend soll ein Teil der notwendigen Komplexität wieder ins Spiel gebracht werden.

Sowohl Waffenbesitzer als auch Waffengegner existieren nur selten in diesen Reinformen. Viel häufiger wird man auf Mischformen treffen, z.B. wenn sich ein bekennender 10-m-Luftgewehr-Schütze über die jagenden „Bambikiller“ mokiert oder eine Pazifistin Gewalt gegen Sachen akzeptabel findet oder der Jägerfunktionär, der ein Verbot des privaten Waffenbesitzes in Ordnung findet, so lange es die Jäger nicht betrifft. In den politischen Parteien finden sich ferner – neben vernünftigen Leuten – auch genug Opportunisten, die das Thema je nach Stimmungslage ausschlachten.

Man sollte sich insoweit vor Klischees hüten. Viele, die die Grünen geringschätzig als linke „Gemüsetaliban“ titulieren, vergessen dabei, daß die Ökobewegung in Deutschland auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Der erste Staatschef, der bekennender Vegetarier war, hieß bekanntlich Adolf Hitler.

Es ist ebenfalls nicht möglich, die Grenze zwischen Waffengegnern und -befürwortern an den Geschlechtern festzumachen. Zum einen kenne ich Frauen, die es für selbstverständlich erachten, daß ein Mann mit einer Waffe umgehen kann und daß in jeden Haushalt zumindest ein Luftgewehr gehört (sofern sie nicht selbst schießen und/oder jagen). Andererseits sind mir Männer bekannt, deren „Gewaltfähigkeit“ gerade so ausreicht, um eine Büchse Eintopf zuzubereiten und die sich von jedem dahergelaufenen Neuntklässler widerstandslos verprügeln lassen würden.

Das einzige Vorurteil, das m.E. tatsächlich zutrifft, ist die zwischen Stadt- und Landmenschen (ich zähle zu denen, die beide Seiten kennen). Bei letzteren sind die Verfallsprozesse noch weniger weit fortgeschritten. Natur, Jagd, Landwirtschaft und Fischerei – also alles, was der Sicherung des menschlichen (Über-)Lebens dient – sind auf dem Lande noch im Alltag präsent. Die dort lebenden Menschen sind sich darüber im klaren, daß ihre Nahrung nicht auf anonymen Kanälen aus dem Supermarkt kommt. Aus dieser Perspektive erscheinen auch die alltäglichen Horrormeldungen von Finanzkrise & Co. etwas weniger beklemmend. Durch die Nähe der Natur relativiert sich vieles aus den medialen Scheinwelten.

Schließlich machen sich viele Waffenbesitzer Illusionen über den wahren Charakter vieler Waffengegner, wenn sie glauben, letztere durch ein paar „Kompromißvorschläge“ zur Verschärfung des Waffengesetzes besänftigen zu können. Doch man wird sich nicht mit dem kleinen Finger begnügen und trotzdem den ganzen Arm fordern. Psychologisch kann ich die „Kompromißler“ sehr gut verstehen, suchen sie doch händeringend nach einem Weg, die seit Wochen tobende Hetzjagd zu beenden. Doch ihr Ansinnen setzt voraus, daß es auch auf der Gegenseite eine gewisse Anzahl rational handelnder Akteure gibt. Gerade daran habe ich erhebliche Zweifel, zumindest was die beiden offen waffenfeindlichen Parteien Grüne und Linke angeht.

Damit ist diese kleine Gesellschaftsanalyse keineswegs „fertig“, doch soll sie hier bis auf weiteres als abgeschlossen gelten. Vielleicht folgen irgendwann einmal weitere Werkstücke.


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