Dienstag, 28. April 2009

Die grüne Tyrannei

Am Donnerstag, dem 23. April, war es soweit: Das Thema Waffenrechtsverschärfung ist erstmals im Bundestag behandelt worden. Grüne und Linke hatten sehr weitreichende Verbotsanträge eingebracht, die nun – bedauerlicherweise – langsam auch in den beiden Großparteien Unterstützung finden. Besonders aufschlußreich für das Denken der Waffengegner ist die Rede der bündnisgrünen Abgeordneten Silke Stokar, die den Antrag ihrer Fraktion wie folgt begründet hat:
"[…]

Ich möchte aber deutlich machen, dass wir uns mit ein paar Placebos – Amnestie für illegale Waffen oder irgendwelchen biometrischen Schlössern – nicht zufriedengeben werden.

Ich habe den Eindruck, dass die Botschaft aus der Zivilgesellschaft
nach dem schrecklichen Amoklauf von Winnenden bei Ihnen überhaupt nicht angekommen ist. Wir befinden uns heute in einer anderen Situation. Es sind nicht mehr die Waffenlobbyisten, die diese Debatte beherrschen, sondern es sind die Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer vor Ort – nicht nur in Baden-Württemberg, sondern überall –, die sich melden und deutlich sagen: Wir sind nicht mehr bereit, mit dem Risiko von großkalibrigen Waffen zu leben, die einige Menschen noch immer als Sportwaffen bezeichnen und in ihren Privatwohnungen aufbewahren.

Das ist der Kern der Debatte. Die Mehrheit der Gesellschaft will nicht mehr, dass jeder Mensch durch die Mitgliedschaft in einem oder mehreren Sportschützenvereinen die Möglichkeit hat, sich zu Hause ein Waffenarsenal mit unbeschränkter tödlicher Munition anzulegen. Meine Damen und Herren, dies ist nicht kontrollierbar. Sie werden nicht in der Lage sein, 1,6 Millionen private Waffenbesitzer zu Hause zu kontrollieren.

Unsere Antwort auf diese Situation ist: Wir brauchen ein radikales Umdenken beim Thema Waffengesetz. Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der der Grundsatz gilt: keine Waffen im öffentlichen Raum, keine Waffen in privaten Wohnungen.
Wir haben heute Girls’ Day. Das Problem der Bewaffnung der Bevölkerung mit gefährlichen Schusswaffen ist ein Männerproblem in unserer Gesellschaft.

Ich habe in den letzten Tagen und Wochen Gespräche mit einigen Sportschützinnen geführt. […] Eine Sportschützin hat zu mir gesagt: Überhaupt kein Problem, ich brauche keine scharfe Waffe. Für mich ist Sportschießen Präzisionssport. Für mich heißt das: Konzentration und Präzision. Das geht auch mit einer Laserwaffe. – Das ist kein Unsinn.

In der olympischen Disziplin des Fünfkampfs hat man aus Sicherheitsgründen längst die Entscheidung getroffen, die scharfen Waffen nicht mehr als Sportwaffen zuzulassen. Wir brauchen an dieser Stelle eine völlig andere Diskussion.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen. In meiner Fraktion bin ich auch für den Datenschutz zuständig. Ich habe überhaupt kein Verständnis für die buchstäbliche Hemmung der Innenminister, die doch sonst scharf darauf sind, jeden Bürger und jede Bürgerin in Hunderten von Dateien zu erfassen. Es gibt nicht ein einziges vernünftiges Argument dafür, warum es in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Europa nach wie vor nicht möglich ist, dass Waffenbesitzer erfasst werden, dass wir erfassen, welche Waffen in privaten Wohnungen legal vorhanden sind und dass wir die Berechtigung des Waffenbesitzes überprüfen. Das sind Kontrolldefizite in unserer Gesellschaft, die nicht länger hinzunehmen sind.

Abschließend stelle ich fest: Mir reicht die Handlungsunfähigkeit der Innenpolitiker. Wir werden alle Initiativen, die sich derzeit bilden, ob das Onlinepetitionen, Unterschriftensammlungen oder sogar die Vorbereitung von Volksentscheiden sind, fördern und unterstützen, weil das Ziel eine Entwaffnung in der Bevölkerung sein muss.

Wir wollen, dass das Gewaltmonopol des Staates wieder zum Tragen kommt. Wir wollen eine öffentliche Sicherheit, die dadurch gewährleistet wird, dass wir die Überbewaffnung in Privatwohnungen abbauen. Über nichts anderes werden wir mit Ihnen diskutieren.
Wir werden uns nicht länger auf diese Scheindebatten einlassen. Wenn das Parlament nicht in der Lage ist, zu handeln, dann werden wir diese Frage durch öffentliche Unterschriftensammlung klären.

[…]"
Beim Lesen dieser Rede fallen sieben prägnante Punkte auf:

1. Es werden nur Maximalforderungen erhoben. Als Ziel wird die Totalentwaffnung der Bevölkerung postuliert und alle Gesetzesänderungen, die dem nicht entsprechen, werden von vornherein abgelehnt.
Damit verbunden ist die Rede in einem sehr unduldsamen Ton gehalten – nach dem Motto: Verbieten und zwar sofort („über nichts anderes werden wir mit Ihnen diskutieren“). Diese Unduldsamkeit führt zur – von Stokar offen bekundeten – Kompromißunfähigkeit und ist sonst eher religiösen Extremisten zu eigen. (Na gut, so etwas Ähnliches sind die Grünen ja auch. ;-))
Die Tugenden einer demokratischen politischen Kultur sehen jedenfalls anders aus.

2. Der grüne Extremismus wird ebenfalls offen zugegeben: „Wir wollen in einer Gesellschaft leben, in der der Grundsatz gilt: keine Waffen im öffentlichen Raum, keine Waffen in privaten Wohnungen.“ Es geht somit nicht etwa um mehr Sicherheit oder um die Verhinderung von Amokläufen, es geht um nichts geringeres als den Umbau der deutschen Gesellschaft zu einem grünen Utopia.

3. Die sonst von den Grünen so oft beschworenen Tugenden wie Toleranz und Diskurs bleiben dabei auf der Strecke. Sogar der vielgepriesene Datenschutz bleibt auf der Strecke, sobald es um Waffenbesitzer geht. Wenn es gegen diese geht, ist den Gutmenschen offenbar jedes Mittel recht.
(Vielleicht sogar Gewalt? Schließlich hat diese Partei ja auch Kontakte zu Rollkommandos, wo u.a. Joschka Fischer Kampferfahrung sammeln konnte. Werden sich friedliche Sportschützen demnächst darauf einstellen müssen, daß sie „Besuch“ vom „schwarzen Block“ bekommen?)

4. Sollten sich Bundestag und Bundesrat in einem Anfall von politischer und juristischer Vernunft den grünen Vorschlägen verweigern, wird damit gedroht, daß Druck von der Straße aufgebaut werde. Die Grünen sehen sich selbst als Vertreter der schweigenden Mehrheit, während es nur noch „wenige Menschen“ wären, die den „Waffenlobbyisten“ folgen und sich der Einsicht verweigern würden, daß es keine Sportwaffen, sondern nur (verbotswürdige) „Mordwaffen“ gäbe.

5. Der politische Gegner wird nicht mehr als Bürger und Grundrechtsträger, ja kaum noch als Mensch wagrgenommen. Es gibt nur die finstere „Waffenlobby“, der noch ein paar ver(w)irrte Schafe nachfolgen, aber ansonsten sind alle guten und wohlmeinenden Menschen auf der Seite der Grünen, sogar die „ernsthaften Sportschützinnen“.
Stokars Einlassungen und ihr Tonfall erinnern mich an das Urprogramm der Gutmenschen und Weltverbesserer: Mozarts „Zauberflöte“: „Wen solche Lehren nicht erfreu'n, verdienet nicht, ein Mensch zu sein.“ Was die Grünen hier betreiben, läßt sich mit einem Begriff aus dem politischen Vokabular dieser Partei hervorragend kennzeichnen: Diskriminierung.
Wer sich ihnen widersetzt und deshalb – in der grünen Optik – die Errichtung einer „besseren Gesellschaft“ behindert, muß zumindest überstimmt, wenn nicht sogar politisch und sozial plattgemacht oder in ein „Gender Mainstreaming“-Umerziehungslager eingeliefert werden. (Lagerkommandantinnen werden dann wohl Alice Schwarzer und Renate Künast sein. ;-))

6. Wie bei den Grünen üblich, wird das Thema Waffenrecht auch gleich zum Geschlechterproblem gemacht. Wenn man einmal dabei ist, kann man alle Register der gutmenschlichen Rhetorik ziehen und jedes Klischee abdecken.
Neu ist jedoch, daß ausgerechnet die Grünen das Gewaltmonopol des Staates als Argument bemühen. Das ist man von dieser Rabaukenpartei nicht gewöhnt. (Außerdem ist es in diesem Kontext als Argument untauglich, wie man bei Hobbes nachlesen kann. Das übersteigt allerdings die intellektuellen Fähigkeiten der agitierenden Großhandelskauffrau Stokar.)

7. In einem Anfall von Großzügigkeit und um zu zeigen, daß sie angeblich gar nichts gegen die „echten Sportschützen“ haben, wird uns das Verwenden von Lasergeräten als „Ersatz“ angeboten. (Dieses Angebot gilt vermutlich nur solange, bis sich die ersten Augenärzte über deren Gefährlichkeit mokieren.) Damit sollen die Waffenbesitzer gespalten und der Öffentlichkeit vorgegaukelt werden, ihren legitimen Interessen sei Rechnung getragen worden.

Welche Konsequenzen sollten wir als legale Waffenbesitzer daraus ziehen?

Die Grünen sind nur eine Kleinpartei mit geringem Einfluß. D.h. sie werden versuchen, nach der Bundestagswahl in einer zukünftigen Regierungskoalition ihre Vorstellungen zum WaffG durchzusetzen. Sollte das nicht gelingen, werden sie außerparlamentarische Initiativen unterstützen, die ihren Zielen dienen, um so den Eindruck einer breiten Volksbewegung zu erwecken.

Selbst wenn die von Stokar behauptete Stimmungslage in der Bevölkerung den Tatsachen entspräche, so wäre dies kein Grund, dafür die Grundrechte der „unterlegenen“ Minderheit zu opfern. Eine so verstandene Demokratie wäre nichts anderes als eine Tyrannei der Mehrheit. Demgegenüber muß die rechtsstaatliche Komponente, die insbesondere dem Minderheitenschutz dient, betont werden. (Dafür sind in Deutschland i.d.R. die Grünen „zuständig“, nur beim WaffG nicht.)

Die Grünen sind – das hat diese Rede verdeutlicht – politische Extremisten, denen das Schicksal einzelner Menschen egal ist. Die Opfer von Winnenden werden schamloserweise nur soweit instrumentalisiert, wie es erforderlich ist, um die grüne Entwaffnungsideologie zu rechtfertigen. Dieser Fakt muß von uns herausgestellt werden.

Schließlich müssen die von Stokar erwähnten Schützen – sollten sie dies tatsächlich so gesagt haben – namhaft gemacht und aus ihrem Sportverein wegen vereinsschädigenden Verhaltens ausgeschlossen werden. Wer seinen Schießsportkameraden derart den Dolch in den Rücken stößt, soll zusehen, wo er glücklich wird. (Vielleicht gründen die Grünen danach ja eine Selbsthilfegruppe für gemobbte und schwer traumatisierte SportschützInnen. ;-))


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